Carnuntum – das Amphitheater der Militärstadt
- Geschrieben von Portal Editor
Wir waren vom Heidentor entlang der Heidentorgasse bis in den Ortskern von Petronell-Carnuntum zurückgelaufen, dann an der Hauptstraße der Beschilderung zum Militärlager gefolgt.
Als wir fast am Ortsausgang waren und keine weitere Beschilderung mehr vorfanden, waren wir hinsichtlich des Militärlagers etwas verunsichert und kehrten zum Parkplatz zurück. Vielleicht war es Glück oder „Vorsehung“, denn so stießen wir auch die wirklich alte Rundkapelle „Heiliger Johannes der Täufer“, kurz vor dem Parkplatz auf einer Wiese gelegen. Wir hatten schon berichtet.
Mit dem Auto ging es dann entlang der Hauptstraße durch den Ort, wo wir dann der Wiener Straße, besser der L 167 folgten, bis wir in der ersten Kurve auf einen leeren Parkplatz und das gesuchte Militärlager stießen, eigentlich kaum zu übersehen. Aber wenn man es nahe des eigentlichen Ortes Carnuntum vermutet, doch wieder nicht so verwunderlich, eher schon die immense Ausdehnung der römischen Siedlungen hier vor Ort. Vom Parkplatz aus ging es dann zunächst hinab zum Westtor des Amphitheaters.
U-förmiger Tierzwinger am Westtor des Militärlagers
Der erste Blick auf die in ihrer Gesamtheit ausgegrabenen Militäranlage zeigte auch deren Nutzung heute, so gab es eine kleine Tribünenanlage moderner Bauart, die auf Römerspiele hindeutete. Im Westtor selbst fanden wir eine kleine Nische vermutlich zur Aufnahme einer Götterstatue und an seiner Nordseite ein nachträglich hinzugefügter, aus zwölf Steinpfeilern bestehender, U-förmiger „Tierzwinger“ (vivarium) mit heute noch sichtbaren konischen Einlassnuten für Gitter eingebaut. Der Platz rund um den Tierzwinger war gepflastert. Innen befand sich ein gepflasterter Mittelweg. Am Durchlass in die Arena waren noch die Steinschwelle und ein Riegel- und ein Türpfannenloch zu erkennen.
Hinein in das Amphitheater – Gladiatorenkämpfe in der Arena?
Das Amphitheater der MIlitärstadt ist die einzige Ausgrabungsstätte der Canabae, die heute vollständig zu besichtigen ist. Man vermutet, dass diese Arena vorrangig als Waffenübungsplatz für die Legionäre diente. Wahrscheinlich fanden aber auch Gladiatorenkämpfe (munera) und Schaujagden (venationes) statt, vermutlich speziell für die Truppen arrangierte Spiele.
Das Amphitheater war anfangs ein weitgehend freistehender Bau, der weit weniger in das natürliche Terrain einschnitt als bislang vermutet wurde. Seit dem 3. Jahrhundert wurden rund um das Theater Wohn- und Gewerbehäuser errichtet, die sich in Richtung Caveamauer ausbreiteten. Einige der Wohn- und Geschäftshäuser waren mit Schlauchheizungen ausgestattet. In der Folge herrschte eine gemischte Bebauung vor, wobei sich Wohn- und Gewerbebauten überlagerten. Es konnten auch zwei Kuppelöfen sowie eine Grube, in der Kalk gebrannt wurde, nachgewiesen werden. In einem der Öfen wurde eine äußerst seltene Münze mit dem Porträt der Dryantilla, Gattin des Usurpators Regalianus, entdeckt.
Der frühe Theaterbau entstand in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts und war bis auf die Substrukturen vollkommen aus Holz. Dieser hölzerne Bau wurde im 2. Jahrhundert, vielleicht sogar planmäßig, niedergebrannt. Das in Stein errichtete Amphitheater war laut einer fragmentierten Bauinschrift aus dem Legionslager in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts von einem gewissen Caius Domitius Zmaragdus aus Antiochia, Ratsherr der Zivilstadt und vielleicht als Armeelieferant zu Reichtum gelangt, der Legion gestiftet worden. Vermutlich wurde es zu Beginn der Markomannenkriege wieder zerstört. Es war nach seinem Wiederaufbau noch bis um 300 nach Christus in Betrieb und wurde bis dahin immer wieder ausgebessert (Mauerungen in Fischgrättechnik), aber schließlich zur Gewinnung von Baumaterial für die Renovierung des Legionslagers unter Valentinian abgebrochen. Die heute sichtbaren Mauerstrukturen sind durchwegs Wiederaufbauten, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind.
