Serbien im Wandel – Ansätze des Verstehens
- Geschrieben von Portal Editor
Oft schon sind wir durch Serbien gefahren, haben gemeinsam mit Dusan vom Camperstopp Belgrad auch hier die noch bestehenden Schäden der Konflikte während des so genannten Balkankrieges in der Hauptstadt gesehen, die wohl als Mahnmale erhalten bleiben sollen.
Auch den Bau der wirklich aufwendigen Kirche des heiligen Sava haben wir im Rahmen unserer Erkundungen besucht und in einem Artikel beschrieben. Gründe genug, sich auch mit der religiösen Entwicklung des Landes und den verschiedenen religiösen Gruppen etwas genauer zu beschäftigen. Vielleicht werden auf diese Art und Weise auch die einzelnen Positionen der anderen Länder des Balkans und ihre dadurch bedingten politischen Ausrichtungen etwas klarer, so wird der zunehmende Einfluss des religiösen, türkischen Islam auch in Serbien deutlich, obwohl die überwiegende Mehrheit der Einwohner Serbiens Christen sind. Etwa 6,3 Millionen Bürger Serbiens, somit die Mehrheit der Bevölkerung, bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche, was etwa 84,6 Prozent der Bürger Serbiens entspricht (ohne den Kosovo einzubeziehen). Neben dem Bekenntnis zum christlich-orthodoxen Glauben gibt es etwa 5 Prozent Katholiken, 1 Prozent Protestanten und einige wenige neuapostolische Christen. In Serbien sind momentan auch etwa 3,1 % Muslime ansässig. Als konfessionslos bezeichnen sich 3,1 Prozent der Bevölkerung, als Atheisten 1,1 Prozent und als Agnostiker 0,1 Prozent.
Religion - Die Anfänge des Christentums in Serbien
Die ursprünglich "heidnischen" Slawen besiedelten aus dem Norden kommend seit dem Ende 6. Jahrhunderts die Balkanhalbinsel. Die serbischen Stämme kamen zwar in dieser Zeit mit dem Christentum in Kontakt, denn die alteingesessene Bevölkerung war bereits seit über 200 Jahren christlich orientiert, aber es sollte mehrere Jahrhunderte dauern, bis die Südslawen den neuen Glauben annahmen. Vielmehr brachte die Landnahme der Slawen auf dem Balkan zunächst den Untergang der meisten antiken Bischofssitze zwischen Donau und Ägäis.
Kaiser Leon VI. gliederte im Jahr 732 das westliche Illyricum dem Patriarchat von Konstantinopel an, doch beanspruchte der römische Papst auch weiterhin die kirchliche Jurisdiktion. Nach der Errichtung des byzantinischen Themas Dalmatien um 870 gesellte sich zum lateinischen Einfluss in den Küstenstädten auch ein griechischer Einfluss. Um 860–870 missionierten Konstantin und Methodios im Gebiet der Morava. Methodios war auch Erzbischof von Pannonien mit Sitz in Syrmium, dem heutigen Sremska Mitrovica. Unter seiner Kirchenleitung sollen sich nach verschiedenen Quellen ebenso die serbischen Stämme befunden haben.
Eine kardinale Rolle bei der Gründung der serbischen Kirche spielte Sava
Zu Nemanjas Zeiten war die kirchliche Organisation in der Hand des Erzbistums Ohrid, mit seinen Bistümern in Niš, Ras, Prizren, und Lipljan, sowie vorübergehend in Drač. Infolge des Vierten Kreuzzugs zerfiel das byzantinische Reich in zwei Teile. Über den westlichen Teil herrschte der Despot von Epirus, Theodor Angelos Komnenos Dukas, welcher dem Nemanjiden-Staat feindlich gesinnt war, und auf dessen Territorium sich der Sitz des Erzbistums Ohrid befand.
