Lykien - zwischen Fethiye und Antalya
Das Gebiet, das man in der Antike Lykien nannte, erstreckt sich auf der westlichen der beiden halbkreisähnlichen Ausbuchtungen der kleinasiatischen Südküste zwischen Fethiye und Antalya.
Es dauerte eine Weile, bis sich feste Grenzen herausbildeten; wahrscheinlich war das Gebiet lange weniger einheitlich, als es von außen den Anschein hatte. (Ursprünglich galt vielleicht nur das Xanthostal als Lykien.) Lykien grenzt im Westen an Karien. Die Grenze verlief ungefähr am Fluss Axon (Kirten Dere). Im Norden grenzte es an Pisidien und Phrygien, im Osten an Pamphylien. Die Landschaft ist teilweise sehr rau und zerklüftet mit Gipfeln bis über 3000 Metern.
Die wichtigsten Zentren Lykiens sind das schon in der Ilias erwähnte Xanthos mit dem berühmten Letoon, Patara, die Zentralstadt des Lykischen Bundes und Sitz der Provinzialregierung in Römischer Zeit und berühmt wegen seines Orakels des Apollon, das in der Frühzeit im Wettstreit mit Delphi lag, Limyra und schließlich Myra mit seinen berühmten Felsgräbern.
Eine Besonderheit Lykiens sind die sogenannten Ortspaare, ein dort häufig anzutreffendes Siedlungsmuster. Dabei wird einem Hafenort an der Mittelmeerküste ein entsprechender Ort in den Bergen zugeordnet. Als Beispiel sei Antiphellos genannt, das heutige Kaş. Die Hafenstadt bildete in der Antike mit dem Bergort Phellos im nahen Hinterland eine Gemeinde. Xanthos bildete mit der Hafenstadt Patara das wichtigste Städtepaar Lykiens. Diesem besonderen Siedlungstyp widmete der Althistoriker Martin Zimmermann von der Ludwig-Maximilians-Universität München sein Forschungsthema. Er stellte an dem Paar Tyberissos und Timiussa (Üçağız) fest, dass fremde Einflüsse sich vorwiegend in der Bergsiedlung Tyberissos, das auf einer schwer zugänglichen Bergkuppe lag, zuerst bemerkbar machten, im Hafenort jedoch nicht. Im Falle Phellos-Antiphellos war es aber umgekehrt: Hier breiteten sich die griechischen und später römischen Einflüsse in der Hafenstadt aus, während die Bergsiedlung lykische Traditionen gleichsam konservierte.
Die Lykier waren ein Volk mit eigener Kultur, eigener Schrift und eigener Sprache, dem Lykischen. Ihre Sprache ist mit dem Luwischen verwandt.
Bemerkenswert ist der ausgeprägte Hang zur Anlage repräsentativer Grabstätten, die geradezu allgegenwärtig sind. Zu den auffälligsten Grabtypen zählen Felsgräber, deren Fassaden eine indigene Holzarchitektur in Stein umsetzen, Pfeilergräber (auch Grabpfeiler genannt) wie das sogenannte Harpyienmonument von Xanthos und steinerne Sarkophage mit dem landschaftstypischen spitzbogigen Deckeln. Schon seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. unterliegt Lykien - obgleich niemals wirklich griechisches Kolonisationsgebiet - griechischem Einfluss, der sich insbesondere seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. verstärkt.
In der Ilias tauchen Lykier unter der Führerschaft ihrer Heroen Sarpedon und Glaukos als Verbündete der Trojaner auf. Historisch gesichert ist, dass Lykien, das Kroisos nicht hatte erobern können, um 540 v. Chr. von persischen Truppen eingenommen wurde. In den folgenden knapp zwei Jahrhunderten wurde das Land von einer Reihe kleinerer Fürsten beherrscht, die wohl untereinander in scharfer Konkurrenz und wechselnden Abhängigkeitsverhältnissen standen und in der Forschung als "Dynasten" bezeichnet werden. Bis etwa 400 v. Chr. scheinen die Dynasten von Xanthos das Land dominiert zu haben, doch um 380 scheint es dem Dynasten Perikles von Limyra gelungen zu sein, ganz Lykien unter seine Kontrolle zu bringen. Er beanspruchte den Titel Basileus. Um 360 aber wurde er von den Persern, mit denen er in Konflikt geraten war, gestürzt. Lykien wurde Mausolos II., dem Satrapen von Karien, unterstellt; die Zeit der Dynasten war vorüber. 334 eroberte Alexander der Große das Gebiet; 309 fiel es an die Ptolemäer, 197 an die Seleukiden, 188 an Rhodos. 167 erklärten die Römer das Gebiet für unabhängig; spätestens jetzt organisierte sich das Land als Lykischer Bund. 43 n. Chr. wurde es unter Kaiser Claudius als Provinz in das Imperium Romanum integriert, seit Vespasian bildete Lykien gemeinsam mit seiner Nachbarregion für gut 200 Jahre die Provinz Lycia et Pamphylia.