Türkischer Film "Tal der Wölfe" sorgt für Skandal

Türkischer Film

Wenige Monate nach dem Tod von neun Menschen bei dem israelischen Angriff auf die türkische Gaza-Flottille am 31. Mai wird die schwerste Krise im Verhältnis zwischen der Türkeiund Israel cineastisch aufgearbeitet.

Zur Völkerverständigung wird der Film "Tal der Wölfe - Palästina", der am 28. Januar in die Kinos kommt, aber sicher nicht beitragen.

Im Gegenteil: "Tal der Wölfe - Palästina" dürfte für neuen Ärger und für Kopfschütteln im Westen sorgen. Genau das ist seit Jahren die Spezialität der Serie "Tal der Wölfe". Die Fernsehserie und eine Reihe von Kinofilmen um den fiktiven, schweigsamen und nationalistischen türkischen Geheimagenten Polat Alemdar sorgen immer wieder für Aufregung und Publikumserfolge, und zwar mit einem einfachen, auch in Hollywood altbewährten Rezept: Wie einst "Rambo" nimmt Agent Alemdar auf der Leinwand Rache an finsteren Mächten. Bei Rambo waren das Sowjets oder ostasiatische Despoten - bei Alemdar sind es Amerikaner und Israelis.

Nach dem US-amerikanischen Einmarsch im Irak vor sieben Jahren stellte Alemdar im Kino die Ehre der türkischen Armee wieder her, nachdem US-Truppen einige türkische Soldaten im Norden des Irak festgenommen und mit Säcken über den Kopf wie Terroristen abgeführt hatten. Zu Beginn dieses Jahres zeigte die "Wölfe"-Fernsehserie israelische Soldaten als äußerst brutale und gewissenlose Halunken. Die israelische Regierung reagierte damals, indem sie den türkischen Botschafter vor laufenden Kameras demütigen ließ.

Dass die Produktionsfirma Pana Film das Thema nicht auf sich beruhen lassen würde, war angesichts der in derTürkei weit verbreiteten Kritik an Israel klar. Als die Israelis dann Ende Mai die Gaza-Flottille stürmten, änderte Pana Film eilig das Drehbuch für den neuen Kinofilm um Alemdar und stellte die Rache für die "Mavi Marmara" in den Mittelpunkt. Die Filmcrew erhielt sogar die Erlaubnis, einige Szenen an Bord des inzwischen aus Israel in dieTürkei zurückgekehrten Schiffes selbst zu drehen.

Nicht immer ist "Tal der Wölfe" so sehr um Authentizität bemüht. Nach den von Pana Film veröffentlichten Ausschnitten des neuen Films zu urteilen, erscheinen die Israelis im "Tal der Wölfe - Palästina" wieder einmal als machthungrige und äußerst rücksichtlose Monster. Während israelische Soldaten die "Mavi Marmara" angreifen und gefesselte Gefangene in den Rücken schießen, denken ihre Chefs in dem Clip laut über die Gründung eines "Groß-Israel" nach. Agent Alemdar erscheint als Held, der diesen Umtrieben die Stirn bietet. Einem israelischen Soldaten sagt er, er reise nicht nach Israel ein, "sondern nach Palästina". In der Film-Vorschau werden israelische Soldaten reihenweise erschossen oder in die Luft gejagt.

Obwohl bis zum Kinostart von "Tal der Wölfe - Palästina" noch mehr als zwei Monate vergehen werden, wird schon jetzt darüber diskutiert, ob der Film eine im Grunde harmlose, wenn auch nicht immer geschmackvolle, Unterhaltung darstellt, oder ob sich hier bedenkliche politische Tendenzen offenbaren. Innerhalb und außerhalb derTürkei könnte der Film den bereits vorhandenen Sorgen über eine angebliche Abwendung Ankaras vom Westen neuen Auftrieb geben.

Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan stand nach dem Angriff auf die "Mavi Marmara" kurz vor dem Abbruch ihrer Beziehungen zum traditionellen Partner Israel. Die Flottille-Krise ist nach wie vor nicht beigelegt. Er würde sich nicht wundern, wenn der Film eine Szene enthalte, in der Agent Alemdar von Erdogan persönlich beauftragt werde, die "Mavi Marmara" zu rächen, schrieb der Kolumnist Ahmet Hakan in der Zeitung "Hürriyet".

(APA)

Hassgrüße aus Ankara - Neuer "Tal der Wölfe"-Film / Von Ulrike Putz und Daniel Steinvorth, Beirut undIstanbul

Ein türkischer James-Bond-Klon reist nach Israel, um die Verantwortlichen für den Angriff auf die Gaza-Flottille zu massakrieren: Der Kinofilm "Tal der Wölfe - Palästina" soll die Rachegelüste der Türken befriedigen - und provoziert mit antisemitischen Untertönen.

Der Trailer könnte reißerischer nicht sein: Da wird geballert und gebombt, gemordet und gefoltert, zwischendurch giften Schurken, spricht der Held markige Worte. Für den 28. Januar 2011 verspricht schließlich ein Schriftzug ein grandioses Kinospektakel: Dann wird "Tal der Wölfe - Palästina" in die türkischen Kinos kommen. Der Beginn einer neuen Eiszeit zwischen Israel und der Türkei dürfte auf eben jenen Tag fallen.

Denn in der neuesten Episode der in der Türkei alle Kinokassen-Rekorde brechenden "Tal der Wölfe"-Reihe legt sich Geheimagent Polat Alemdar mit einem mächtigen Feind an: mit Israel, genauer mit den Verantwortlichen für das Blutbad an Bord der Gaza-Flotilla. Anfang Mai erschossen israelische Soldaten bei der Kaperung von sechs Hilfsschiffen mit Kurs Gaza neun türkische Passagiere. Seitdem ist das ehemals gute Verhältnis zwischen Ankaraund Jerusalem zerrüttet, das türkische Ego angekratzt.

Geheimagent Polat Alemdar soll da nun Abhilfe schaffen. Der türkische James-Bond-Verschnitt hat ausgiebig Erfahrung, was die cineastische Abrechnung mit den Widersachern der Nation angeht: Seit Jahren bekämpft er - zuerst in einer kontrovers diskutierten Fernsehserie, später dann auf der großen Leinwand - verschlagene Kurden, imperialistische Amerikaner und tumbe Araber. Auch die Israelis bekamen in der Vergangenheit nebenbei immer mal einen Hieb ab.

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