Die Kelten / Galater – Vom Balkan bis nach Ankara

Die Kelten / Galater – Vom Balkan bis nach Ankara

Auf ihren Raub- und Wanderzügen waren einzelne Stämme der Kelten im Jahr 279 vor Christus über den Balkan bis in das antike Griechenland vorgedrungen, wo sie unter anderem auch Delphi überfielen und plünderten.

Für ihre Kampfkraft und ihr Draufgängertum bekannt, zeigte sich im Jahr 278 vor Christus König Nikomedes I von Bithynien sehr an Kontakten zu den Kelteninteressiert um sie als Söldner im Kampf gegen seinen Bruder den Ursurpator Zipoites zu gewinnen. Bereits nach kurzen Verhandlungen konnten Kelten und Nikomedes I sich auf die „Modalitäten“ der Hilfe einigen und nur wenig später bereits zogen die Stämme der Tolistobogier, der Trokmer und der Tektosagen mit ihren jeweiligen Anführern Leonnorius und Lutarius über den Hellespont in Richtung Anatolien. Historischen Aufzeichnungen zur Folge sollen es etwa  20.000 Menschen mit ihren Familien gewesen sein, darunter allein 10.000 kampferprobte Krieger. Aufgrund ihrer Kampfkraft konnte sich Nikomedes I gegen seinen Bruder im Kampf um die Vorherrschaft durchsetzen.

Tempel des Apollon von Didyma bei der Stadt Milet von Kelten überfallen

kelten strukturen 2Nach dem dann Kampfkraft und Durchsetzungswille der Kelten von Nikomedes I nicht mehr benötigt wurden, entließ er die Kelten aus seinen Diensten damit sie sich im Land ansiedelten, wie es vereinbart war. So sollten sich die Trokmer am Hellespont, die Tolistobogier in Äolien und Ionien und Tektosagen im Gebiet der Phryger niederlassen. Dies entsprach natürlich in keiner Weise dem bisherigen Lebensstil der Kelten, die umgehend begannen, ihre neue Umgebung zu plündern. So wurde im Jahr 277 vor Christus auch der Tempel des Apollon von Didyma bei der Stadt Milet von Kelten überfallen und geplündert. Gleiches geschah auch im Land der Phryger durch die plündernden Truppen der Tektosagen. In den Aufzeichnungen über diese Plünderungen tauchte der Begriff der Galater als Pseudonym für die Kelten auf, denn das Wort Galater ist urverwandt mit Kelten. Auch war ihre Eigenbezeichnung Galatai. Von römischen Autoren wurden sie dagegen als Gallo-Griechen bezeichnet.

Antiochus I  im Jahr 275 in der sogenannten „Elefantenschlacht"

kelten strukturen 1Durch die ständigen Plünderungen reichlich genervt, zog der Seleukidenkönig Antiochus I  im Jahr 275 in der sogenannten „Elefantenschlacht“ gegen die Galater zu Felde und konnte, trotz zahlenmäßiger Überlegenheit der Galater, diese durch den Einsatz von Kriegselefanten besiegen. Noch in seiner Amtszeit zwischen 281 und 261 vor Christus wurden den besiegten Galatern feste Wohnsitze zugeordnet. So wurden die Tolistobogier in und um die alten phrygischen Städte Gordion und Pessinus im Zentrum des alten Phrygerreiches, die Tektosagen in der Region um Ankyra und die Trokmer in Tavium angesiedelt, woraus sich später die Provinz Galatia entwickelte. Trotz jetzt starker Kontrolle über die Aktivitäten der Galater konnte deren Drang zu Plünderungen nie ganz eingedämmt werden, so das Antiochus II während seiner Amtszeit zwischen 261 bis 246 vor Christus eine sogenannte „Keltensteuer“ einführte. Die Provinzen zahlten eine Gebühr, die dann an die Galater ausbezahlt wurde damit diese ihre Überfälle einstellten. Diese Zahlungen waren natürlich keine optimale Lösung des Problems und so verweigerte König Attalos I (241 – 197 vor Christus) von Pergamon die Zahlungen der ihm auferlegten Steuern und bekämpfte in das Reich Pergamon einfallende Kelten so lange, bis diese ihre Aktivitäten endgültig einstellten.

