Melanie Heinle - Wanderin und Reisestipendiatin des DAI
- Geschrieben von Portal Editor
Unverhofft kommt oft, oder wie soll man Begegnungen beschreiben, die sich zunächst als ganz normale Bekanntschaft andeuten, dann aber im Rahmen eines längeren Gesprächs sich zu tieferen Erkenntnissen vergleichbarer Interessenlage, ja vielleicht sogar eines Miteinanders auf lange Sicht entwickeln können.
Wie oft schon haben uns Leser nach kulturhistorischen Informationen in handlicher Taschenbuchform entlang des Lykischen Wegs gefragt und wie oft schon mussten wir, bis auf die reinen Wander- und Routenbeschreibungen von Kate Clow, diese Anfragen verneinen. Aber der Reihe nach.
Erkundigungen entlang des Lykischen Wanderwegs
Da trifft man im Kletterpark von Oymapinar auf ein junges Pärchen mit Sohn, die ein defekter Dieselfilter hat die Nacht dort verbringen lassen. Erste Gesprächsfetzen mit Alexander, dem männlichen Part des Pärchens, durch die weit geöffnete, aber mit einem Fliegengitter kaum einsehbare Liegefläche, weisen auf eine bereits lang anhaltende Reisedauer hin. Er spricht von Marokko, Frankreich, Italien, Griechenland und jetzt der Türkei. Melanie weißt auf den schlafenden Sohn hin, der für uns bislang nicht sichtbar, auf der Liegefläche sein Mittagsstündchen hält. Also heißt es für Alexander aufstehen und heraus aus dem mobilen Zuhause, das zwecks Findung von ein wenig Schatten, direkt neben unserem Projektwohnwagen eingeparkt ist.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs erfahren wir zunächst, das Alexander als Gitarrist mit Gesang und eigener Band seinen Lebensunterhalt in München verdient. Gern kommen wir auf diese Aktivitäten später noch einmal zu sprechen, eröffnen sich doch gleich neue Perspektiven hinsichtlich des geplanten "Begegnungs- und Kulturfestes" in Regensburg, Ende Oktober dieses Jahres. Er spricht dann von seiner Lebensgefährtin Melanie, die 1981 geboren, in München Alte Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und, man höre und staune in Hinsicht auf unser Projekt, auch Provinzialrömische Archäologie studiert hat, bis sie 2012 in München promovieren konnte. Schon während des Studiums hatten sie auf eigenständigen Erkundigungen entlang des Lykischen Wanderwegs geforscht und einen archäologisch-historischen Wanderführer verfasst, der erst kürzlich gedruckt und veröffentlicht wurde.
Mittlerweile war auch Melanie aus dem Wohnmobil zu uns gekommen, so das wir weitere Details auch direkt von ihr erfahren konnten. In ihrem Reiseführer versucht Melanie die möglichen Routen entlang des Lykischen Wegs so zusammenzustellen, dass sie sowohl für Tagesausflügler als auch für mehrtägige Wanderungen umsetzbar sind. Auf alten Esels- und Hirtenpfaden hat sie selbst auf diese Art und Weise die echte Türkei zu Fuß kennen gelernt.
Die reine Wegbeschreibung in ihrem Wanderführer wird dabei immer von einem geschichtlichem Abriss der historisch so bedeutsamen lykischen Halbinsel begleitet, so unser Eindruck nach den ersten Seiten des Lesens. Auf verständliche und unterhaltsame Weise, so könnte man zusammen fassen, präsentiert die Historikerin und Archäologin Dr. Melanie Heinle Hintergrundinformationen zur Kultur und Geschichte Lykiens. Interessante Aspekte des antiken Alltags werden vorgestellt, kurze Überblicke über die neuesten Forschungsergebnisse werden durch Grundrisse und Karten ergänzt. Archäologische Pläne sollen helfen, die antiken Orte vor dem inneren Auge wiederauferstehen zu lassen.
Soweit zum Reiseführer von Melanie Heinle, der unter der folgenden ISBN Nummer zu beschaffen ist: 978-3-85161-106-9 Der Lykische Weg Der Antike auf der Spur.
Wir kamen in unserem Gespräch nun auch auf die jetzigen Aktivitäten zu sprechen, die es dem jungen Paar, gemeinsam mit Ihrem Sohn ermöglicht hatten, bereits durch mehrere Länder Europas und Afrikas zu reisen, bedingt durch die Gewährung eines Reisestipendiums des Deutschen Archäologischen Instituts. Für ihre Dissertation, die das Thema "Historische Landeskunde der Aiolis in der heutigen Westtürkei" behandelt, wurde Melanie Heinle mit diesem Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts ausgezeichnet. So gab es kaum noch Überlegungen, die als Hürde im Weg standen, denn solche Möglichkeiten bieten sich nicht allzu oft.
