Akseki – Seidenstraße lädt zum Wandern ein
- Geschrieben von Portal Editor
Zunächst war es nur eine kleine Randnotiz, die wir im Rahmen eines Gesprächs mit dem hiesigen Wanderführer Ömer bei einem sonntäglichen Tee bemerkt hatten.
Dann wurde schnell ein intensives Gespräch daraus, das zu einer Verabredung an der Kreuzung der D400 mit der D695 Richtung Akseki / Konya am kommenden Tag führen sollte. Das Gespräch hinsichtlich des dort vorhandenen, mit Natursteinen und sogar Treppenstufen angelegten Karawanenwegs, hatte unser Interesse so stark geweckt, das lange Überlegungen nicht mehr notwendig waren. Früh am nächsten Morgen sollte es losgehen und wie verabredet, trafen wir uns an der besagten Kreuzung bei Kızılağaç.
Nachdem der Lykische Wanderweg mit seinen mehr als 500 Kilometern Länge vergleichbar dem Jacobs Weg jährlich viele tausend Natur- und Wanderfreunde aus aller Welt in die Türkei lockt, hat die Mitentwicklerin des Lykischen Wegs, Kate Clow, mittlerweile zwei weitere Großprojekte gemeinsam mit dem Ministerium für Tourismus erschließen können, den St. Pauls Trail sowie die Wanderrouten durch das Kackar Gebirge am Schwarzen Meer. Beide Trails gehören zur Gruppe der Langstreckentrails, die in vielen Teiletappen zurückgelegt werden müssen. Allerdings führen beiden Route durch teilweise unerschlossene Bergregionen, so dass der unprofessionelle Wanderer besser einen Wanderführer verpflichten sollte. Die Türkei ist in Bezug auf mehrtägige Touren in Hinsicht auf Unterkünfte und Erreichbarkeit im Notfall nicht mit den Alpen zu vergleichen, ein Führer ist entsprechend auch hinsichtlich der Sprache sehr hilfreich. Aber auch für den semi-professionellen Wanderer hat sich Einiges getan und genau deshalb wollten wir den von Ömer angesprochenen Trail nach Akseki möglichst umgehend selbst erwandern, um ihn dann beschreiben zu können.
Die Handelsrouten durch den Taurus sind Jahrhunderte alt. Berichte über den Verlauf der Nebenstraßen und Abzweigungen von der Seidenstraße stammen bereits aus der griechisch-römischen Antike, dessen Stationen von Herodot um 430 vor Christus mit den Namen der jeweils dort lebenden Volksgruppen benannt wurden. Verbindungen zwischen innerasiatischen Gebieten wie auch zwischen China und Europa hat es seit ältester Zeit, mindestens seit Beginn der Bronzezeit gegeben. Sie basierten unter anderem auf dem Austausch von Kenntnissen zur Metallgewinnung und -verarbeitung wie auch dem Austausch von Handelsgütern, ermöglichten diplomatische Kontakte und beförderten auch das Wissen über die jeweils andere Kultur. Diese Verbindungen bestanden über die Jahrhunderte aber keineswegs kontinuierlich, sondern waren immer wieder über längere Zeiträume unterbrochen, in denen Handel, Verkehr und Austausch von Informationen in der Regel durch örtliche Herrschaftsstrukturen behindert wurden.
Die Eröffnung der Seidenstraße
Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde die 2.699 km messende Persische Königsstraße vom persischen König Dareios I. angelegt. Im östlichen Teil folgte sie dem Verlauf der Seidenstraße. Das von Alexander den Großen bis 323 v. Chr. errichtete Großreich vereinte ebenfalls das Gebiet zwischen Mittelmeer und Baktrien unter einer Herrschaft und reichte bis ins Fergana-Tal und zum indischen Taxila. Das Nachfolgereich der Seleukiden und das Griechisch-Baktrische Königreich (beide 3. - 2. Jahrhundert v. Chr.) sowie überhaupt der in Zentralasien wirksame Hellenismus waren förderlich für die Entwicklung der westlichen Seidenstraße. Die Parther standen ab 141 v. Chr. auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Unter dem erfolgreichen Partherkönig Mithridates II. (124/123–88/87 v. Chr.) wurde 115 v. Chr. die Seidenstraße quasi offiziell „eröffnet“: Eine Delegation des chinesischen Kaisers Han Wudi machte ihre Aufwartung.
