Stadtführer Georg und der Trip durch Augsburg
Am nächsten Morgen in Kutzenhausen, die Hausherren Lydia und Georg sind schon pflegetechnisch dienstlich Richtung Augsburg unterwegs, bereiten wir unserFrühstück in der Küche, wo wir von den beiden anwesenden Hunden Schwanz wedelnd begrüßt werden.
Sichtlich erfreut sind sie, als wir die Terrassentür für einen ersten Auslauf in den Garten öffnen. Wir nutzen den Vormittag zur Erledigung von Emails und einigen Telefonaten, denn gegen 11.00 Uhr wird Stadtführer Georg mit uns nach Augsburg fahren, so das wir einen ersten Eindruck von der Stadt erhalten können.
Augusta Vindelicorum blieb ein wichtiges Versorgungslager
Die Gründung der Stadt Augsburg geht auf ein römisches Legionslager zurück, das im Stadtteilbereich des modernen Oberhausen im Jahr 15 nach Christus von den beiden Stiefsöhnen Kaiser Augustus, Drusus und Tiberius, auf seine Anordnung hin gegründet wurde. Wie bei vielen römischen Militärlagern war es nur eine Frage der Zeit, bis sich erste Händler und Handwerker zur Versorgung des Lagers in der Umgebung ansiedelten. Schnell wuchs die Siedlung und bereits wenige Jahre später war hier nach Augusta Treverorum (Trier) eine der größten römischen Siedlungen nördlich der Alpen entstanden. Dies war der Ursprung der Siedlung „Augusta Vindelicorum“, die im ersten Jahrhundert nach Christus stetig an Bedeutung zunahm und bereits im Jahr 121 von Kaiser Hadrian das römische Stadtrecht erhielt. Auch wenn durch Truppenverlagerung das Heer in den Jahren bereits weitergezogen war, blieb Augusta Vindelicorum ein wichtiges Nachschubdepot der römischen Armee.
Römerstraße von Mainz über Bad Cannstatt nach Augsburg
Ab etwa 95 nach Christus, so die Aufzeichnungen, wurde Augusta Vindelicorum Hauptstadt der römischen Provinz Raetien obwohl auch Kempten im Allgäu, damals Cambodunum, diesen Titel für sich bis ins erste Jahrhundert hinein beanspruchte. Wahrscheinlich bestätigen archäologische Funde heute allerdings eher den Anspruch Kemptens. Der Einflussbereich Raetiens ging weit bis nach Oberitalien hinein. Noch immer werden Funde gemacht, die den Kenntnisstand der Archäologen immer wieder verändern und so natürlich auch bisherige Auffassungen. Hierzu zählt auch das Anlegen des Neckar-Odenwald Limes unter Kaiser Trajan, der nach neuesten Erkenntnissen erst 98 nach Christus parallel zum Bau der römischen Straße von Mainz über Bad Cannstatt nach Augsburg angelegt wurde. Ob mit der Fertigstellung dieser beiden Mammut Projekte auch die Verlegung der Hauptstadtrechte nach Augusta Vindelicorum einher ging, lässt sich bislang nur aufgrund der Bedeutung der Projekte vermuten. Wir werden hoffentlich im Rahmen unseres Projekts „Kulturelle Reise entlang Römischer Strassen“ weitere Informationen sammeln und als Berichte online stellen können.
Fuggerkapelle in der St.-Anna-Kirche in Augsburg
Mit etwas zeitlicher Verzögerung geht es dann mit Georg gegen 12.00 Uhr den kurzen Weg von Kutzenhausen in Richtung Augsburg Zentrum. Schon unterwegs empfiehlt Georg, den Stadtrundgang mit einem Essen in der Markthalle zu beginnen, was auch als kostengünstiger Mittagstisch von vielen Einheimischen genutzt wird und internationale Auswahl neben einheimischer Küche offeriert. Wir nehmen das Angebot gerne an. Als Fan chinesischer Küche kommt mir Ente Süß-Sauer gerade recht, meine Frau ist eher daran interessiert die lokale Küche zu probieren und bestellt somit Schupfnudeln und Krusten-Schweinsbraten. Beide Gerichte sind ausgesprochen lecker und wirklich sehr preisgünstig.
Wir durchqueren die Fußgängerzone, die allerdings im Moment eher einer Großbaustelle gleicht, in Richtung Sozialsiedlung Fugger. Das schwäbische Kaufmannsgeschlecht Fugger war bereits im 14. Jahrhundert eine Großunternehmung, die sich im weitesten Sinne mit dem Handel beschäftigte und damit sehr wohlhabend wurde. Als im Jahr 1367 Hans Fugger in die damals freie Reichsstadt Augsburg übersiedelte, begann der Aufstieg der Familie vom reinen Weber zum Händler von Baumwolle aus Italien.
