Mühlhausen – Innenstadt aus historischen Fachwerkgebäuden
- Geschrieben von Portal Editor
Nach unserem Rundgang entlang der Festungsmauer Mühlhausens sollte nun die Innenstadt erkundet werden, nicht ohne Grund nennt sich Mühlhausen „Muhlhusia turrita“, das turmgeschmückte Mühlhausen mit einst 59 Türmen, den Kirchen und Stadtmauer.
Immerhin 11 mittelalterliche Kirchen und ein gut erhaltener Innerer Stadtmauerring mit zahlreichen Wehrtürmen, ermöglichen uns auch das turmgeschmückte Mühlhausen der Neuzeit zu erleben. Dabei erwartete uns nicht nur sakrale Räume, sondern auch die einzigartige profane Nutzung der Kirchengebäude, zum Beispiel als Stadtbibliothek, Museum oder Theaterbühne. Die Altstadt Mühlhausens gilt als das zweitgrößte Flächendenkmal in Thüringen, dass aufmerksame Besucher bereits an den roten Straßenschildern erkennen können. Neben der Vielzahl an Kirchen und musealen Einrichtungen, wollten wir uns insbesondere der liebevoll sanierten Fachwerk- sowie Bürgerhäuser annehmen, die es hier in großer Zahl gibt.
Fachwerkhaus "Zellscher Hof"
Der „Zellsche Hof“ ist ein Bürgerhaus mit bewegter Geschichte und befindet sich in der Mühlhäuser Holzstraße.
Der "Zellsche Hof" wurde 1658-60 anstelle des 1649 abgebrannten Stadthofes des Eichsfeld Klosters Zella erbaut.
Er war ein Vorbild vieler Mühlhäuser Bürgerhäuser und im 18. Jhd. Turn- und Taxischer Posthof.
Mit der Säkularisation des Klosters ging das Gebäude 1810 in Privateigentum über. Die beiden in Stein gehauenen Rosetten erinnern an die alte Braugerechtigkeit in Mühlhausen. In diesem historischen Gebäude befand sich 1937 ein Autowaschplatz, eine Reparaturwerkstatt und eine Tankstelle.
Haus der Fleischerinnung
1577/78 wurde mit den abgebrochenen Steinen der Johanniskirche der Vorgängerbau des Fleischhauses errichtet worden. Das Erdgeschoss beherbergte die Fleischbänke.
Im Obergeschoss befand sich ein Saal für die Jahrmarktstände der Tuchhändler. Hier wurde auch Theater aufgeführt.
1880-1882 wird auf der Stelle des einstigen Gildehauses der Fleischhauer das neue "kaiserliche Post- und Telegraphenamt" erbaut.
1883 wird das neue Postgebäude auf dem Obermarkt wird in Betrieb genommen. Bis in die Neuzeit blieb das Gebäude als Postamt erhalten.
Deutschordenshof der Oberstadt
Das Haus war von der Mitte des 13. bis Mitte des 16. Jahrhundert Sitz der Deutschordensherren in der Oberstadt. Von Februar 1525 bis Mai 1525 wird es das Wohnhaus Thomas Müntzers. In der gegenüberliegenden Marienkirche predigte der neben Martin Luther bekannte Reformator und rückte die Stadt zu Zeiten des Bauernkrieges in den Mittelpunkt deutscher Geschichte. Nach Weggang des Deutschen Ordens wird das Gebäude das Pfarrhaus von St. Marien bis 1975.
Am 28.01.1800 wurde Friedrich August Stüler hier geboren. Stüler war einer der bedeutendsten Baumeister seiner Zeit. Neben dem Neuen Museum in Berlin entwarf der „Architekt des Königs“ Friedrich Wilhelms IV. zahlreiche brandenburgische Kirchen und Herrensitze, aber auch international war der umtriebige Mühlhäuser regelmäßig tätig.
Heute beherbergt das Haus den Verwaltungssitz des Kirchenkreises Mühlhausen.
Fachwerkhaus am Steinweg 84
Das Gebäude ist ein liebevoll saniertes Fachwerkhaus in der Einkaufsstraße von Mühlhausen, dem Steinweg.
Es besticht durch eine untypische und schmuckvolle Farbgestaltung.
Das Fachwerkhaus wurde nach 1689 erbaut. Im 1. Obergeschoss findet man mit durchgehender aufgesetzter Hausschrift eine einmalige Fassung von marmoriertem Holzwerk.
Dies ist einzigartig in der Region Nordthüringen. Für Fachwerkkenner interessant ist ein Palmettenstab zwischen den abgeschlagenen Balkenköpfen und darüber ein durchlaufender Eierstab mit Relief. Das Fachwerk wurde 1993 freigelegt.
Fachwerkgebäude "Schmalstes Haus" am Steinweg 78
Das „schmalste Haus“ in Mühlhausen befindet sich am Steinweg 78.
