Cendere Köprüsü - die Brücke über den Chabinas

Dienstag, 24. Oktober 2023 00:00
Geschrieben von Portal Editor

Im Südosten der Türkei waren wir im Rahmen unseres Projekts den Spuren der Römerstraße von Samosata Richtung Militene gefolgt und stießen in der Nähe der Stadt Eski Kahta auf die antike, römische Bogenbrücke über den Fluss Chabinas.

Der heute mit Cendere Cayi bezeichnete Fluss kreuzte die damals wichtigen Marsch- und Nachschubwege der Römer im Machtkampf gegen die hier lebenden Volksgruppen der Parther, weshalb man sich zum Bau der monumentalen Keilsteingewölbebrücke entschloss.

Auf Befehl Kaiser Septimius Severus (193 - 211 AD)

Einer der lateinischen Bauinschriften an der Brücke zu Folge, gab es eine bereits eine Brückenkonstruktion, die "a soli" (von Grund auf) ersetzt werden sollte. Auf Befehl Kaiser Septimius Severus (193 - 211 nach Christus) wurde die Brücke dann durch die in Samosata stationierte Legio XVI Flavia Firma unter dem Kommando von Lucius Marius Perpetuus neu errichtet. Da die Zeit aufgrund der umfangreichen, militärischen Operationen drängte, wurde das Steinmaterial für den Brückenbau dem nahe gelegenen kommagenischen Hierothesion am Karakuş entnommen und hertransportiert.

Mit ihrer lichten Weite von immerhin stattlichen 34,20 Metern ist die auch mit Kaiser Septimius Severus bezeichnete Brücke eine der größten Bogenbrücken unter allen erhalten gebliebenen Römerbrücken. Die Gesamtlänge von 123 Metern bei einer Baubreite zwischen 7,56 und 8,20 Metern liefert einen weiteren Beleg für die bautechnische Leistungsfähigkeit römischer Baukunst, die sich immerhin 1800 Jahre lang allen Anforderungen gewachsen zeigte. Von den einstmals vier Säulen, die jeweils beiderseits der Brückeneingänge standen, sind noch drei vorhanden.

Heute ist die Brücke für jeglichen Fahrzeugverkehr gesperrt

Die beiden an der südwestlichen Seite stehenden Säulen tragen lateinische Ehreninschriften des Kaisers Septimius Severus und seiner Gemahlin Julia Domna. An der gegenüberliegenden Seite steht nur noch die Säule mit der Inschrift für Caracalla, Sohn und späterer Nachfolger des Severus. Die vierte Säule, die zuvor wohl seinem Bruder Geta zugeordnet war, wurde wahrscheinlich 212 nach dessen "damnatio memoriae", was unter den Römern die Verfluchung und demonstrative Tilgung des Andenkens an eine Person durch die Nachwelt bedeutet, abgetragen. Geta und Caracalla waren als Söhne des Dynastiegründers Septimius Severus zu Mitregenten gemacht und auf die gemeinsame Nachfolge vorbereitet worden. Nach dem Tod des Vaters traten sie am 4. Februar 211 wie geplant zusammen die Nachfolge als Regenten an. Ihre gemeinsame Herrschaft scheiterte aber noch im selben Jahr an der tödlichen Rivalität zwischen den Brüdern. Caracalla lockte Geta in eine Falle und ließ ihn ermorden womit auch alle irdischen Andenken an Geta ausgelöscht wurden.

Wir sind begeistert von den Ausmaßen und von der Komplexität der Brückenkonstruktion, die erstmals im Jahr 1998 renoviert werden musste. Nach der Wiedereröffnung wurde nur noch Fahrzeugbetrieb bis maximal 5 Tonnen zugelassen, um die Konstruktion dauerhaft zu schützen. Der Schwerlastverkehr sollte zukünftig etwa 800 Meter östlich über eine neue Brücke umgeleitet werden. Im Gespräch mit weiteren Anwesenden erfahren wir, das sich im Jahr 2005 ein türkischer Tanklastfahrer, dessen Fahrzeug voll beladen war, nicht an die Sperrung hielt, worauf die Brücke beim Versuch sie zu überqueren komplett zusammen brach. Druck seitens der Bevölkerung und vieler Menschen mit Interesse am Erhalt des Kulturguts römische Bogenbrücke sorgten dafür, das die Steinquader gereinigt und wieder zusammengefügt wurden. Natürlich waren auch einige der Keilsteinquader zu ersetzen. Heute ist die Brücke für jeglichen Fahrzeugverkehr gesperrt.