Kurzbesuch auf der Tara – Forschungsschoner
- Geschrieben von Portal Editor
Wir waren für einige Tage in Marseille zu Gast und dabei mehr oder weniger per Zufall auf die Tara gestoßen, als wir in Richtung alter Hafen unterwegs waren.
Vor etwa 15 Jahren hatten wir einen Artikel gelesen, als dieses Schiff zu Forschungsfahrten an den Küsten von Grönland, Südgeorgien und Patagonien unterwegs gewesen war und zwischen 2006 und 2008 als Eisdriftstation eingesetzt wurde. Vergleichbar wie einst Fridtjof Nansen wollte man so den Nordpol zu erreichen. Natürlich war unser Interesse geweckt. Wir bemerkten allerdings auch die Absperrungen und die diversen Fernsehteams, die auf und um das Schiff in dem kleinen Hafenbecken hinter dem Mucem Museum drehten. Nach einigen Fragen und etwas Recherche bei den Anwesenden Crew-Mitgliedern kam uns weiterer Zufall zur Hilfe, denn es waren Besuchergruppen zur Schiffsbesichtigung über zwei Tage angemeldet, wobei eine Gruppe nicht rechtzeitig angekommen war. So hatten wir Gelegenheit, die Tara etwas genauer zu erkunden.
Die Nordpolarreise der Tara – ein Wagnis wie einst von Fridtjof Nansen
Die damals achtköpfige Besatzung unter Etienne Bourgois ließ am 5. September 2006 das Boot gut 800 Kilometer nördlich des sibirischen Tiksi bei 79 Grad, 53 Minuten nördlicher Breite und 143 Grad, 17 Minuten östlicher Länge absichtlich im Packeis einfrieren. Von dort aus trieb die Expedition 5200 Kilometer mit dem Eis und legte dabei 2600 Kilometer Luftlinie nach Westen zurück. Am 21. Januar 2008 kam sie rund 100 km östlich von Grönland auf circa 72° nördlicher Breite wieder frei. Die Tara gelangte auf ihrer Drift bis auf 160 Kilometer an den Nordpol heran, näher als einst die Fram von Fridtjof Nansen.
In seiner Tätigkeit als Polarforscher durchquerte Nansen 1888 als Erster Grönland über das Inlandeis und stellte während seiner Nordpolarexpedition (1893–1896) gemeinsam mit Fredrik Hjalmar Johansen am 8. April 1895 mit einer geographischen Breite von 86° 13,6' N einen neuen Rekord in der bis dahin größten erreichten Annäherung mit seiner „Fram“ an den geographischen Nordpol auf. Er revolutionierte die Techniken des polaren Reisens und beeinflusste damit alle nachfolgenden Expeditionen in Arktis und Antarktis.
Am 23. Februar 2008 erreichte die Tara dann wieder ihren Heimathafen Lorient im Département Morbihan in der Bretagne. Der Name Lorient stammt übrigens von L’Orient (der Orient), da hier früher der Heimathafen der französischen Ostindien-Kompanie war. Von Beginn an bildete der Hafen den Mittelpunkt eines ausgedehnten Handelsgeflechts, das die Geschäfte zahlreicher Händler, Kaufleute und Produzenten in ganz Europa miteinander verband. Hier legten die Schiffe ab in Richtung der Maskarenen, Indien oder China, um aus dem Orient mit den begehrten Gütern Seide, Gold und Gewürze zurückzukehren.
Aber nun zurück zur Tara – Technik des Driftens
Die Expedition nutzte dieselbe Technik, mit der bereits Nansen 1893 versucht hatte, den Nordpol zu erreichen. Der knapp 35 Meter lange und rund zehn Meter breite Schoner hat einen runden Rumpf, der beim Einfrieren im Eis nach oben gedrückt wird und auf dem Eis aufsitzt.
Zu diesem Zweck machte das Schiff am 5. September 2006 an einer dreimal anderthalb Kilometer großen Eisscholle fest. Der Weg bis zum Ausgangspunkt der Expedition wurde von einem Eisbrecher gebahnt. Insgesamt verbrachte das Schiff zwei Polarnächte in der Arktis.
Zwischen April und September 2007 wurden außerdem weitere Wissenschaftler eingeflogen, die ihre Zelte neben der Tara aufschlugen.
Wissenschaftliche Ziele dieser nicht ungefährlichen Mission
Die Expeditionsmitglieder untersuchten bereits damals die Auswirkungen des Klimawandels. Dazu gehörten meteorologische Beobachtungen bis in zwei Kilometern Höhe mit heliumgefüllten Sonden; eine Bestimmung der Strahlungsbilanz, Messungen von Wassergehalt, Dichte und Dicke der Schneeschicht, sowie der Dicke der Eisschollen; Untersuchung der Wasserschichten auf Temperatur und Salzgehalt mit an Kabeln befestigten Sonden bis in 4000 Meter Tiefe. Das Meerwasser wurde auf seinen Gehalt an dem Sauerstoff-Isotop 18O untersucht, um den Anteil an Süßwasser vom Festland zu bestimmen. Mit dem Iod-Isotop 126I sollte zurückverfolgt werden, ob Rückstände aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague und Sellafield bis in die Arktis geraten sind.
