Durch das Remstal in die Stadt Waiblingen

Durch das Remstal in die mittelalterliche Stadt Waiblingen

Schon unser erster Besuch in Waiblingen per Fahrrad durch das Untere Remstal hatte uns in das mittelalterliche Stadtzentrum Waiblingens geführt, das mit einer Vielzahl von ansehnlichen Fachwerkhäusern, den Resten der Stadtmauer und dem Hochwachtturm am Zwinger wirklich besuchenswerte Ziele vermittelt hatte, nicht zu vergessen sei auch die parkähnliche Landschaft auf der Remsinsel.

Mit dem Besuch des Staufer-Spektakels war dann ein weiterer Anlass gefunden, die Stadt erneut zu besuchen.

Der besagte Hochwachtturm am Zwinger ist das wohl markanteste Wahrzeichen der Stadt, der am Tag dieses Stadtfestes geöffnet war und somit auch uns auf seiner Aussichtsplattform einlud. Auf dem höchsten Punkt der Altstadt steht er und gehört zu den Bauten Waiblingens, die noch aus dem Mittelalter erhalten sind. Weitere bauliche Gebäude oder Bauten sind der mittelalterliche, öffentlich zugängliche Wehrgang der überdachten Stadtbefestigung und der Beinsteiner Torturm aus dem 13. Jahrhundert mit Sgraffito an der Rems, die noch erhalten sind. Die evangelische Michaelskirche ist die Hauptkirche der Stadt. Sie wurde 1470 bis 1480 als dreischiffige Staffelhalle erbaut. Der Chor entstand bereits 1440/50. Das Nonnenkirchle bei der Michaelskirche wurde 1496 von Hans Ulmer erbaut. Es handelt sich um eine zweigeschossige Beinhauskapelle. Die Nikolauskirche wurde 1269 erstmals erwähnt und im Jahr 1488 gotisch umgebaut. Sehenswert ist auch der Waiblinger Apothekergarten, an der Nikolauskirche gelegen und nach mittelalterlichem Klostergartenvorbild angelegt. Zwölf Beete zwischen geometrisch angelegten Wegen enthalten Pflanzen, die nach Heilwirkungen auf einzelne Organe geordnet sind.

Die Lage der späteren Ortschaft Waiblingen war für eine Ansiedlung außerordentlich günstig: Ganz in der Nähe der überaus fruchtbaren Lössflächen des Schmidener Felds auf einer Anhöhe über dem Fluss Rems, damit am Wasser liegend, aber doch vor Hochwasser geschützt. Dazu sehr zentral in der „Waiblinger Bucht“ mit der Möglichkeit, von dort aus den Zugang zum Remstal (sowohl südlich entlang des Schurwalds als auch nördlich um den Korber Kopf herum) zu kontrollieren. Es ist daher wenig verwunderlich, dass schon seit der Jungsteinzeit viele Spuren menschlicher Besiedelung gefunden wurden.

In der Region sind Funde der Alt- und Mittelsteinzeit bekannt. Um Waiblingen herum lässt sich eine Besiedlung in verschiedenen vorgeschichtlichen Epochen nachweisen, beginnend mit der Kultur der Linearbandkeramik (um 5000 v. Chr.).

Während der Römerzeit bestand gut 100 Jahre lang (ca.150 bis 260 nach Chr.) eine Töpferei in der Nähe des Freibads. Diese war eine der größten im römischen Reich nördlich der Alpen, in der Geschirr zum Gebrauch der Soldaten am Limes (nördlich und östlich von Lorch im Remstal) gebrannt wurde. In der dazu gehörigen Handwerkersiedlung wurde auch hochwertiges Tafelgeschirr (Terra Sigillata) hergestellt. Beim Ortsteil Hegnach wurden Hinweise auf einen weiteren Ziegelbrennofen ausgegraben.

In der alemannischen Zeit entwickelte sich das Gebiet um den heutigen Waiblinger Stadtkern zu einem politischen, wirtschaftlichen und kirchlichen Zentrum. Im Umfeld der Stadt liegen mehrere merowingerzeitliche Bestattungsplätze. Nach der endgültigen Einverleibung des bisherigen Herzogtums Alamannien durch die Franken im Blutgericht zu Cannstatt 746 wurde Waiblingen mehr und mehr zu einem Mittelpunkt der fränkischen Reichsgutverwaltung und kam in den Besitz der Karolinger. Es entstand eine Königspfalz, in der 885 Kaiser Karl III. urkundete, was die erste schriftliche Erwähnung Waiblingens darstellt. 887 fand dort ein Hoftag statt. Die archäologisch bisher nicht nachgewiesene Pfalz wird im Bereich der Altstadt vermutet. Waiblingen blieb auch unter den nachfolgenden Herrscherdynastien der Ottonen, Salier und Staufer Königsgut, bis es vor 1253, wahrscheinlich um 1200, zu Württemberg kam. Der Staufer Friedrich I., besser bekannt als Friedrich Barbarossa, wurde 1122 möglicherweise in Waiblingen geboren. Jedenfalls wurden die Staufer in Italien Ghibellinen (italienisch für Waiblinger) genannt, denn ihr Kampfruf war "Waiblingen!". Um 1250 erfolgte die Verleihung des Stadtrechts.

Einen direkten Nachweis zur mittelalterlichen württembergischen Bedeutung Waiblingens liefert die 1287 erfolgte Gegengründung des heutigen Stadtteils Neustadt an der Rems ("Nova Civitas"), die Waiblingen schwächen sollte. Im Reichskrieg gegen Württemberg wurde die Stadt 1291/93 erstmals zerstört, fiel an die Reichsstadt Esslingen und kam erst wieder 1315 in Württembergischen Besitz. Waiblingen wurde Amts- und Hofstadt und war spätestens seit dem 14. Jahrhundert Mittelpunkt eines Amtes bzw. Kreises.

Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Altstadt in Waiblingen weiter rege ausgebaut. Es entstand dabei die außerhalb der Stadtmauer gelegene Michaelskirche und der äußere Stadtmauer-Ring und somit auch der Zwinger. Zudem wurden die Stadttore erhöht und mit Wappensteinen ausgestattet wie beispielsweise das 1491 entstandene Wappen von Eberhard I. (Württemberg, Herzog) am Beinsteiner Torturm.

Im Dreißigjährigen Krieg fiel Waiblingen den nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 in das nicht mehr verteidigte Württemberg einfallenden kaiserlichen und spanischen Truppen zum Opfer: Die Stadt wurde geplündert und in Brand gesteckt. Nur wenige Häuser, außerhalb der Stadtmauer, entgingen der Zerstörung. Der Wiederaufbau ab 1640 ging aufgrund des folgenden gravierenden Bevölkerungsverlustes nur langsam vonstatten. Weitere Brandkatastrophen gab es 1771 und 1784.

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