Thermalbad Wiesbaden – Stadt der Thermalquellen
- Geschrieben von Portal Editor
Seit geraumer Zeit haben wir geschäftliche Kontakte auch nach Wiesbaden, die, aufgrund der Entfernung dank der wirklich gut funktionierenden Internetanbindungen bislang nur per Email geführt werden konnten.
Der Ausbau dieser Beziehung sollte jetzt dazu führen, Wiesbaden auch zu besuchen und dabei während eines kleinen Stadtrundgangs erste Impressionen der Stadt zu erhalten. Wir legten folglich den vereinbarten Gesprächstermin in der Innenstadt Wiesbadens auf den frühen Nachmittag, so dass uns genügend Zeit für einen Stadtrundgang am Vormittag verblieb. Als Treffpunkt hatten wir ein Café direkt an der von Carl Boos in den Jahren 1853 bis 1862 erbauten evangelischen Marktkirche gewählt, die allein aufgrund ihrer fünf Türme, der höchste Turm misst immerhin 98 Meter, als weithin sichtbares Orientierungszeichen gesehen werden kann. Bis heute ist der Hauptturm das höchste Gebäude der Stadt und gilt als größter Backsteinbau des Hauses Nassau, oftmals mit „Nassauer Landesdom“ bezeichnet, der nach dem Vorbild von Schinkels Friedrichswerderscher Kirche in Berlin errichtet wurde.
Und wie so oft, wenn wir mit Brita unterwegs sind, hatten wir auch dieses Mal Glück, denn direkt am Durchgang zum Marktplatz stießen wir auf eine dort wartende Fremdenführerin, die um 11.00 Uhr mit einer Führung beginnen wollte. Schnell war man im Gespräch und es stellte sich heraus, dass diese Dame eigentlich für englischsprechende Touristen eingeplant war, denn sie stammte aus Milwaukee / USA. Sehr interessant, so unsere Gedanken: Eine Amerikanerin erläutert uns die deutsche Stadt Wiesbaden. Allerdings haben wir oft auch türkischen Besuchern Antalya gezeigt, also auch im Bereich Kultur Globalisierung. Als um kurz nach 11.00 Uhr lediglich ein deutsches Ehepaar an der Stadtführung teilnehmen wollte, wechselte die Fremdenführerin in Absprache mit der Touristeninformation auch die Sprache während der Führung ins Deutsche um. Und es gab es Palette an Informationen, die wir an dieser Stelle auf unsere zunächst mit großer Spannung erwarteten heißen Quellen und deren Geschichte einschränken wollen.
Die Römer nutzten die heißen Quellen ausgiebig
Wie auch in einigen anderen deutschen Städten, beginnt die Geschichte Wiesbadens mit dem Erscheinen der Römer in der Antike, die schnell die Vorzüge des vorhanden seins von heißen Quellen erkannten und somit bereits zwischen 6 und 15 nach Christus erste Befestigungen anlegten. In seinem Werk „Naturalis Historia“ des Jahres 77 nach Christus berichtet Plinius der Ältere von den heißen Dämpfen und dem sprudelnden Wasser in der Umgebung der Festung. Eine erste Siedlung mit Namen Aquae Mattiacorum entwickelte sich schnell. Der Name entstammt der Volksgruppe des hier lebenden chattischen Stamms der Mattiaker in der Bedeutung „Die Wasser der Mattiaker“. Auf dem erst in der Neuzeit gebauten Wiesbadener Kurhaus ist daher auch die Inschrift „Aquis Mattiacis“ (den Wassern der Mattiaker geweiht) zu lesen. Bereits um 121 war Aquae Mattiacorum zum Hauptort des römischen Verwaltungsbezirks Civitas Mattiacorum in der Provinz Germania superior aufgestiegen.