Während der Ostteil relativ sicher war, begannen ab 55 v. Chr. Auseinandersetzungen der Römer mit den Parthern, die erst durch den ersten römischen Kaiser Augustus 20 v. Chr. beendet wurden. In der Spätantike wurde der offene Handel zwischen Ostrom/Byzanz und dem neupersischen Sassanidenreich durch die römisch-persischen Kriege im 3. bis 7. Jahrhundert teilweise stark behindert, aber nie ganz unterbrochen. Ein Teil des Ost-West-Handels wurde in dieser Zeit möglichweise alternativ über die Arabische Halbinsel gelenkt. Nach den arabischen Eroberungen im 7. Jahrhundert konnte sich das Byzantinische Reich im 10./11. Jahrhundert wieder zeitweise den Zugang zur Seidenstraße sichern und blieb so ein Hauptumschlagplatz für östliche Waren. 1273/74 nutze Marco Polo die Seidenstraße für seine Reise nach China. Neben seinen Reiseberichten existieren noch andere, ähnliche Berichte, wie etwa die "Ystoria Mongalorum" von Johannes de Plano Carpini und jene des Wilhelm von Rubruk.
In Kleinasien waren es hauptsächlich die Seldschuken, die zur letztmaligen Erhaltung und Ausweitung der Karawanenwege wesentlich beitrugen. In ihren Verträgen mit den italienischen Handelsmetropolen wie Venedig und Florenz hatten sie den sicheren Warentransport zugesichert, der auch den Bau der Karawansereien enthielt, die entsprechend der Distanz von Kameltagestouren von etwa 30 Kilometern überall entstanden waren. An markanten, mit Soldaten besetzten Punkten wurde der Wegzoll erhoben. Aber auch unterwegs gab es eine Vielzahl an Wachstationen, so dass der Handel florieren konnte.
Der nachhaltige Niedergang der Seidenstraße mit all den Nebenwegen setzte mit der Song-Dynastie ein und wurde durch den verstärkten chinesischen Seehandel, die Entstehung neuer Märkte in Südostasien und die hohen Zollforderungen der Araber begünstigt. Auf dem Seeweg entfielen die Gefahren der langen Reise und die Abgaben an die Zwischenhändler. Die Seidenstraße verlor im Zuge der weltweiten Expansion der europäischen Seemächte in der Frühen Neuzeit endgültig an Bedeutung. Der Handel über die Seidenstraße wurde durch Schiffe ersetzt, wobei chinesische Händler mit ihren Dschunken bis nach Indien und Arabien fuhren.
Aber nun zurück zur Karawanenstraße bei Akseki
An diesem Morgen machten wir uns nach einer kurzen Begrüßung auf den Weg in den Taurus. Es geht zunächst auf der autobahnähnlich ausgebauten und stetig, teilweise in engen Serpentinen, ansteigenden Straße in Richtung Konya / Beysehir auf bis zu 1800 Meter Höhe. Kurz vor Akseki verlassen wir die Hauptstraße nach rechts in Richtung des Bergdorfs Sarihacelar. Unterwegs hatte uns Ömer immer wieder auf Reste der alten Handelsroute von Konya zur Küste zwischen Manavgat und Alanya hingewiesen, die noch von seinem Vater benutzt worden war. Eine befestigte Straße ist erst mit Beginn der 50er Jahre eingerichtet worden, als erste geländegängige Fahrzeuge in der Türkei erhältlich waren. Jeglicher Handel zwischen den Städten Zentralanatoliens und der Küste wurde per Kamelkarawane erledigt. Von der Ortschaft Akseki bis zur Küste benötigte die Kamelkarawane etwa 7 Tage, bei rund 75 Kilometern Entfernung.
Wir trafen auf ein für die Region typisches Bergdorf, wo wir das Fahrzeug parkten und machten uns umgehend auf den Weg. Im Dorf betrachten wir noch den uralten, mit Steinen fein säuberlich eingefassten Dreschplatz, der auf das einstige Leben hier im Hochgebirge verwies. Heute fast menschenleer, neigt auch dieses Dorf immer mehr dem Verfall. Dabei soll hier oben einst prächtigen und ertragreichen Weinanbau gegeben haben, wie uns ein älterer Dorfbewohner von seinem Urgroßvater erzählt. Noch gut sind die von fleißigen Bauern angelegten Terrassen zu erkennen, die allerdings schon seit Jahrzehnten nicht mehr bepflanzt werden.
Und ganz plötzlich liegt sie vor uns, die säuberlich mit Natursteinen gepflasterte Handelsstraße von ca. 1,5 Meter Breite, säuberlich mit größeren Steinbrocken seitlich eingefasst und deutlich angelegten Stufen in Schrittweite der Kamele. Über viele Kilometer zieht sich dieser Weg durchs Gebirge, mal über ein Hochplateau, dann entlang der Berghänge mit grandiosem Blick in die Täler.