Nemanjas Söhne Stefan und Sava nutzten die Wirren nach der Errichtung des Lateinischen Kaiserreiches, um eine vom Erzbistum Ohrid unabhängige Kirche ins Leben zu rufen. Sava begab sich 1219 nach Nikaia, wo der vertriebene Kaiser Theodor I. Laskaris und der Konstantinopler Patriarch Manuel I. Sarantinos residierten, und erbat ihre Erlaubnis für die Gründung eines serbischen Erzbistums. Die Bitte wurde ihm gewährt und Sava wurde noch im selben Jahr zum Bischof geweiht und zum Erzbischof ernannt.
Nach seiner Rückkehr bestimmte Sava das Kloster Žiča, eine Stiftung seines Bruders Stefan, zum Sitz des Erzbischofs. Darüber hinaus errichtete er zehn Bistümer, davon acht in Raszien (Ras, Toplica, Moravica, Dabar, Budimlje, Hvosno, Prizren und Lipljan), und je eine in Zeta (bei Kotor) und Zachlumien (in Ston). Im Zuge der Expansion des serbischen Reiches kamen folgende Bistümer schrittweise hinzu: Belgrad, Braničevo, Niš, Banjska, Lipljan, Velbužd, Skoplje, Tetovo und Debar.
Mit der Erneuerung des serbischen Staates Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch die Selbstständigkeit des Erzbistums von Belgrad erneuert. Aufgrund der politischen Verhältnisse war die serbisch-orthodoxe Kirche jedoch nicht geeint. Neben dem Erzbistum von Belgrad gab es das Erzbistum von Sremski Karlovci in der Vojvodina und Südungarn, das Erzbistum von Montenegro und die serbisch-orthodoxe Kirche in Bosnien-Herzegowina und Dalmatien (1878 zu Österreich-Ungarn), deren Leitung dem orthodoxen Erzbischof der Bukowina und Galiziens oblag.
Seit 1920 besteht ein Serbisches Patriarchat
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mit der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (später: Königreich Jugoslawien) auch die Vereinigung der serbisch-orthodoxen Kirche möglich. Der serbischen Kirche wurde vom ökumenischen Patriarchen die Autokephalie zugestanden und der Metropolit von Belgrad, Dimitrije Pavlović, wurde 1920 als erster Patriarch des erneuerten serbischen Patriarchats anerkannt.
Im Zweiten Weltkrieg hatte die serbisch-orthodoxe Kirche schwerste Opfer zu beklagen. Allein unter der Herrschaft der vorwiegend katholischen Ustascha-Faschisten in Kroatien wurden drei Bischöfe und 515 Priester ermordet. Der serbische Patriarch Gavrilo Dožić wurde 1941 zuerst in einem Kloster inhaftiert und 1944 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt.
Dem faschistischen Terror folgte die Zeit des sozialistischen Jugoslawien unter Führung des Bund der Kommunisten mit Tito an der Spitze. Obwohl die Beziehungen der jugoslawischen Kommunisten zur serbisch-orthodoxen Kirche nicht optimal waren, gestand man ihr doch Freiheiten zu, die in anderen Ostblockstaaten undenkbar gewesen wären.
Die serbisch-orthodoxe Religion und Arbeitsmigration
Heute gehören der serbischen-orthodoxen Kirche 40 Diözesen in der ganzen Welt mit gut 3600 Gemeinden und 2000 Priestern an. Rund 80 Prozent der elf Millionen Serben weltweit bekennen sich zur orthodoxen Kirche. In der Kirche gibt es über 200 aktive Klöster mit etwa 230 Männern und 1000 Frauen, die ihr weltliches Leben dem mönchischen Dasein geweiht haben.
Die serbisch-orthodoxe Kirche in Deutschland ist eng mit der Arbeitsmigration der serbischen Bevölkerung in Deutschland verbunden. Nach eigenen Angaben zählt die serbisch-orthodoxe Kirche in Deutschland mehr als 250.000 Gläubige. Der Bischofssitz der serbisch-orthodoxen Eparchie Deutschland und Mitteleuropa befindet sich seit 1978 in Himmelsthür, einem Ortsteil von Hildesheim.
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