Crowdfunding probates Mittel gegen türkische Medienmultis

Crowdfunding probates Mittel gegen türkische Medienmultis

"Journalismus sollte die Stimme der Stimmlosen sein. Das haben wir immer versucht und unsere Hörer können uns dabei symbolisch für eine halbe Stunde Programm mit knapp 30 Euro unterstützen. Und das ist alles für ein Jahr.

So wird Unabhängigkeit erzwungen, es macht die Hörer zu Investoren und stellt uns Journalisten ihnen gegenüber in Rechenschaft, was ich unglaublich wichtig finde. So verteidigen wir auch Ansichten, die den großen Medienkonzernen nicht willkommen sind," sagt Ömer Madra, Chefredakteur beim Sender Acik Radio (zudeutsch "offenes Radio), ein Crowdfunding- Pionier, der wohl als türkischer Ur-Vater den Versuch unabhängiger Medienberichterstattung vor etwa 10 Jahren gestartet hatte. Acik Radio, und, wie sich in den letzten Monaten immer wieder mit teilweise verblüffenden Operationen und Geschehnissen herausgestellt hat, ist die Berichterstattung in den türkischen Medien alles andere als unabhängig. Die bedeutenden Fernsehsender sind genauso wie auch die großen Zeitungen in den Händen der schwerreichen Investoren, die aus allen nur erdenklichen Industrie- und / oder Interessenbereichen stammen. Je nach politischer oder religiöser Zugehörigkeit fällt die Berichterstattung dieser Medien aus. Von unabhängigem Journalismus keine Spur. Nicht angepasste Journalisten werden versetzt, schikaniert oder einfach auf die Straße gesetzt.

Gezi-Proteste, die als ein Wendepunkt im Denken vieler Menschen gelten

crowdfunding 3Gerade junge Journalisten versuchen nach den Gezi-Protesten, die als ein Wendepunkt im Denken vieler Menschen gelten, hier neue Wege zu gehen. So auch Cem Sey, ein erfahrener Auslandskorrespondent, der heute als Kolumnist für die Nachrichten-Webseite T24 arbeitet. Gemeinsam mit drei jungen Kollegen arbeiten er an der Nachbereitung der letzten von ihnen selbst veröffentlichten Nachrichten, die er leidenschaftlich, wie folgt, kommentiert:

"Wir haben über unsere eigenen Meldungen gesprochen. Und ich habe bei vielen Meldungen so drei, vier Punkte gefunden: Hier hätten wir eigentlich nachfragen müssen. Hier hätten wir die Anwälte von den Leuten fragen müssen. Hier hätten wir Experten fragen müssen. Hier hätten wir die Regierung fragen müssen. Das ist noch keine richtig professionelle Arbeit hier."

Aber woher auch soll die Erfahrung der jungen drei Kollegen kommen? Ein Großteil der Journalisten haben nach Abschluss des Studiums keine festen Einstellungen gehabt, sie stecken folglich noch in den Lehrjahren. Geld im Rahmen ein Festeinstellung gibt es nur für die Wenigsten. Kein Wunder also, das nach neuen Wegen gesucht wird. Ob das Crowdfunding zur Finanzierung unabhängigen Journalismus allerdings als Lösung betrachtet werden kann, bleibt noch offen.

"Beim Publikum hat sich geändert, dass sie jetzt denken, dass alles in der Türkei eigentlich anders sein könnte. Das heißt, sie sind auf der Suche nach Medien, die diese Erwartung bedienen - und finden keine. Das ist aber nur vorübergehend, das wissen wir. Wenn wir daraus jetzt nicht eine qualitativ gute Internetzeitung machen, dann wird dieses Zeitfenster auch irgendwann zugehen."

Es ist und bleibt also eine Frage der Finanzierung, denn für Qualitätsjournalismus braucht man adäquate Geldmittel. Wenn sich Fernsehsender und Tageszeitungen in den Händen von Interessengruppen oder besser von Investoren befinden, wird schnell klar, welche Publikationen und Berichte hier veröffentlicht werden. Nur zu gut sind uns die Diskussionen um die Funktion und Bedeutung der öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten in Deutschlandbei der Einführung der so genannten Privatsender in Erinnerung. Und wenn man sich heute die Qualität der privaten Sender anschaut ....... , was mehr muss man sagen. Dann doch lieber Gebühren.