Wir sind völlig perplex, hier in der Einöde auf eine solche Anlage zu treffen, die sich bis oberhalb von Akseki auf einer Länge von etwa 6,5 Kilometern erstreckt. Es ist teilweise recht anstrengend, denn mitten drin gibt es Passagen, die durch Steinschlag fast tonnenschweren Gesteins komplett versperrt sind. Manchmal sieht es aus, als ob die riesigen Felsblöcke vorsichtig auf dem Weg abgelegt wurden, um die „Straße“ nicht zu zerstören. Wir finden selbst eine Ausweichpassage, die wohl für sich begegnende Kamelkarawanen angelegt wurde. Mit ihrer Last, die rechts und links neben den Tieren hing, füllten die Kamele sicherlich die gesamte Straßenbreite aus. Kein Wunder also, das in dem engen Bereich im Tal Ausweichmöglichkeiten angelegt wurden.
Auf einem Hochplateau stoßen wir auf zwei riesige Kangals, die uns lautstark bellend begrüßen, sie hatten uns wohl schon lange vorher bemerkt. Nur wenig später stoßen wir auf die dazugehörige Ziegenherde des Bergbauern. Mächtige und beeindruckende Tiere, diese Kangals, die in der Lage sind, die Herde zu beschützen. Dann herrscht wieder absolute Ruhe.
Feuerspritze lagert in der Moschee
Wir treffen mitten im Nirgendwo auf ein schon vor hundert Jahren verlassenes Dorf, das einst von einigen hundert Bewohnern mit Leben gefüllt war, noch immer sind die angelegten Feldterrassen gut sichtbar. Die Häuser, die nicht komplett verfallen sind, zeigen die typische Bauweise aus Naturstein, das einfach lose übereinander geschichtet ist. Etwa alle 40 Zentimeter in der Höhe wird innen und außen ein kräftiges Brett eingefügt, das über eingekerbte Verbindungsquerhölzer beide Bretter miteinander verbindet. So konnte man mit Hilfe der Bretter eine Art Schichtsystem erstellen, das in der Mitte mit Steinrestmaterial ausgefüllt wurde. Die Hölzer übernahmen dabei die Funktion der Stabilisierung des ansonsten losen Gesteins. Eine zwar kostengünstige, da das Baumaterial direkt aus der Umgebung entnommen werden konnte, aber auch zeitaufwendige und pflegebedürftige Bauweise. Teilweise wurden die Bauten dann von innen und außen verputzt, so dass auch der Regen- und Schneeschutz gewährleistet wurde.
Interessanterweise treffen wir mitten im Dorf, das ansonsten wie ausgestorben vor uns liegt, auf ein kleines Bauteam. Wie fast überall in der Türkei üblich, sind wir auch hier schnell zum Essen und zum Tee eingeladen, Gastfreundschaft steht nach wie vor hoch im Kurs. So kommt denn auch schnell der anwesende Hoca mit in die Runde, der hier auch in der Funktion des Baumeisters aktiv ist. Kein Wunder also, das wir schnell in einem interessanten Gespräch vertieft sind. So erfahren wir, dass von einst etwa 800 Einwohnern tatsächlich momentan 26 Personen inklusive der Bauarbeiter im Dorf leben.
Ein Investor aus Istanbul, der einst in diesem Dorf wohnte, hat einige der alten zerfallenen Häuser aufgekauft und wird sie im ursprünglichen Stil wieder aufbauen. So soll wieder mehr Leben auf die Yaila zurückkehren und mit dem Leben in authentischer Umgebung vielleicht auch der langsam einsetzende Wandertourismus.
Der Hoca führt uns auch in die kleine Moschee in Ortsmitte. Wir sind mächtig erstaunt, im Nebenraum eine alte Feuerspritze aufzufinden, die noch die Tragehölzer und Pumpenhölzer besitzt. Überhaupt gibt es in der kleinen Moschee einige weitere Details, die uns der Hoca mit erkennbarem Stolz präsentiert, darunter auch ein uralter Petroleumleuchter, der sich in der Höhe über einen Kettenzug verstellen läßt.
Trotz teilweise anstrengenden Marsches haben wir die insgesamt 8 Wanderstunden auf dem Teilstück der Karawanenroute im Taurus jetzt im Januar sichtlich genossen. Sicherlich fehlte der um diese Jahreszeit normalerweise auch hier gefallene Schnee, der ein anderes Bild der Berge vermittelt hätte. Aber wir haben ihn nicht vermisst, ganz im Gegenteil.
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