Alexander, mehr oder weniger Freiberufler und stolzer Vater, konnte sich ebenso auf eine etwa 1-jährige Abwesenheit von München einrichten, wie auch Sohn Vincent, nach eigenen Angaben kaum seine Spielkollegen wirklich vermisst. Wer hat denn als viereinhalb-jähriger Junge schon die Möglichkeit zu einer solchen Reise, die noch dazu den 24-Stunden Kontakt zu den Eltern ermöglicht. Kein Wunder also, wenn Vincent eher auf die vielen Erlebnisse und die sprachlichen Neuerungen und Erkenntnisse von unterwegs reflektiert. So konnte er schon auf ein breites Wörterspektrum zurückgreifen, das, aus verschiedenen Sprachen stammend, für ihn auch in seiner Bedeutung klar war. Wohl auf den Vater zurückzuführen sind die musikalischen Grundkenntnisse aus der Rockgeschichte, die Vincent zu einem Fan von Bob Dylan und Jimi Hendrix machen. Während der Fahrten, die übrigens allein durch Melanie bewältigt werden, bleibt genügend Zeit Musik zu hören und ein wenig Hintergrundwissen der Rock- und Popgeschichte zu vermitteln.
Erstes Ziel Ihrer Tour war Marokko gewesen, immer in Anlehnung an Tourziele, die auch vom DAI mit bearbeitet werden. Ein GPS übermittelt automatisch jeweilige Tourdaten an das DAI, was durch wöchentliche Blogs und Bilder zusätzlich dokumentiert wird. Auf Sicht möchte das DAI eine Karte ähnlich einer Routenkarte des Vogelflugs aller Reisestipendaten erstellen, die schon einmal ein solches Reisejahr nutzen konnten. Über Italien und den Balkan war es dann bis nach Griechenland und von dort in die Türkei gegangen. Mit der Fähre über die Dardanellen, Canakkale, Didim, Kas und Antalya bis nach Alanya, wohin wir das Pärchen dann eingeladen haben.
Der weitere Weg wird die Familie zunächst über Gazipasa nach Anamur bringen, dann durch den Taurus zum Kloster Alahan bei Mut um dann einige Tage in Kappadokien und am Nemrud zu verbringen. Von dort ist vorgesehen Sanliurfa mit der Ausgrabungsstätte Göbeklitepe anzufahren, dann Richtung Armenien. An der Küste des Schwarzen Meeres und die Donau hinauf soll dann bis Anfang Oktober die Reise zurück fortgesetzt werden. Wir hoffen natürlich darauf, das wir den Kontakt beibehalten können und haben schon einmal lose ein erneutes Zusammentreffen für unser Begegnungs- und Kulturfest in Regensburg Mitte Oktober eingeplant. Vielleicht in der Kombination Reisevortrag von Melanie und dazu Musik von Alexander. Wir werden sehen.
Wem übrigens das DAI noch wenig bekannt ist, hier einige Informationen:
Das DAI ist eine wissenschaftliche Bundesanstalt, die zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes (AA) der Bundesrepublik Deutschland gehört. Es ist dem AA direkt nachgeordnet. Die Einrichtung hat das Recht auf wissenschaftliche Selbstverwaltung. Es ist ein wichtiges Instrument der deutschen Kultur-, Bildungs- und Außenpolitik.
Nicht selten fungiert das DAI als ein Vorreiter bei der Anbahnung zwischenstaatlicher Beziehungen. Es werden Beziehungen zu vielen wissenschaftlichen Organisationen weltweit unterhalten, andererseits sind neben vielen deutschen Archäologen und Vertretern von Nachbardisziplinen auch viele ausländische Forscher Mitglied des DAI. In mehreren Ländern werden Außenstellen und Forschungsstationen unterhalten.
Das DAI führt weltweit archäologische und kulturhistorische Untersuchungen durch und arbeitet dabei häufig mit Wissenschaftlern der Gastländer und anderen internationalen Gelehrten zusammen. Traditionell sind der Mittelmeerraum und Vorderasien der Hauptbetätigungsbereich. Seit 1979 forscht das DAI endgültig auch weltweit. Auf dem Gebiet der Archäologie und seiner Nachbarwissenschaften werden Ausgrabungen durchgeführt, Expeditionen unternommen und andere Projekte durchgeführt. Seit 2009 baut das DAI im Rahmen der Initiative Außenwissenschaftspolitik Exzellenzzentren in Forschung und Lehre auf. Die Einrichtung gehört zu den international anerkannten Spitzenforschungsinstituten. Um diesen Standard zu halten, erhält das DAI Sonderforschungsmittel aus dem Genshagener Programm der Bundesregierung.
Ziel des DAIs ist es, für ein vertieftes Verständnis der Kulturen untereinander zu sorgen. Es möchte einen Beitrag zum Dialog der Kulturen leisten. Zudem soll es zum hohen Ansehen Deutschlands in der Welt beitragen.
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