Weimar - Rundgang durch die Fußgängerzone

Weimar - Rundgang durch die Fußgängerzone

Nach unserem tief bewegendem Rundgang durch das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald vor den Toren der kreisfreien Stadt Weimar, der sich wesentlich zeitaufwendiger als geplant gezeigt hatte, war zwischen uns zunächst Gesprächsbedarf angesagt, so das wir erste Eindrücke und Gedanken untereinander austauschen konnten.

Es fiel uns allen sichtlich und spürbar schwer, gleich wieder zum geplanten Tagesablauf zurück zu kehren. Nur gut, das die Weitläufigkeit des Geländes auf dem Ettersberg neben dem Lager Buchenwald Raum und Atmosphäre für einen längeren Fußweg bot, so das man die schwirrenden Gedanken im Kopf auch etwas sortieren konnte.

Wenig später fuhren wir dann mit dem Auto bis in das Stadtzentrum von Weimar hinab, denn die Stadt liegt an einem Bogen des Flusses Ilm südöstlich des immerhin 478 Meter hohen Ettersberges, von dem gerade wir kamen. Der Ettersberg ist der Höchste im gesamten Thüringer Becken, die Stadt selbst liegt etwa 200 Meter über dem Meeresspiegel. Weimar ist allein aufgrund seines kulturellen Erbes schon eine Reise wert, Namen wie Wieland, Goethe, Herder und auch Schiller sind untrennbar mit der Stadt verbunden. Aber auch die Politik hat hier ihre geschichtlichen Spuren hinterlassen, so erfolgte hier in Weimar nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und der Auflösung des Kaiserreichs die Ausrufung der ersten Republik auf deutschem Boden, der Weimarer Republik des Jahres 1919.

Ins Zentrum Weimars - Parken nahe des Goetheplatzes

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar-4.jpgNach dem Parken des Fahrzeugs in der Schützengasse waren wir bereits nach wenigen Metern direkt am Beginn der Fußgängerzone am Goetheplatz angekommen, wo uns eine mehr als mannsgroße Skulptur der Herren Goethe und Schiller begrüßte. Ein direkt gegenüber befindliches Straßenschild wies auf die Wohnhäuser der Schriftsteller hin, die natürlich zu den Hauptattraktionen der Stadt Weimar hinsichtlich des boomenden Tourismus zählen.

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar-6.jpgEhe Goethe und Schiller zu dem legendären Freundespaar der Weimarer Klassik wurden, das sich fast täglich besuchte und nicht nur literarisch, sondern auch philosophisch und naturwissenschaftlich miteinander austauschte, sich halfen und gegenseitig motivierten, waren sie wirkliche Konkurrenten. Goethe fühlte sich vom wachsenden Ruhm des Jüngeren bedrängt. Für ihn war Schiller zunächst nichts anderes als eine lästige Erinnerung an seine Werther-Zeit und den eigenen, inzwischen überwundenen Sturm und Drang. Und Schiller sah in dem bereits etablierten Goethe, der auf ihn bei der ersten, eigens von Charlotte von Lengefeld eingefädelten Begegnung (am 7. September 1788) unnahbar und arrogant wirkte, eine „stolze Prüde, der man ein Kind machen muss, um sie vor der Welt zu demütigen“. Was die beiden Rivalen später verband, war die gemeinsame Arbeit am eigenen Werk, den sich wechselseitig im intensiven Austausch von Gedanken und Empfindungen zu befördern lohnt und selbst zu steigern, war der erklärte Zweck dieser Freundschaft, deren Geschichte nicht weniger war als eine zehn Jahre währende „praktische Probe aufs Exempel der Bildungsidee im Zeitalter der Klassik“. Als Schiller starb, ging für Goethe eine Epoche zu Ende. Das Verhältnis war inzwischen so innig geworden, dass Goethe beim Tode Schillers – wie er in einem Brief an Carl Friedrich Zelter schrieb – die Hälfte seines Lebens, ja sich selbst zu verlieren glaubte.

Schiller und Goethe - bedeutende Persönlichkeiten der Stadt

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar-1.jpgNachdem Schiller im Frühjahr 1794 nach Jena umgezogen war und im Sommer von Goethe die Zusage zur Mitarbeit an der Monatszeitschrift "Die Horen" erwirkt hatte, entwickelte sich der erste freundschaftliche Briefwechsel zwischen den beiden. Im September 1794 wurde Schiller von Goethe nach Weimar eingeladen und verbrachte zwei Wochen in dessen Haus. Er hielt dabei seinen gewohnten Tagesablauf bei, das hieß, er schlief bis mittags und arbeitete nachts. Im Wissen um Schillers konservative Moral vertuschten Goethe und seine langjährige Lebensgefährtin Christiane Vulpius ihre „wilde Ehe“. Das Versteckspiel muss in den zwei Wochen einen ungewöhnlichen logistischen Aufwand im Hause Goethes verursacht haben. Christiane und ihr fünfjähriger Sohn August blieben im eigenen Haus unsichtbar. Schiller bezeichnete die Beziehung zur Mademoiselle Vulpius als Goethes „einzige Blöße“ und kritisierte ihn in einem Brief für seine „falschen Begriffe über das häusliche Glück“. Goethe sprach von seinem „Ehestand ohne Zeremonie“. Schillers Leidenschaft für das Kartenspiel und den Tabak störte Goethe, der Freunden gegenüber mitunter auch boshaft sein konnte; die oft kolportierte Anekdote, Schiller habe nur beim Geruch fauler Äpfel dichten können, stammt ebenfalls von ihm.

