Van / Tušpa – Hauptstadt des Urartäischen Reichs
Beschäftigt man sich nur ein wenig mit der Geschichte der Stadt Van, findet man ebenfalls eine sehr weit zurück reichende Historie die sich bis etwa 5.000 vor Christus verfolgen läst.
Erste Spuren menschlicher Besiedlung lassen sich am Tilkitepehügel (Fuchshügel) in der Umgebung der StadtVan nachweisen.
Um etwa 3.000 vor Christus gab es erste größere Ansiedlungen von Menschen, die vor allem den See und seine Umgebung als Jäger und somit als Nahrungsquelle nutzten. Um etwa 1.000 vor Christus gab es bereits einen stadtähnlichen Charakter, der dazu führte, das Tušpa / Tuschpa, wie Van damals genannt wurde, zur Hauptstadt bestimmt wurde.
Auf welchen Ursprung das Volk der Urartu zurück geht, ist bis heute strittig, wahrscheinlich waren es Stammesgruppen von Hirtenvölkern aus dem Osten, die sich hier niederließen. Im 9. Jahrhundert vor Christus wurde Tušpa zur Hauptstadt des Königreichs Urartu womit auch der Bau einer Festungsanlage, nahe der heute noch vorhandenen Van Festung, verbunden war. In den Jahren von 834 – 828 vor Christus beherrschte König Sarduri I von der Festung aus das Land um die sich dann die eigentliche Stadt Tušpa bildete. Alle zukünftigen Herrscher der Urartu trugen auch immer den Zusatztitel „Herrscher der Stadt Tušpa", was auf die relativ lockere Besiedlung der Region schließen lässt. Urkundlich erwähnt wird Tušpa erstmalig in einer Inschrift des nachbarlichen Assyrerkönigs Šulmanu-ašared III (858 – 824 vor Christus), in der von einem Sieg in einer Schlacht mit König Sarduri berichtet wird.
Das Hoheitsgebiet Urartu weitet sich aus
Neben den Assyrern zählten die Stämme bzw. Staaten der Mannäer im Südosten, der Kimmerer und Skythen im Norden sowie die Assyrer im Süden zu den Nachbarvölkern der Urartu. Kriegerische Feldzüge konnten den Einflussbereich der Urartu teilweise bis zum Euphratbogen nach Süden und die Siedlung Qulha im Nordwesten ausweiten. Zeitweilig gehörte der Sewan See und das Araxestal im Norden wie auch der Urmia See und Rawanduz im Südosten zum Hoheitsgebiet der Urartu. Wissenschaftliche Forschung geht heute davon aus, das um 810 vor Christus der König Išpuini oder sein Sohn Menua den Ort Hasanlu erobern konnte. Die Feldzüges des Königs Išpuini gelangen bis zum südlichen und westlichen Ende des Urmia Sees wie sich aus Inschriften deuten lässt, die man in Taštepe und Karagündüz gefunden hat. Teilweise wurde sogar die heutige Grenze zu Georgien erreicht.
Nach den doch aufwendigen Kriegen gegen die Kimmerer, die Assyrer und Skythen verlor das Königreich Urartu mehr und mehr an Bedeutung, was sich auch an der Hauptstadt Tušpa erkennen lies. Im 6. Jahrhundert war das Königreich zur Bedeutungslosigkeit verdammt und die Stadt verlor nach und nach ihre Bewohner. Auch die Zidadelle, auf deren südlicher Seite sich noch eine deutlich erkennbare Inschrift des Perserkönigs Xerxes I befindet, wurde verlassen. Die Überreste der heute noch sichtbaren Festung sollen armenischer Überlieferung zur Folge von Perserkönigin Semiramis als uneinnehmbare Festung gebaut worden sein. Jetzt wurde auch der Name der Stadt inVan geändert und Van war damit Teil des Perserreiches.
