Dangast – Kultur und Rhabarberkuchen im Kurhaus
Für den folgenden Sonntagmorgen hatten wir uns zu einem Kurzausflug nach Dangast entschlossen, das aufgrund des Kurhauses mit seinen kulturellen Veranstaltungen und des dort erhältlichen, fast schon legendären Rhabarberkuchens, weit über die Landesgrenzen bekannt und gut besucht ist.
Dangast gehört zur Stadt Varel, liegt am südwestlichen Jadebusen und ist mit dem Auto oder wesentlich angenehmer mit dem Fahrrad gut zu erreichen, denn per Fahrrad kann man ab Mariensiel am Deich entlang bis nach Dangast fahren.
Hinterlassenschaften der Beuys-Schüler Anatol Herzfeld, Wilfried Gerdes und Eckart Grenzer
Schon seit etlichen Jahren ist Dangast auch ein beliebter Wohnort und Treffpunkt von Künstlern, die die etwas offenere Denkweise der dortigen Bevölkerung zu schätzen gelernt hat. Zwischen 1909 und 1912 logierte der expressionistische Maler Karl Schmidt-Rottluff im früheren „Parkschloss“ um dort zu arbeiten, fast parallel nahm sein Kollege Erich Heckel im „Hullmann´schen Haus Quartier. Ab 1950 bis zu seinem Tod im Jahr 2002 lebte der Maler und Photograph Willy Hinck in dem früher mit „Villa Wobick“ bezeichnetem Haus „An der Rennweise 42“. Rund um das Kurhaus herum findet man die Hinterlassenschaften der Beuys-Schüler Anatol Herzfeld, Wilfried Gerdes und Eckart Grenzer. 1970 verstarb die in Dangast lebende Malerin Trude Rosner-Kasowski. Von 1923 bis zu seinem Tod im Jahr 1983 lebte der Maler Franz Radziwill an der Sielstraße in Dangast in dem Haus, das heute als Kunstmuseum eingerichtet ist. Als im Jahr 1984 der Bildhauer Eckart Grenzer seinen 3,20 Meter hohen Phallus direkt am Strand von Dangast unter den Augen vieler Zuschauer meißelte, der den Titel „Begegnung der Geschlechter“ erhielt, stand Dangast im Mittelpunkt aller Medien. Aus Anlass der Expo am Meer im Jahr 2000 wurde entlang des Radwegs am Seedeich von Mariensiel bis Dangast der sogenannte Skulpturenpfad angelegt. Die sieben Skulpturen, die während eines Bildhauersymposiums von 7 verschiedenen Künstlern geschaffen wurden, stellen die 7 Tage der Schöpfungsgeschichte dar.
Fährgastschiff „Etta von Dangast“
In Dangast angekommen, führt uns der erste Gang zwangsläufig an das Hafenbecken, wo das ebenfalls schon als legendär zu bezeichnende Fährgastschiff „Etta von Dangast“ auf dem jetzt zu sehenden Schlick trockengefallen ist. Anders als in den meisten Häfen an der Nordseeküste, ist der Hafen von Dangast tidenabhängig. Jetzt fliest nur noch ein wenig Restwasser aus dem Hafenbecken ab, das durch Süßwasser aus dem Ellenserdammer Tief noch etwas Zulauf erhält. Weithin sichtbar ist jetzt die Fahrrinne, die bei Hochwasser durch die aufgestellten Pricken im Watt befahren werden muss. Gleich am Deich des Außenhafen stoßen wir auf die Steinmonumente, die zum Gedenken an die starken Fluten neben den Jahreszahlen auch die jeweiligen Wasserstände vermitteln.