Im Jahr 196 vor Christus wurde die Stadt Lampsakos von den Tolistobogiern überfallen, deren Bewohner daraufhin die vordringenden Römer um Hilfe baten. Dies wiederum führte zu einem Bündnis von 5.500 Kriegern der Galater mit dem Seleukidenkönig Antiochus III, um gemeinsam die Römer zu besiegen. Nachdem jetzt auch die Römer ein großes Heer zusammengestellt hatten, konnten sie die Galater zur Flucht in die Berge zwingen. Gruppen der Tolistobogier verschanzten sich auf ihrer Flucht auf dem Berg Olympos, die Tektosagen und Trokmer auf dem Berg Magaba in der Nähe von Ankyra. Trotz der Flucht gelang den Römern die Gefangennahme von mehr als 40.000 Gegnern, die dann als Sklaven verkauft wurden. Die verbliebenen Galater gingen in der Folge ein Bündnis mit den Römern ein.

Solovettius wird auch weiterhin in das Reich Pergamon einfallen

kelten strukturen 4Als im Jahr 193 vor Christus Ortiagon die Alleinherrschaft über alle Galater für sich beanspruchte, wurde er von Eumenes II von Pergamon besiegt. Eumenes II wiederum war ein erklärter Feind der Römer, was diese wiederum ausnutzten um die mit ihnen verbündeten Galater zu unterstützen. So konnten die Galater unter ihrem Anführer Solovettius auch weiterhin in das Reich Pergamon einfallen. Erst im Jahr 166 vor Christus erklärten die Römer die Galater als autonomes Volk mit eigenem Gebiet, allerdings mit der Bedingung in dem Gebiet dauerhaft zu verbleiben.

Mit der Eingliederung des Reiches von Pergamon als Provinz Asia in das Römische Weltreich im Jahr 129 vor Christus war es dann der König Mithridates VI von Pontos, dem es gelang, die Galater zu unterwerfen. DerMythologie entsprechend ließ Mithridates im Jahr 86 vor Christus sämtliche galatische Adlige ermorden, da auch nach der Unterwerfung weiterhin geplündert und gemordet wurde. Lediglich drei der galatischen Tetrarchen verschonte er. Einer dieser drei Tetrarchen war der Adlige Deiotaros Philorhomaios, der als Tetrarch der Tolistobogier nur wenig später versuchte alleiniger Herrscher über die Galater zu werden. Während seiner Führungszeit zwischen 86 und 40 vor Christus verheiratete er zwei seiner Töchter mit den jeweiligen Anführern der Trokmer (Brogitaros,  Tetrarch der Trokmer) und der Tektosagen (Kastor Tarkondarios, Tetrarch der Tektosagen). Als Deiotaros dann auch noch seinen Schwiegersohn Brogitaros verschwinden lies, hatte er sein Ziel der absoluten Alleinherrschaft für kurze Zeit erreicht.

Alleinherrschaft über alle Galater

kelten strukturen 13Dies wiederum gefiel Rom überhaupt nicht und es begann sich erneut in die Politik der Galater einzumischen. So war es letztendlich Julius Caesar, der den Volksstamm der Trokmer einem Neffen des Brogitaros beiordnete, dem herrschenden König Mithridates von Pergamon. Mit der Ermordung Julius Caesars sah dann Deiotaros erneut die Chance zur Alleinherrschaft über alle Galater und ließ deshalb seinen zweiten Schwiegersohn Kastor Tarkondarius sowie auch seine mit diesem verheiratete Tochter ermorden. Da König Mithridates schon 46 vor Christus umkam, konnte Deiotarus im Jahr 44 vor Christus endlich sein Lebensziel erreichen: die Alleinherrschaft über alle Galater. Nur wenige Jahre später, Deiotarus war verstorben, wurde Galatien unter König Amyntas (36 – 25 vor Christus) in das Römische Reich integriert. Hauptstadt der Römischen Provinz Galatia wurde Ankyra, das moderne Ankara.

kelten strukturen 5Trotz mehrfacher Veränderungen der Grenzen der Provinz Galatia, konnten noch im Jahr 400 nach Christus keltisch sprechende Völker in der Region durch den Kirchenvater Hieronymus auf Grund ihrer angestammten Kulturmit stark hellenistischem Einschlag nachgewiesen werden. Für den bibelkundigen Leser sei noch erwähnt, das im Brief von Paulus an die Galater diese auch im Neuen Testament erwähnt werden.

Heute ist sich die Wissenschaft uneinig, ob in diesen Briefen des Paulus die Landschaft Galatien angesprochen wurde oder aber die gesamte Römische Provinz Galatia. Sollte die römische Provinz gemeint sein, würde das Gebiet auch Landstriche Phrygiens, Pisidiens und Lykaoniens beinhalten, durch die Paulus während seiner ersten Missionsreise wanderte und dabei Städte wie Antiochia, Ikonion, Lystra und Derbe besuchte. Möglicherweise gehörte damals sogar Attalia und Perge zur römischen Provinz Galatia, was sich aber bis heute nicht eindeutig belegen lässt.

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