Rundgang in Sangerhausen – trotz kühler Witterung

Rundgang durch Sangerhausen – trotz kühler Witterung

Mal wieder aus Gründen der unmittelbaren Regionserkundung in der Sangerhausen unterwegs, sollte es u.a. auch zum Rosarium in Sangerhausen gehen, der so bekannten und in seiner Größe weltweit einzigartigen Rosengartenanlage (wie hatten hierüber schon berichtet).

Trotz Corona war das Rosarium als Außenanlage geöffnet, das kühle Wetter der vergangenen Tage hatte jedoch ein Erblühen der unzähligen Rosenarten bislang verhindert, so dass wir den Besuch lieber in die nahe Zukunft verschieben wollten. Kurzentschlossen ging es dann als Alternative in die Innenstadt von Sangerhausen, die wir fast menschenleer vorfanden! Wahrscheinlich auch aufgrund der für die Jahreszeit niedrigen Temperaturen. Nun gut, immer eine Frage der Kleidung, so unser Motto.

Mittelalterliche Bauten und Fachwerke in Sangerhausen

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_1-goepenthor-sangerhausen.jpgSchon während der Ausschau nach einem Parkplatz fiel uns der mittelalterliche Stadtkern mit seinen historischen Gebäuden und Brunnenanlagen auf, die auf eine lange Geschichte verweisen.

Der Ursprung des Ortes Sangerhausen geht vermutlich auf eine fränkische Gründung zurück, denn erstmals erwähnt wird eine Siedlung in einem zwischen 780 und 802 erstellten Urkundenbuch des Klosters Fulda beschrieben. In einem zwischen 881 und 899 entstandenen Verzeichnis des Zehnten  (zur Steuerpflicht) des Klosters Hersfeld wird Sangerhausen als zehntpflichtiger Ort Sangerhus im Friesenfeld genannt. 991 gehörte das damalige Dorf dann zum Kloster Memleben. Ab dem 10. Jahrhundert gab es einen Fronhof im Bereich der heutigen Ulrichkirche.

Steuerzahlende Fronhöfe und Eigenwirtschaft

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_2-sangerhausen.jpgAls Fronhof wird ein Gutshof bezeichnet, der im Zentrum einer mittelalterlichen Villikation stand. Er war das wirtschaftliche und herrschaftliche Zentrum eines Hofverbandes und stützte sich sowohl auf Eigenwirtschaft als auch auf die Frondienste von Leibeigenen.

Vom Fronhof aus wurde in Eigenwirtschaft das Dominikal Land bebaut wobei entweder der Besitzer selbst oder ein von ihm eingesetzter Verwalter die Wirtschaft führte. Das zum Fronhof gehörende Salland setzte sich oft aus Streubesitz zusammen, je nachdem, wie Flächen durch Schuldknechtschaft oder andere Umstände zum Fronhof hinzukamen. Fronhöfe hatten also oft keine zusammenhängende Fläche.

Die Feldarbeit wurde einerseits von unfreiem Hofgesinde geleistet, das ständig auf dem Fronhof lebte, und andererseits von den hörigen Hufenbauern unterstützt, die neben ihrem Frondienst für den Fronhof auch eigene Hofstellen bewirtschafteten. Der Fronhof war zugleich auch das Zentrum einer Reihe von kleineren Bauernstellen, die von Grundherren an zinspflichtige Bauern ausgegeben und von diesen auf eigene Rechnung bewirtschaftet wurden, während sie den Grundherren die Grundpacht in Form von Frondienst, etwa einer wöchentlichen Anzahl von Tagen im Spanndienst, sowie durch Grundzins oder Naturalabgaben zu leisten hatten. Von dieser Unterteilung in Fronhof und abhängige Hufen leitet sich die Bezeichnung zweigeteilte Grundherrschaft ab. Größere Grundherrschaften, deren Zentrum das Herrenhaus war, bestanden aus einer Vielzahl solcher Wirtschaftseinheiten, mitunter ganzen Netzwerken von Hofverbänden, wobei mehrere Fronhöfe einem Oberhof unterstellt sein konnten.

Der Fronhof selbst umfasste die Wohngebäude des Grundherrn oder des Meiers und die Wohnhütten für das Gesinde, sofern diese nicht im Wohnstall lebten. Er dürfte im Frühmittelalter meist in der Form eines fränkischen Ernhauses erbaut worden sein, seit dem Hochmittelalter bisweilen auch in der leicht befestigten Form einer Turmhügelburg aus Holz und Erde mit Wirtschaftshof in der Vorburg. Stets gehörten Ställe, Scheunen und Vorratshäuser dazu. Der Fronhof war nicht nur wirtschaftlicher Mittelpunkt einer Villikation, sondern auch Zentrum der Herrschaftsausübung. Insbesondere war er Ort des Hofgerichts, dem alle hörigen Mitglieder des Hofverbandes unterstanden.

Marktrecht und Münzprägung kommen nach Sangerhausen

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_3-sangerhausen.jpgNachdem Sangerhausen zwischen 1004 und 1017 das Marktrecht verliehen wurde, entstand im Bereich des heutigen Alten Marktes ein Marktflecken. Dieser wuchs infolge des Zuzugs von Kaufleuten mit dem Fronhof im Norden zusammen. 1194 wurde dem Dorf das Stadtrecht verliehen. Im Jahre 1204 erhielt die nunmehrige Stadt Schutz durch einen Palisadenzaun, bereits 1263 erhielt sie dann eine Stadtmauer. Wichtiger Wirtschaftszweig war seit dem Mittelalter der Silber- und Kupfer-Bergbau in der Region. Im Jahre 1391 wurde zum ersten Mal in der meißnischen Groschengeschichte außerhalb der Landesmünzstätte Freiberg in der neu errichteten Münzstätte Sangerhausen Groschengeld geprägt. Die neue Münze war für Zahlungsverpflichtungen im Harzer Silberbergbau errichtet worden.

Reformation und Hexenprozesse

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_4-sangerhausen.jpgDa sich viele Bürger von Sangerhausen 1525 am Bauernkrieg beteiligten, wurde die Stadt mit 5.000 Gulden und sieben Hinrichtungen bestraft. Erst nach dem Tod Herzog Georgs des Bärtigen setzte sich 1539 die Reformation durch.

In Sangerhausen fanden zwischen 1536 und 1710 Hexenverfolgungen statt. 22 Personen, 17 Frauen und fünf Männer, gerieten in Hexenprozesse. Mindestens drei Frauen wurden verbrannt, eine Frau und drei Männer enthauptet, zwei Frauen starben unter der Folter. Als erstes Opfer wurde 1536 Jutte Stulzingk verbrannt. Im Ortsteil Grillenberg kam es in den Jahren 1607 bis 1614 zu ähnlichen Prozessen: eine als Hexe angeklagte Frau wurde verbrannt, eine andere des Landes verwiesen.

Bis zum 19. Jahrhundert ging die Bedeutung des Bergbaus allmählich zurück. 1815 wurde Sangerhausen preußisch und Verwaltungssitz des Landkreises Sangerhausen im Regierungsbezirk Merseburg der Provinz Sachsen. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz erfolgte am 10. Juli 1866 durch die Bahnstrecke Halle–Hann. Münden. 1880 kam noch die Bahnstrecke nach Erfurt hinzu. Die Industrialisierung führte zur Ansiedlung von Fabriken, die Feilen, Fahrräder, Malz, Klaviere, Maschinen, Möbel, Leder, Käse und Zucker herstellten. Im Jahre 1903 wurde das Rosarium im Osten der Stadt gegründet.

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