Die Breite beträgt gerade mal 4,25 Meter. 70 Stufen führen vom Keller bis zum Dach. Das Haus besitzt eine sehenswerte Fachwerkfassade.
Das Haus wurde im 17. Jahrhundert gebaut und 1906 umgebaut. Viele Jahrzehnte wurde es von Hutmachern als Geschäftsraum genutzt.
Eine umfassende Sanierung erfolgte im Jahr 2000. Seit 2006 befindet sich „Die Goldschmiede“ in dem Gebäude- eine Manufaktur, die die alte Handwerkstradition der Schmuckherstellung bewahrt und weiterführt.
Fachwerkhaus „Mühlhäuser Hof"
Der „Mühlhäuser Hof“ wurde auf dem Gelände des ehemaligen Dominikaner Klosters 1689 nach dem großen Stadtbrand errichtet. Im 19. Jhd. war im Gebäude eine Bierbrauerei mit Ausschank und eine Gaststätte.
Seit 2006 ist der „Mühlhäuser Hof“ ein Vier-Sterne-Hotel. Bei dem Gebäude Steinweg 65 handelt es sich um ein Ackerbürgerhaus eines Vollbürgers mit Braurecht aus dem Jahre 1689 (Inschrift).
Die Hofanlage Steinweg 65/ Breitenstraße 1 war bis zum 1. Weltkrieg Standort einer Brauerei. Die Anfangsbebauung nach 1689 dürfte neben dem Haupthaus aus älteren Bauresten bestanden haben, spätestens um 1800 entstand ein vollständiger geschlossener Vierseitenhof.
An den Innenhof angrenzend befindet sich die Ruine der ehemaligen Predigerkirche St. Peter und Paul. Der hohe und verstärkte Dachboden über drei Ebenen (mit liegendem Stuhl) deutet eine Gerbernutzung an.
Fachwerkhaus "Brauhaus zum Löwen"
Das Gebäude des Brauhauses zum Löwen am Kornmarkt hat eine sehenswerte und detailverliebte Fassade.
Ab 1780 diente es fast 200 Jahre als Apotheke und trug den Namen „Löwen-Apotheke“. Ein Name, der für das „Brauhaus zum Löwen“ Pate stand.
Die Fassade und Elemente im Inneren deuten auf die frühere Nutzung als Apotheke hin.
Das heutige Gasthaus mit hauseigener Brauerei, Hotelbetrieb und einem reizvollen Biergarten mit Blick auf die Kornmarktkirche lädt zum Verweilen ein. Der Vorgängerbau, die "Löwenapotheke" wurde in der 2. Hälfte des 16. Jhd. erbaut. Die Pfeilerhalle und das Nachbarhaus wurden in den Neubau von 1707-1713 einbezogen. 1992/1993 erfolgte eine umfassende Sanierung.
Fachwerkhaus am Untermarkt 15
Das sehenswerte Fachwerkhaus befindet sich am Untermarkt 15 und ist seit vielen Jahrhunderten eine Bäckerei. Das heutige Gebäude ist von 1631, das verputzte Fachwerk mit den Andreaskreuzen wurde 1952 freigelegt.
Von besonderer Baukunst zeugt an der Südseite des Untermarktes und der Ostseite der angrenzenden Brunnenkreßstraße ein langgezogenes Fachwerkhaus. Die Giebelseite präsentiert sich mit nahezu sechs Metern Breite, während das Gebäude fast zwanzig Meter lang ist. Das „Bäckerhaus“ weist eine Inschrift mit dem Baujahr 1631 auf, doch schon im Jahr 1365 versorgten sich hier Mühlhäuser Bürger mit Brot und Backwaren. Besonders erwähnenswert ist der geschnitzte Neidkopf an der Hausecke. Fachwerkelemente sind Vorkragungen mit Taustab und in den Brüstungsfeldern der Obergeschosse eingezapfte Stühle und Streben.
Beurenhof
Der Beurenhof gehört zu den vielen sehenswerten Bürgerhäusern am Mühlhäuser Untermarkt. Das Gebäude besticht durch seine liebvolle Sanierung, ansprechender Dekoration und gepflegtem Erscheinungsbild.
Der Stadthof des Eichsfeld-Klosters Beuren, der „Bürenhof“ wird 1251 erstmalig erwähnt. Das Gebäude in seiner jetzigen formalen Ausprägung wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahre 1550 neu gebaut. Nach Auflösung des Klosters ging der Beurenhof 1810 zurück in Privatbesitz.
Wegen seiner großen Toreinfahrt wurde er am Anfang des 19. Jahrhunderts für Theateraufführungen genutzt, an denen bis zu 120 Besucher teilnehmen konnten. Das Gebäude wurde am Ende des 19. Jahrhunderts als Weingroßhandlung, Strumpffabrik und Sitz der Entwicklungsabteilung des Röhrenwerkes genutzt. Nach umfassender Sanierung ab 2008 beherbergt das Gebäude nun ein Seniorenheim.
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