Ankara - Das Werden einer Hauptstadt in der Türkei

Ankara - Das Werden einer Hauptstadt

In einigen unserer Artikel haben wir die starke Präsenz deutschsprachiger Politiker, Architekten und Künstler bereits thematisiert, die im 19. Jahrhundert aber vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus hier in der Türkei sehr aktiv waren.

Dank einer Veranstaltung in Izmir konnten wir jetzt eine hervorragend gemachte Dokumentation über die Spuren deutschsprachiger Architekten in Ankara erhalten, die in Kooperation mit der Deutschen Botschaft, dem Goethe Institut Ankara, der Ernst Reuter Initiative sowie der türkischen Architektenkammer in Ankara erstellt wurde.

Auf mehr als 400 Seiten werden hier nicht nur die Kurzbiografien der beteiligten Architekten, Bildhauer und Baumeister vorgestellt sondern auch deren Werke in einer großen Anzahl meist ganzseitiger Bilder dokumentiert. Die Fotografien allein sind schon des Betrachtens Wert, da verschiedene Fototechniken und Objektivlinsen eingesetzt worden sind. Schon während des ersten Durchblätterns entstand beim Leser eine gewisse Verwunderung, trotz Kenntnis der Tatsache der Anwesenheit verschiedenster Berufsgruppen in der Türkei, ob der Vielzahl und der Bedeutung der Bauten, an deren Planung und Erstellung die Architekten allein verantwortlich oder zumindest beteiligt waren.

Architekt Clemens Holzmeister und viele andere

Allein der aus Österreich stammende Architekt Clemens Holzmeister, der neben dem Sitz des Staatspräsidenten, dem Verteidigungsministerium, dem Innenministerium, dem Revisionsgericht, dem ehemaligem Handelsministerium und dem Türkischen Parlament viele weitere Bauten entworfen und geplant hat, zeigt die enge Verbundenheit der damals jungen Türkischen Republik mit den deutschsprachigen Übersiedlern, besser Flüchtlingen.

Enge Mitarbeiterin von Clemens Holzmeister war Gudrun Baudisch, die ebenfalls mitverantwortlich am Sitz des Staatspräsidenten beteiligt war. Paul Bonatz entwarf die Staatsoper, die naturwissenschaftliche Fakultät und das Gazi Lehrerseminar, Ernst Egli die Schweizerische Botschaft, die Irakische Botschaft und den Flughafen Etimesgut sowie den Flughafen Inönü. Martin Elsaesser entwarf den Friedhof Cebeci, Franz Hillinger die Philologische Fakultät und das Atatürk Gymnasium Ankara. Werner Issel das Elektrizitäts- und Gaswerk, Theodor Jost das Gesundheitsministerium, Bernhard Pfau die Verwaltungsgebäude der Zuckerfabriken Ankara.

Die architektonische Mitgestaltung der Hauptstadt Ankara

Schon bei der Vorplanung Ankaras zur zukünftigen Hauptstadt der Türkei waren namhafte Stadtplaner wie Hermann Janssen, der maßgeblich für den Ankara Plan verantwortlich gewesen ist, Carl Cristoph Lörcher, der den ersten Bebauungsplan der Stadt Ankara entwickelt hatte, wozu immenser Bedarf an Wissen und Umsetzungskapazität notwendig und auch vorhanden war. Die Mitgestaltung einer neuen Hauptstadt mit zu verantworten ist schon eine Aufgabe, deren Bedeutung und Auswirkung  bis heute nachwirken. Immer wieder taucht zwischen Deutschen und Türken die Frage auf, was eine solch starke Bindung zwischen den Volksgruppen verursacht haben könnte. Die architektonische Mitgestaltung der Hauptstadt Ankara gehört mit in der Liste der Gründe dafür.

Alle Erläuterungen des Bildbandes werden zweisprachig in Türkischer und in Deutscher Sprache angeboten. Der Bildband ist damit nicht nur eine Dokumentation der architektonischen Entwicklung Ankaras zur Hauptstadt sondern auch ein weiterer Beleg dafür, welche Ziele umgesetzt werden können, wenn man Nationaldenken in den Hintergrund schiebt und einfach an das Miteinander denkt, auch wenn die Gründe des Miteinander erzwungen scheinen.

Das Werden einer Hauptstadt

Spuren deutschsprachiger Architekten in Ankara

ISBN 978-3-00-034624-8

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