Amphitheater von beachtlicher Größe im MIlitärlager
Das 97,55 × 76,40 Meter große, mehrphasige Gebäude stand in rund 110 Meter Entfernung gegenüber der Nordostseite des Legionslagers, knapp an der Limesstraße in einer natürlichen Bodensenke. Es lag ca. 14 Meter tiefer als das Legionslager und schränkte daher die Sicht auf das Vorfeld nicht ein. Das Gebäude hatte einen von Osten nach Westen ausgerichteten elliptischen Grundriss, die Arena (cavea) maß 72 × 44 Meter, die umlaufenden Sitzreihen boten Platz für 8000 Zuschauer. Da sich der Platz in Richtung Norden hin zur Donau absenkte, musste dort die äußere Mauer etwas höher gebaut und mit Stützpfeilern verstärkt werden. Die im Kern aus Bruchsteinen bestehende, 1,5 Meter breite Arenamauer war mit handbearbeiteten Quadern verkleidet und ursprünglich rot bemalt. Sie war durch die speichenförmig angeordneten Stützmauern mit der Außenmauer und mit der inneren Caveamauer über radial oder speichenförmig aufgereihte Mauern verbunden, die die Sitzbänke der Zuschauertribünen aus Holz trugen. Die unterste Reihe der Sitzplätze lag direkt auf einer Erdaufschüttung. Die höheren Ränge auf einer Holzkonstruktion konnten über Treppen erreicht werden. Vor ihr stand eine aus Quadern errichtete Mauer, die sogenannte Podiumsmauer, die den Kampfplatz eingrenzte. Ihre mit metallenen Schwalbenschwanzklammern verbundenen Blöcke waren ursprünglich mit einer hellen Kalktünche überzogen und farbig eingefasst. Neben Inkrustationsmalerei (Schmucksteinimitationen), die an Verputzresten nachgewiesen werden konnte, waren auf ihr vermutlich auch Kampfszenen dargestellt.
Be- und Entwässerungsanlagen noch funktionstüchtig
Der Boden der Arena bestand aus Stampflehm; nur ein kleiner Abschnitt war, vermutlich erst nachträglich, mit Steinplatten gepflastert worden. In ihrer Mitte befand sich ein rechteckiges Wasserbecken, das, mit einem Überlauf versehen, bei Bedarf über einen Kanal durch das Nordtor entwässert werden konnte und wohl auch zur Reinigung des Kampfplatzes verwendet wurde. Das heute aus Sicherheitsgründen abgedeckte Becken wird von einem nach wie vor funktionsfähigen Ringsammler gespeist, der gleichzeitig auch das Regenwasser ableitet. Der Abflusskanal bestand aus Tonröhren, die das Abwasser direkt in die Donau leiteten. Während der Vorstellungen wurde es mit Holz abgedeckt. Längs der Arenamauer befand sich ein weiterer Kanal, der ebenfalls den Kampfplatz entwässern sollte.
Im Zentrum der südlichen Zuschauertribüne befand sich die aufwändig gestaltete „Kaiser- oder Statthalterloge“ (pulpitum). Sie konnte über einen eigenen Zugang betreten werden. Die beiden Säulen wurden erst bei der Sanierung des Theaters im 19. Jahrhundert vom Legionslager dorthin gebracht. Die Loge war wohl nur für besonders hochgestellte Ehrengäste der Spiele bestimmt. Ihr gegenüber, direkt über dem Nordtor, lag die für den Stadtmagistrat der Zivilstadt mit steinernen Sitzbänken. Die Inschrift zu Ehren der vier Ratsmitglieder wurde rekonstruiert. Das Nordtor diente auch als Leichenkammer, zum Abtransport von Tierkadavern und zum Durchleiten des Entwässerungskanals.
Die Hauptzugänge lagen im Osten und Westen des Gebäudes. Es handelte sich um dreigliedrige, verschließbare Toranlagen, die sich trichterförmig von außen nach innen verjüngten. Sie waren in aufwändiger Werksteinarchitektur gestaltet, wobei ein Block bis zu 750 kg wog. Die Zuschauer gelangten von außen über sogenannte Vomitorien in das Amphitheater. Spuren dieser Aufgänge befanden sich unter anderem nördlich des Osttores.
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