Für die neuen wie auch für späteren Herrscher waren die urartäischen Grabstellen als Werke mystischer Figuren wie Artases und Gregor Narekac'i. Der armenischen Mythologie entsprechend soll der König Artaxias in einer der Felsenhöhlen gelebt haben von wo er den Van See überblicken konnte. Ein weiterer Mystiker aus dem Königreich Vaspurakan, der Heilige Gregorius von Narek (951 – 1003) soll diese Höhlen oft für seine Gebete genutzt haben und wahrscheinlich zumindest Teile seiner Schriften „Buch der Klagen“ hier verfasst haben.
Erst Alexander der Große konnte durch Eroberung und Sieg über die Perser im Jahr 331 vor Christus Van und damit die Festung einnehmen. Nach seinem Tod begann eine wechselhafte Geschichte, die über die Zugehörigkeit zum Reich der Seleukiden, der Zugehörigkeit zum Königreich Armenien im 2. Jahrhundert vor Christus bis hin zu den Osmanen führte.
Osmanen und Safawiden im Konflikt um Tušpa
Van und damit Armenien geriet jetzt häufig zwischen die Fronten. Waren es zunächst Rom und die Parthern, später Byzanz und die Sassaniden, eroberten dann im 7. Jahrhundert muslimische Araber die Region. Danach waren es dann wieder armenische Fürstentümer, die mit Vaspurakan an der Spitze die Macht an sich rissen. Mit dem Einfall der Seldschuken fiel auch Van unter deren Herrschaft. Um 1240 eroberten die Mongolen die Region umVan, im 14. Jahrhundert gehörte es zum Timuridenreich. Konflikte zwischen den Osmanen und den Safawiden brachten weitere Wechsel in der Herrschaft, so wurde Van 1502 von den Safawiden erobert, 1515 von den Osmanen zurück erobert und ging bereits 1520 erneut an die Safawiden über. Endgültig wurde Van am 25. August 1548 von den Osmanen erobert und dem Reich als eigenständiges osmanisches Eyalet eingeordnet.
Tragisch wurde die Geschichte im zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs als große Teile der armenischen Bevölkerung Vans die Streitkräfte des Russischen Reichs, aus dem Kaukasus kommend, unterstützten und so die Stadt am 20. Mai 1915 einnehmen konnten. Schon mit dem 7. April 1915 war die Stadt von etwa 10.000 armenischen Rebellen umstellt worden, woraufhin große Teile der muslimischen Bevölkerung aus der Stadt Van zu flüchten versuchte. Auch die Menschen der Dörfer der Umgebung wie Derebey, Hakis, Zorova, Hidir, Göllü, Seyhane und Seyhkara versuchten die Flucht nach Zeve, einem Zentraldorf. Zeve wurde daraufhin durch die armenischen Rebellen gestürmt, wobei es etwa 2.000 muslimische zivile Opfer gab. Wenig später gelang der osmanischen Armee zwar die Rückeroberung, wenig später allerdings waren erneut die Russen siegreich.
Erst mit dem Rückzug der Russen aufgrund der Oktoberrevolution gelangte Van wieder an die Osmanen zurück. Aufgrund der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde im Vertrag von Sèvres beschlossen, ein unabhängiges Armenien im Osten des ehemaligen Osmanischen Reichs zu bilden. Im Jahr 1920 wurden diese Regelungen allerdings durch die Türkischen Befreiungskriege (Kuvayı Milliye) wieder zunichte gemacht und Van wurde von den Armeniern zurück erobert. Durch Vertreibung und Ermordung wurden jetzt große Teile der armenischen Bevölkerung dezimiert, was bis heute zu erheblichen Spannungen zwischen türkischen und armenischen Interessengruppen führt, so das trotz der Regelung im Vertrag von 1921 in Kars und wenig später im Vertrag von Lausanne (1923) worin über den neuen Grenzverlauf entschieden wurde, bis heute dieser Grenzverlauf von armenischer Seite nicht anerkannt wird.
Während der Kämpfe im Jahr 1915 war die Stadt Van so stark beschädigt worden, das man mit dem Neuaufbau einige Kilometer entfernt begann. Ein weiteres Schicksal ereilte Van im Jahr 1950 als ein schweres Erdbeben große Teile der Stadt zerstörte.
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