Edo Wiemken von 1378 bis 1415 Häuptling von Rüstringen
Während der zweiten Marcellusflut des Jahres 1362 wurde die erste Ansiedlung Dangast fast vollständig zerstört, womit auch der Stammsitz des Friesischen Häuptlingsgeschlechts Wimekinge verloren ging. Aus dem Geschlecht Wimekinge ging unter anderem Edo Wiemken der Ältere hervor, der von 1378 bis 1415 Häuptling von Rüstringen war. Sein Denkmal in der Kirche von Jever ist fast schon ein Muss für den kulturell interessierten Reisenden, so wunderbar sind die Schnitzarbeiten am Grabmal. Nach dieser großen Flutkatastrophe wurde Dangast am Südhang eines Geestrückens an flutgeschützter Stelle neu errichtet. Diese Entscheidung ist selbst heute noch zu spüren, denn aufgrund dieser exponierten Lage braucht Dangast keinen Seedeich, so das der freie Blick aufs Meer gewährleistet ist. Ein weiterer Pluspunkt in der Liste der Besonderheiten Dangast´s.
Trotzdem war auch Dangast von der schweren Flutkatastrophe vom 16. Und 17. Februar 1962 schwer betroffen. Große Teile des Strandes wurden weggerissen, nahe gelegene Gebäude schwer beschädigt und die Rennweide wurde komplett überschwemmt. Allein die Höhenangaben auf den Gedenksteinen am Hafen lassen die Macht der Flut deutlich werden.
Das legendäre Schlickschlittenrennen
Unser Weg führt uns dann über den Sommerdeich zum Strand von Dangast, der direkt unterhalb des Kurhauses beginnt. Bereits um diese frühe Stunde haben sich erste Gäste eingefunden, die mit Strandmatten und Badehandtüchern bewaffnet auf das Hochwasser warten. Aufgrund seiner Lage ist das Wattenmeer vor Dangast sehr schlickig, weshalb nur wenige ganz Mutige zur Wattwanderung an die Fahrrinne unterwegs sind. Ein buntes Gemisch von Gästen, die sich mit Familie und Hund hier einfinden. Natürlich ist auch der Phallus direkt am Schlickrand noch immer ein Hingucker genau wie der Thron für den/die jeweilige Schlickkönigin, einer Holzkonstruktion die für diverse Aktivitäten genutzt wird, so auch für das legendäre Schlickschlittenrennen oder wenn die Aktionsgruppe „Menschenmüll“ mit ihrem „Wattgolfen“ aktiv wird.
Aktionsgruppe „Menschenmüll“ mit ihrem „Wattgolfen“
Meiers Reiseführer von 1904 sagt schon etwas zur hier vorherrschenden Mentalität: „Wohnung nimmt man in einem der drei Logierhäuser, die alle demselben Besitzer gehören…“. Es ist etwas Besonderes, den Tag in Dangast zu verbringen, gleich ob am Strand, in einem Café oder im Kurhaus, das uns dann doch magisch anzieht.
Wir verlassen den Strand und schlendern entlang der Verkaufsstände, die neben dem üblichen Allerlei aber auch Kunst anbieten. Da ist also der Holzschnitzer, der aus Treibholz in der Kombination mit anderen Werkstoffen herrliche Skulpturen schafft, dann der Maler, der in bester M.C. Escher Manier gleich mehrere Horizontlinien mit Motiven aus Dangast und seiner Phantasie in seine Bilder integriert. Natürlich gibt es auch allerlei Kulinarisches im Angebot der Händler.
Stück Rhabarberkuchen mit Sahne
Wir betreten nun endgültig das bereits mehrfach erwähnte Kurhaus, das als Nachfolger des ersten allerdings abgebrannten „Conversationshauses“ von 1804 an gleicher Stelle im Jahr 1820 neu errichtet wurde. Seit vielen Jahren in gleichen Händen gibt es heute im Kurhaus neben einer Vielzahl musikalischer Ereignisse auch Kunst „zum Anfassen“. Viele örtliche Künstler nutzen den Bekanntheitsgrad des Kurhauses um auf ihre Objekte aufmerksam zu machen. Uns allerdings interessiert nun mehr ein Kaffee und vor allem das Stück Rhabarberkuchen mit Sahne. Ein Genuss, der Seinesgleichen sucht. Das alles auch noch auf der herrlichen Aussichtsterrasse des Kurhauses mit Blick auf das Wattenmeer und die aufkommende Flut.
Koordinaten: 53° 27′ N, 8° 7′ O Koordinaten: 53° 26′ 39″ N, 8° 7′ 4″ O
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