Das römische Badewesen der Antike ist noch heute weltweit bekannt und so konnte sich schnell auch die Bade- und Kurkultur der Römer im späteren Wiesbaden etablieren. Mehr und mehr wurde die Stadt zur Kurmetropole. Noch heute ist Wiesbaden berühmt für seine kochsalzhaltigen Thermalquellen, die für verschiedenartige Kuranwendungen bei rheumatischen Erkrankungen und Katarrhen der Atmungsorgane genutzt werden können. Die Anwendungen finden als Badekuren, Trinkkuren und Schwimmkuren im Thermalwasser statt. Allein in der Innenstadt gibt es eine große Anzahl heißer Quellen, die Temperaturen zwischen 46° und 66° Celsius aufweisen und eine Ergiebigkeit von etwa 2 Millionen Litern Wasser täglich besitzen. Nur in Aachen gibt es noch kräftiger sprudelnde Quellen von etwa 3,5 Millionen Litern täglich. Seit den Tagen der Römer sprudeln diese Quellen und bis heute sind einige der Quellen öffentlich zugänglich, wie wir schon wenig später erfahren sollten. Unsere amerikanische Stadtführerin brachte uns nämlich im Verlauf der Führung zum sogenannten Kochbrunnen, der etwa 66° heißes Wasser ans Tageslicht fördert und mit 500.000 Litern die ergiebigste Quelle in Wiesbaden ist. Auch war die Stadtführerin natürlich gut vorbereitet und reichte uns kleine Trinkbecher, so dass wir eine Probe aus der sich direkt daneben befindlichen Spiegelquelle nehmen konnten. Wie schon vermutet, schmeckte man zunächst den Salzgehalt recht deutlich, ansonsten war das Wasser geschmacklich nur schwer einzuordnen dafür aber heiß, was Brita dann dazu veranlasste, das Trinkgefäß mit dem heißen Wasser zum Aufwärmen der Hände zu nutzen. Detaillierte Auskunft ergaben die am Brunnen angebrachte Schautafel, die auf sämtliche Inhaltsstoffe der Quelle verwies und auch Hinweise enthielt, welche Mengen dieses Wassers täglich maximal getrunken werden dürfen. Natürlich fehlten auch die Angaben zu den Anwendungen in Abhängigkeit zum Krankheitsbild nicht.
Bäckerbrunnen und Adlerquelle in Wiesbaden
Wir setzten unseren Stadtrundgang fort und kamen dann zur Bäckerbrunnen-Zapfstelle, wo uns eine weitere Probe angeboten wurde. Erkennbar anderer Geschmack wies auf eine andere Zusammensetzung der im Wasser gelösten Minerale hin, salzig war aber auch dieses Quellwasser. Aber auch diese Quelle probierten wir, diesmal etwas zurückhaltender ob der Wassertemperatur. Es zeigte sich allerdings, dass hier Vorsicht nicht angebracht war. So erfuhren wir eine Vielzahl weiterer Details zu den Quellen und noch immer existierenden Thermalbädern wie z.B. der römisch-irischen Kaiser-Friedrich-Therme, die durch die Adlerquelle gespeist wird, dem Nassauer Hof, dem Schwarzen Bock, um nur einige zu nennen. Natürlich zogen die heißen Quellen und deren Anwendungen auch immer bekannte Größen nach Wiesbaden, so u.a. Johann Wolfgang von Goethe, Fjodor Dostojewski, Richard Wagner und Johannes Brahms.