Besonders verblüffte die Wissenschaftler, wie schnell das Eis driftete; der Rekord lag bei 120 Seemeilen in zehn Tagen, was einem Kilometer pro Stunde entspricht. Die Tara benötigte für ihre Drift mit dem Eis weniger als halb so viel Zeit, wie rund 110 Jahre zuvor die Fram, obwohl die Tara eine mehrere 100 km längere Strecke zurücklegte. Die Expedition konnte bestätigen, dass die Eisdecke am Nordpol schrumpft. Die mittlere Eisdicke betrug mit 1½ bis 2 m nurmehr rund halb so viel, wie zwanzig Jahre zuvor. Außerdem wird zunehmend mehrjähriges Eis durch einjähriges Eis ersetzt, das im Sommer ganz wegtaut.
Auch andere Untersuchungen waren bereits erschreckend
So untersuchten die Wissenschaftler auch die Luft speziell auf ihren Gehalt an Ozon, Quecksilber und Bromoxid. Hintergrund dieser Messungen ist das Phänomen, dass im Frühjahr Quecksilber und Ozon in Eisnähe vollkommen aus der Luft verschwinden, wofür Bromoxid verantwortlich gemacht wird. Außerdem fing eine Pollenfalle Pollen ein.
Im biologischen Teil des Arbeitsprogramms wurde Plankton gesammelt, um die Primärproduktion des Ozeans zu bestimmen. Psychrophile Bakterien sind derart an das Leben bei Kälte angepasst, dass es ihnen gelingt, selbst im Eis zu überleben. Auch sollten Vögel beobachtet werden, vor allem die vom Aussterben bedrohten Elfenbeinmöwen, sowie die Gesänge und Ultraschall-Klicks von Walen registriert werden.
Das Projekt wurde von der EU im Rahmen des Programms „Damocles“ gefördert. Es war Teil des Internationalen Polarjahrs, das für 2007/2008 ausgerufen worden war.
Heutige Missionen und Aufgaben – an Bord erklärt - Auch die heutigen Tätigkeiten ähnlich gelagert
Einmal an Bord der Tara erläuterten uns die Besatzungsmitglieder die heutigen Tätigkeiten der Forschungsfahrten des Schoners, die fast kontinuierlich auf den Weltmeeren unterwegs sind. Schwerpunkte liegen momentan eindeutig bei den Forschungen zur Wasserqualität und somit zum Problem Microplastik, was ausgiebig erläutert wurde. Überhaupt war es interessant, all die technische Ausstattung des Schoners erklärt zu bekommen, was für uns zumindest teilweise absolutes Neuland war. Da auch die Zusammenhänge gut erklärt wurden, war der Besuch des Schiffes ein Novum für uns, das wir gern genossen haben.
Auch die Bremerhavener Polarstern betreibt vergleichbare Forschungen
Das Bremerhavener Forschungsschiff „Polarstern“ war ab September 2019 für ein Jahr in der Arktis eingefroren. Ziel der Mission: den Einfluss der Polarregion auf das globale Klima zu erforschen.
Es war die größte Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten: Im September 2019 war der deutsche Forschungseisbrecher „Polarstern“ vom norwegischen Tromsø in die Arktis aufgebrochen und ein Jahr lang fest eingefroren im arktischen Eis durch das Nordpolarmeer gedriftet. Versorgt von weiteren Eisbrechern und Flugzeugen hatten 600 Menschen aus 17 Ländern an dem Polar-Abenteuer teilgenommen. Geleitet wurde die Mission vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
Das deutsche Forschungsschiff "Polarstern" hat am siebten September 2023 den Nordpol erreicht. Ihr Ziel ist es, die Entwicklung des arktischen Eises mathematisch zu modellieren. Sechs Wochen mit Eisbärensichtungen, Hubschrauberflügen und Isolation in der arktischen Kälte liegen hinter ihnen. Das bisher eindrücklichste ihrer Reise ist jedoch: Die Ankunft am Nordpol.
"Wir sind die letzten hundert Kilometer mit nur einem Drittel der verfügbaren Maschinenleistung durchgerauscht. In den Neunzigern waren noch zwei Eisbrecher nötig. Das zeigt eindrücklich, mit welcher Geschwindigkeit der von uns verursachte Klimawandel zu Änderungen in diesem riesigen Ökosystem der Arktis führt", berichtet Carolin Mehlmann.
Wir wünschen viel Glück bei den weiteren, zukünftig anstehenden Exkursionen und hoffen gleichzeitig sehr, dass sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse und der dadurch klare und absolut notwendige Wandel im menschlichen Verhalten vor allem in der Industrie durch die menschliche Zerstörung unseres Lebensraumes und damit unser aller Existenz doch noch rechtzeitig ändern lässt. Die wohl bekannteste Weissagung der Cree-Indianer:
„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“
Im November 1972 benutzte Thomas Porter alias Sakokwenionkwas, ein Sprecher der Mohawk, das Bild vom letzten Baum und letzten Fisch und dem Geld in einer Rede an der Harvard University, die sich an Präsident Richard Nixon richtete. Was alles hätte in den letzten 50 Jahren geändert werden können, wird nun immer teurer und beschwerlicher!
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