Roland, Römer oder was – Statue sorgt für Diskussion

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Ist die Statue auf dem Fischmarkt von Erfurt nun eine Variante des allbekannten Rolands wie in Bremen oder in Stendal, der als Verteidiger der Stadtrechte und damit der Unabhängigkeit in einigen deutschen Städten zu den attraktiven Anziehungspunkten der Touristen zählt oder hat die Figur in Erfurt eine völlig andere Bewandtnis?

Wir waren uns nicht sicher und lösten aufgrund unserer Fragen bei Passanten dann doch einige Diskussionen aus. Einmal mehr zeigte sich, dass trotz manchmal täglicher Begegnung in der Hektik des Alltags eben doch nicht alle Bürger so ganz genaue Detailkenntnis über ihren Wohnort haben, zumindest wenn es um den Römer von Erfurt geht.

Der Römer von Erfurt – kein Bezug auf das Römische Reich

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_fischmarkt-roemer-1.jpgKlar im Vorteil, wer zumindest schon einmal den Namen der Statue kennt – der Römer. Immerhin könnte dies bereits Rückschlüsse zulassen, wenn in diesem Fall man dann doch fast völlig auf dem Holzweg ist.

Richtig ist, dass der Römer eine Statue in Gestalt eines römischen Kriegers auf dem Fischmarkt in Erfurt, der direkt gegenüber dem Erfurter Rathaus die Passanten begrüßt. Bei der Statue handelt es sich um einen von Kopf bis Fuß bewaffneten römischen Krieger mit den Insignien der römischen Republik, der die Stadtfahne Erfurts in der rechten Hand hält.

Aha – so alt ist Erfurt bereits, so unsere Frage. Bei Weitem nicht!

Ab 1448 gab es in Erfurt eine Statue des heiligen Martins, die im Zusammenhang mit der angrenzenden Martinikirche stand. Der Heilige Martin ist der Patron der Stadt Mainz, des Mainzer Doms und des Bistums Mainz, deren Erzbischof formal auch Stadtherr war.

So wurde der Patron auch auf Erfurt selbst übertragen. Die Statue wurde im Bauernkrieg 1525 bei einer Erhebung gegen Kurmainz auf Geheiß des Oberratsmeisters niedergerissen.

Ersatz für den Heiligen Martin – der Erfurter Römer

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_fischmarkt-roemer-2.jpgSchon bald nach den Konflikten der kriegerischen Auseinandersetzungen drängte der Kurmainzer Erzbischof auf die Errichtung einer neuen Martinsfigur. Der Rat der Stadt beauftragte den ansässigen Niederländer Israel von der Milla, der die Statue „Mann auf der Säule“ schuf. Sie wurde am 6. November 1591 vor dem Haus zum Breiten Herd aufgestellt und von den Erfurtern meist nur „Mann“ oder „Römer“ genannt. Der Statue wurde allmählich eine ähnliche Bedeutung beigemessen wie einem Roland, weswegen sie auch zunehmend als Roland bezeichnet wurde. Erst im 20. Jahrhundert besann man sich wieder der ursprünglichen Bedeutung und strich den Römer aus der Liste der Rolande.

Bereits im Jahr 1886 kam der Römer an seinen heutigen Standort. Zur Zeit der Wende war der Römer dringend restaurierungsbedürftig. 1991/92 wurden sowohl das Standbild als auch die Säule steinkonservatorisch behandelt, einige plastische Teile, Fahne und Schwertscheide ersetzt. Die Figur erhielt auch wieder ihre Farbgebung aus der Renaissance-Zeit. Zuvor hatte der Römer aufgrund schädlicher Umwelteinflüsse eine dunkelgraue Farbe angenommen. Als Sponsor für die Erneuerung durch die Konservatoren Reinhard und Stemmler trat mit über 30.000 DM die Steinmetzfirma Ochsenfurt aus Paderborn auf, die auch in der Restauration am Dom tätig war.

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