Zu extrem sind doch die Verlautbarungen der täglich neuen Verschwörungstheorien aus türkischen Medien, gleichgültig ob in der Tagespresse oder in den Fernsehsendungen: "Das ist eine Falle der CIA. Dahinter steckt die EU, dahinter stecken Feinde der Türkei, dahinter steckt die jüdische Geldlobby."

Die entstandenen neuen Redaktionen versuchen zumindest, eine eigene Finanzierung aufzubauen um ihre Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten. Auch T24 ist hierfür ein Beispiel.

Mit kleinen Filmen für Hobbyclubs oder Vereine versuchte man etwas zu verdienen und Geld für den Start als Nachrichtenportal zu sammeln. Mittlerweile werden Filme für verschiedenste Gruppen, die von der Architektur bis hin zu Banken reichen, hergestellt, woraus zusätzlich Geld auch für Werbung fließt.

Cem Sey berichtet offen über das monatliche Budget von 20.000 - 25.000 US$ das am Ende des Monats für ihre Arbeiten in Rechnung gestellt werden kann. Zu wenig um T24 zu betreiben. Also war Crowdfunding eine mögliche Option.

crowdfunding 2Im Laufe der letzten Monate konnten 4.500 Unterstützer dieser neuen Journalismusidee gefunden werden, genug bereits um die Hälfte der Sendekosten zu finanzieren. Die zweite Hälfte wird aus Werbung finanziert. Und auch hier gilt ein strikter Kodex, dass Werbung niemals innerhalb, sondern nur zwischen den Sendungen laufen darf.

Ömer Madra sieht im Crowdfunding zur Zeit die einzige Möglichkeit, die türkische Medienlandschaft zu verändern:

"Es hat eine ungeheure Veränderung gegeben. Es ist wie vor Christus und nach Christus. Ich will auch nicht übertreiben, aber nach Gezi und diesem langen, heißen Sommer wird keiner von uns jemals wieder derselbe sein."

Crowdfunding kann aber nur ein finanzieller Tropfen auf den heißen Stein sein. Auch bei Acik Radyo werden nur drei von über 200 Journalisten für ihre Arbeit bezahlt. Der Rest ist Idealismus und ein Hoffen auf die bessere Zukunft.

Arten von Manipulation durch Medien

•          Ethnische oder rassische Manipulation, einschließlich des Rassismus, Nationalismus und Regionalismus.

•          Manipulation durch Unternehmen, einschließlich der Werbung und Public Relations – Berichterstattung über politische Kampagnen im Sinne      unternehmerischer Interessen, Berichterstattung im Sinne der Medieneigentümer.

•          Klassenmanipulation, sowohl die Manipulation, die eine bestimmte gesellschaftliche Klasse bevorzugt, als auch die Manipulation, die eine Aufteilung der Gesellschaft in soziale Klassen ignoriert.

•          Politische Manipulation, einschließlich der Manipulation für oder gegen eine bestimmte politische Partei oder einen Kandidaten.

•          Religiöse Manipulation, einschließlich der Manipulation, in der eine religiöse Sichtweise über eine andere gestellt wird.

•          Skandalisierung, die etwas Außergewöhnliches gegenüber dem Normalen aufbauscht. Dazu zählt die Praxis, aus kommerziellen Gründen besondere Nachrichten über zu betonen, zu verzerren oder zu fabrizieren.

•          Desinformation, die gezielt falsche, einseitige oder verzerrte Informationen streut.

•          Agitation und Propaganda (zum Beispiel während des Kalten Krieges).

•          Die journalistische Lüge, die gut ausgewählt schon deshalb geglaubt wird, weil sie oft als Schlagzeile gedruckt ist. Eventuelle Widerrufe werden so platziert, dass sie kaum Beachtung finden.

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