So reich die Stadt an Thermal- und Mineralquellen auch war, so arm war sie immer an Trinkwasserquellen. Die Brunnen in der Stadt ergaben nur warmes und salziges Wasser, nicht zum dauerhaften Genuss geeignet. Das in der Stadt benötigte Trinkwasser musste aufwendig aus der Feldgemarkung in die Stadt gebracht werden. Wie die Römer das Trinkwasserproblem seiner Zeit gelöst hatten, ist bis heute nicht umfassend erforscht, jedenfalls gibt es, soweit uns bekannt ist, keine Viadukte aus den umgebenden Bergen wie man sie bei Aspendos, Köln, Side oder am Pont du Gard kennt. Der erste Trinkwasserbrunnen war der Marktbrunnen auf dem Schlossplatz, der im Jahr 1564 / 66 errichtet wurde, nachdem man eine Frischwasserleitung von einem der Feldbrunnen bis in die Stadt verlegt hatte. Diese Leitung war aus ausgehöhlten Baumstämmen gefertigt, die ohne Frage sehr anfällig waren und natürlich ständig faulten. Oftmals fehlte es an Geld, rechtzeitig Stämme zu ersetzen, so dass die Wasserqualität mehr als nur zu wünschen übrigließ. Mit Sicherheit ist hierin auch einer der Gründe für die oftmals auftretenden Epidemien unter der Bevölkerung zu sehen. Für Bleileitungen war kein Geld vorhanden, ja, mit dem Dreißigjährigen Krieg im Nacken, war es erst Jahre später möglich, auch den Marktbrunnen wieder in Betrieb zu nehmen. Von einer Versorgung einzelner Häuser wie zu Zeiten der Römer ganz zu schweigen. Erst im Jahr 1753 konnte der Marktbrunnen wieder soweit hergestellt werden, dass die Bürger dort Frischwasser entnehmen konnten. Das Leitungssystem bestand aber nach wie vor aus ausgehöhlten Baumstämmen, die bis zum Feldbrunnen 3060 Schuh Länge aufwiesen, was etwa 872,1 Metern entspricht.
Gusseiserne Wasserleitungen werden erst im 18. Jahrhundert angelegt
Erst im Jahr 1810 wurden gusseiserne Wasserleitungen gelegt, 1821 stieg der Wasserverbrauch der Stadt immens an, was zur Erschließung weiterer neun Laufbrunnen führte. Jetzt brachte man das Wasser aus dem Walddistrikt Kisselborn in die Innenstadt von Wiesbaden, immerhin 6 Kilometer entfernt. Immer mehr Brunnen mussten hinzugefügt werden, das Wasser blieb knapp. Erst in den Jahren zwischen 1875 bis 1910 wurden bergmännisch angelegte vier Stollen gegraben, die über ca. 11,5 Kilometer Länge die wasserführenden Quarzit Adern des Taunusgebirges anbohrten und damit erstmalig für eine kontinuierliche und krisensichere Wasserversorgung sorgen konnten. Jetzt war mit Hilfe dieser Tiefstollen endlich Trinkwasserqualität von maximalen 22.000 Kubikmetern täglich in die Stadt zu bringen. Diese vier Stollen, Münzbergstollen, Schläferskopfstollen, Kreuzstollen und Kellerskopfstollen, werden noch heute genutzt. In den Rheinauen bei Schierstein wurden ergänzende Bezugsquellen gefunden und mit dem Bau des Wasserwerks Schierstein für die Stadt erschlossen. Heute wird zusätzlich Rheinwasser aus der wenig belasteten Flussmitte entnommen, mehrfach geklärt und über sogenannte Schluckbrunnen dem Grundwasser zugeführt. Etwa 6 Wochen dauert dann die Bodenpassage, die das Wasser durchqueren muss, bevor es dann 180 Meter weiter südlich durch Trinkwasserbrunnen erneut entnommen wird. Heute liefert das Wasserwerk Schierstein etwa die Hälfte des benötigten Wiesbadener Trinkwassers von immerhin etwa 40.000 Kubikmeter Tageskapazität.
Mit dem verlorenen Ersten Weltkrieg ging auch der Ruf Wiesbadens als Weltkurstadt verloren, bzw. wandelte sich der Anwendungsbereich immer mehr in Richtung Kur- und Spezialkliniken. Heute gibt es zahlreiche allgemeinmedizinische Krankenhäuser und kosmetische Privatkliniken, so dass neben den Kur- und Spezialkliniken wieder hektische Betriebsamkeit im Gesundheitswesen in Wiesbaden herrscht. Ein interessanter Rundgang bietet sich für den Besucher entlang der Brunnen und Thermalquellen an, die öffentlich zugänglich sind. So gesehen ist Wiesbaden nach wie vor eine Kurstadt.
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