Damit war der Grundstein für Wohlstand und Einfluss gelegt. Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Familienmitglieder, die sich auch als Kunstförderer und Stifter einen Namen machten. Zu den bekanntesten Stiftungen gehört die Fuggerkapelle in der St. Anna-Kirche von Augsburg und die sogenannte Fuggerei, die bis heute bestehende älteste Sozialsiedlung der Welt. Jakob Fugger, genannt der Reiche, stiftete die aus 140 Wohnungen in 67 Häusern bestehende Reihenhaussiedlung im Jahr 1521 als Wohnraum für bedürftige katholische Bürger von Augsburg. Noch heute beträgt der „Jahresmietpreis“ als Kaltmiete 0,88 Euro! Bis zum heutigen Tag wird diese Siedlung aus dem Stiftungsvermögen Jakob Fuggers betrieben. Die Mieter verpflichten sich im Gegenzug dazu täglich einmal ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria für den Stifter und seine Familie zu beten. Wir werden versuchen, während eines kommenden Besuchs mit der Verwaltung der Sozialsiedlung ein Gesprächstermin für weitere Detailfragen zu erhalten.
Augsburger Puppenkiste - Jim Knopf und Lukas
Weiter führt Stadtführer Georg uns durch die Gassen der Altstadt von Augsburg, in denen wir eine Vielzahl interessanter Restaurant und Gaststätten entdecken. Sicherlich auch gegen Abend eine äußerst interessante Ecke.
Wir wollen zumindest bei einer weiteren Berühmtheit Augsburgs vorbei schauen, der „Augsburger Puppenkiste“, zu sehr sind noch Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer oder Urmel aus dem Eis aus der eigenen Jugend im Kopf. Heute gibt es ein Museum im historischen Heilig-Geist-Spital, wo auch Aufführungen des Marionettentheaters zum Programm gehören. Neben einer bunten Vielzahl von Märchenaufführungen gibt es auch eine breite Palette ernster Schauspiele, die für Erwachsene oder „große Kinder“ gedacht sind. Zahlreiche Fernsehproduktionen in Farbe haben der Augsburger Puppenkiste mit Beginn der 60er Jahre zu einen hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad verholfen, die noch heute mit den Namen „Bill Bo und seine Kumpane“, „Kleiner König Kalle Wirsch“, „Kater Mikesch“ und „Klecksi, der Tintenfisch“ in der Erinnerung sind. Noch heute nutzt der Aufsteiger FC Augsburg den Titelsong „Eine Insel mit zwei Bergen“ als Hymne bei jedem eigenen Torerfolg.
„Grenzenlosfest“ und „Lechwood Open Air“
Nach einem Besuch in der Fuggerkapelle der St. Anna-Kirche von Augsburg kehren wir zurück zum Parkplatz unseres Autos, denn auf dem Weg nach Kutzenhausen wollen wir noch ein erstes kurzes Gespräch mit dem Geschäftsführer „Musikkultur für Augsburg e.V. (kurz KUKI) Jürgen Gebhardt und dem Vorstandsmitglied Michael Bernicker, ebenfalls KUKI, führen. Dies natürlich vor der Hintergrund unseres Projekts einerseits aber natürlich auch um auch zukünftig den Musikeraustausch zwischen Augsburg und der Türkei weiter zu forcieren. Wir treffen die Beiden in ihrer Geschäftsstelle während eines Gesprächs zur Vorbereitung der anstehenden Musikhighlights „Grenzenlos Festival“ und „Lechwood Open Air“. Da es bisher nur schriftlichen Kontakt via Email zu KUKI gab, ist die Freude des persönlichen Aufeinandertreffens verständlicher Maßen groß, trotz der momentan intensiven Vorbereitungsphase. Wir verabreden uns für den kommenden Tag zu einem ausführlichen Gespräch in einer der Gaststätten, die wir während des Rundgangs schon gesehen hatten, um gemeinsame, zukünftige Aktivitäten im Detail zu besprechen.
Nun geht es aber endgültig in Richtung Kutzenhausen, denn Lydia erwartet uns schon zum Abendessen. Nach ergiebigen Gesprächen unter Verarbeitung der Tageserlebnisse geht es dann doch relativ früh zur Nachruhe über. Morgen ist ein neuer Tag.
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