Ein Spaziergang durch die Altstadt von Naumburg
- Geschrieben von Portal Editor
Die Suche nach einem Geldautomaten hatte uns erstmals in die Innenstadt Naumburgs im südlichen Sachsen-Anhalt geführt, dessen Wahrzeichen der frühgotische Dom St. Peter und Paul heute zu den wertvollsten europäischen Baudenkmälern zählt.
Naumburg hat eine gut erhaltene und sehenswerte Altstadt mit zahlreichen mittelalterlichen, Renaissance- und Barock-Gebäuden. Die relativ kleine Stadt ist erstaunlich reich an Sehenswürdigkeiten und hat ihre Gemächlichkeit trotz heute touristischer Erschließung bewahrt. Thomas Mann hat ihr in seinem Roman Doktor Faustus unter dem Namen Kaisersaschern ein literarisches Denkmal gesetzt.
Dom St. Peter & Paul zählt zum UNESCO Weltkulturerbe
Hauptsehenswürdigkeit Naumburgs ist eindeutig der spätromanische Naumburger Dom mit seinen bemerkenswerten Stifterfiguren, der seit 2018 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Mit dem Bau der dreischiffigen, zwei-chorigen Basilika mit vier Türmen und einem Kreuzgang wurde bereits vor 1213 begonnen. Der frühgotische Westchor wurde etwa 40 Jahre später um 1250 erbaut. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das Ostchor im hochgotischen Stil erweitert. Die romanische Krypta unter dem Ostchor ist etwa um 1170 entstanden und war Teil eines Vorgängerbaus. Die Kanzel stammt von 1466. Erst im Jahre 1884 wurde der Südwestturm vollendet. Zwischen 1960 und 1968 wurde der Dom grundlegend restauriert, dieser Tage aufgrund der Corona Pandemie allerdings geschlossen.
Weltberühmt sind die zwölf Stifterfiguren im Westchor, die nach 1250 entstanden. Alle Figuren sind lebensgroß und in Kalkstein gehauen. Die bekanntesten Figuren sind Uta von Ballenstedt und Ekkehard II. von Meißen an der Nordseite des Westchors sowie Regelindis und Herrmann I. gegenüber an der Südseite. Sie gehören zu den frühesten realistischen Darstellungen individueller Gesichter im europäischen Mittelalter. Die Figur der Uta wird manchmal als „schönste Frau des Mittelalters“ tituliert und Umberto Eco schrieb über sie: „Wenn Sie mich fragen, mit welcher Frau in der Geschichte der Kunst ich essen gehen und einen Abend verbringen würde, wäre da zuerst Uta von Naumburg.“
Renaissance -Rathaus und Kaysersches Haus
Im mittelalterlichen Stadtkern befinden sich neben dem Renaissance-Rathaus (1517 bis 1528) mit Ratskeller das markante Kaysersche Haus mit drei Renaissancegiebeln und die spätgotische Stadtkirche St. Wenzel. Diese dreischiffige Hallenkirche entstand zwischen 1517 und 1523 und wurde nach ihrer Beschädigung im Jahre 1945 restauriert. Ihr Inneres wurde 1724 umgestaltet. Die Orgel wurde von Johann Sebastian Bach persönlich begutachtet und ist nach ihrer aufwändigen Restaurierung regelmäßig in Konzerten zu hören. In den Nebenstraßen befinden sich charakteristische Bürgerhäuser mit schönen Giebeln.
Vom Marktplatz weg führt die Marienstraße in Richtung Norden zum Marientor. Dieses aus dem 15. Jahrhundert stammende Stadttor ist das noch einzig erhaltene von 7 Stadttoren und mit Außentor, Wehrgang, Innentor und Fallgitter sowie Wartturm ausgestattet.
Kleine Straßenbahn vor dem Hauptbahnhof
Die in Teilstücken erhaltene Naumburger Straßenbahn fährt ab Hauptbahnhof im 30-Minuten-Takt einmal halb um die Innenstadt (Einzelfahrt 2 €, ermäßigt 1 €; Verkauf auch im Wagen, Verbundfahrscheine werden anerkannt). Eingesetzt werden historische Fahrzeuge, die in den 1950er bis 1970er Jahren in Gotha gebaut wurden. Wenn man Glück hat, dann kann man auch mit dem 1928 erbautem Lindner-Triebwagen fahren.
Die Verbindung zwischen dem eigentlichen Naumburg und dem Ortsteil Großjena im Blütengrund, einer von Weinbergen gesäumten Auenlandschaft am Zusammenfluss von Saale und Unstrut, stellt von März bis Oktober eine nicht motorisierte, sondern nur von der Strömungsenergie des Wassers angetriebene Personenfähre her (aufgrund des hier entlang führenden Radweges ist Fahrradmitnahme möglich).
Nietzsche-Denkmal mit neugierigem Mädchen
Der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844–1900) verbrachte seine Kindheit, Jugend und seine letzten Lebensjahre in Naumburg. Ihm ist eine Ausstellung im Nietzsche-Haus, Weingarten 18, seinem ehemaligen Wohnhaus, gewidmet. Unmittelbar dahinter befindet sich in einem Neubau das Nietzsche-Dokumentationszentrum, wo Forscher das gedankliche Erbe Nietzsches sammeln und aufbereiten. Auch hier gibt es wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen. 200 Meter vom Nietzsche-Haus entfernt, auf dem Holzmarkt, gibt es ein Denkmal, das Nietzsche im Dialog mit einem neugierigen Mädchen zeigt.
Im Ortsteil Großjena befindet sich das Haus des Bildhauers, Malers und Grafikers Max Klinger (1857–1920), geöffnet von Ende März bis Ende Oktober Di-So 10–17 Uhr. Ganz in der Nähe findet man das um 1722 geschaffene „steinerne Bilderbuch“, eine Reihe von 12 in den anstehenden Sandsteinfels gehauene Reliefs, die überwiegend Szenen aus der Bibel darstellen. Beide sind im Blütengrund an der Unstrut gelegen, man kann sie auf einem knapp einen Kilometer langen Spaziergang vom Parkplatz am Campingplatz Blütengrund erreichen, nachdem man die Saale mit der Fähre überquert hat.
Wir waren überrascht eine solche Vielzahl von guterhaltenen, bzw. wertvoll restaurierten, historischen Bauwerken und ihren farbenprächtigen Giebeln vorzufinden, zumal der herrliche Sonnenschein für imposanten Lichteinfall sorgte, was die Farben leuchten lies. Eine Eisdiele erhielt trotz Corona (oder vielleicht auch gerade deswegen) viel Zuspruch, so auch durch uns. Hier ist so Vieles mehr noch zu sehen, dass weitere Besuche anstehen werden.
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