Auch das Bauhaus zählt zu den Highlights

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar-2.jpgDirekt gegenüber der Goethe / Schiller Skulptur stieß unser Blick auf das Bauhaus Museum. Auch der Begriff Bauhaus mit seinem Begründer Walter Gropius, für jeden Studenten der Architektur und Gestaltung ein Begriff, ist fest mit Weimar verknüpft, schließlich hatte Walter Gropius im Jahr 1919 das Staatliche Bauhaus als Kunstschule in Weimar gegründet. In seiner Konzeption und Art wurde der Einfluss des Bauhauses so bedeutend, das man den Begriff Moderne in Architektur und Design oft mit dem Begriff "Bauhaus" gleichsetzte. In den Entwürfen und Arbeiten von Lehrern und Schülern am Bauhaus finden sich die Ausrichtungen auf "Funktionalismus", "Neue Sachlichkeit" und "Klassische Moderne" wieder, die noch heute in der Architektur gelehrt werden, etwas völlig Neues zur damaligen Zeit. Die Resonanz des Bauhauses hält bis heute an und prägt wesentlich das Bild deutscher Entwürfe im Ausland.

Das heutige Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar wurde im Jahr 1906 nach Plänen von Henry van de Velde errichtet, der nur ein Jahr später durch die Vereinigung der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar mit der von ihm selbst gegründeten Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar zum direkten Vorläufer des Bauhauses wurde. Im Bauhaus wurden die traditionell getrennten Bereiche der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst und der Darstellenden Kunst auf der Grundlage des Konzeptes miteinander verbunden, was wiederum starke Ausstrahlung auf Malerei, Darstellende Kunst und Musik hatte.

„Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! […] Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! […] Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers.“

– Walter Gropius: Bauhaus-Manifest

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar-5.jpgAls Lehrer konnte Gropius bedeutende Künstler wie Lyonel Feininger, Johannes Itten, Josef Albers, Paul Klee (ab 1921), Wassily Kandinsky (ab 1922) und Oskar Schlemmer (ab 1921) für das Bauhaus gewinnen. 1925 erfolgte der Umzug nach Dessau. Dort entstehen die ersten Möbel aus dem neuartigen Material Stahlrohr und – von Marcel Breuer (der die Rechte am „Freischwinger“ besitzt), Mart Stam und Ludwig Mies van der Rohe entworfen – die ersten Freischwinger. Die Zusammenarbeit mit der Industrie begann.

Am 4. Dezember 1926 wurde das neue, von Walter Gropius entworfene Bauhausgebäude eingeweiht. Der vollständig verglaste Werkstattflügel zur Straßenseite beeindruckte besonders, ebenso die gleichzeitig errichteten und ebenfalls von Gropius entworfenen „Meisterhäuser“, die als Wohnhäuser fungierten und wie das Bauhausgebäude konsequent und mustergültig die entwickelten Vorstellungen von Wohnen und Arbeiten vereinten.

Füßgängerzone - hohe Bäume spenden Schatten

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_weimar.jpgUnser Weg führt dann durch eine wirklich wunderschöne Fußgängerzone, die von großen Bäume einer Allee gleichend, beschattet wird. Fast alle Plätze in den Straßenlokalen sind besetzt, kein Wunder, hier kann man das Leben genießen. Überall gibt es Kleinod und Kunst zu entdecken, wir sind fasziniert von der Entwicklung der Stadt, die noch vor nicht all zu langer Zeit auch als "graue", unscheinbare Maus galt. Malerisch bunt wirken Hausfassaden und Plätze, überall Grün und Blumen, es ist wirklich ein schönes Städtchen, was sich hier am Samstagnachmittag präsentiert. Eine Gruppe altertümlich gekleideter Männer und Frauen passieren die Allee, leider ist uns nicht bekannt, was Sinn und Zweck der Kostümierung ist.

Weiter geht es zum Marktplatz, auf dem heute ein großer Töpfermark stattfindet. Überall Stände und Anbieter von Tongeschirr und Skulpturen, die den Besuchern zum Kauf angeboten werden. Im Hintergrund die Fassaden der alten Stadthäuser, so bietet sich auch hier ein farbenprächtiges Bild und buntes Treiben.

Weimar, wir werden wiederkommen, diesmal mit mehr Zeit und Ausdauer.

Der Abend / Schiller

Die Sonne zeigt, vollendend gleich dem Helden,
Dem tiefen Tal ihr Abendangesicht,
(Für andre, ach! glückselgre Welten
Ist das ein Morgenangesicht),
Sie sinkt herab vom blauen Himmel,
Ruft die Geschäftigkeit zur Ruh,
Ihr Abschied stillt das Weltgetümmel
Und winkt dem Tag sein Ende zu.

Jetzt schwillt des Dichters Geist zu göttlichen Gesängen,
Lass strömen sie, o Herr, aus höherem Gefühl,
Lass die Begeisterung die kühnen Flügel schwingen,
Zu dir, zu dir, des hohen Fluges Ziel,
Mich über Sphären himmelan gehoben,
Getragen sein vom herrlichen Gefühl,
Den Abend und des Abends Schöpfer loben,
Durchströmt vom paradiesischen Gefühl.

Für Könige, für Große ists geringe,
Die Niederen besucht es nur -
O Gott, du gabest mir Natur,
Teil Welten unter sie - nur, Vater, mir Gesänge.
Ha! wie die müden Abschiedsstrahlen
Das wallende Gewölk bemalen,
Wie dort die Abendwolken sich

Im Schoß der Silberwellen baden;
O Anblick, wie entzückst du mich!
Gold, wie das Gelb gereifter Saaten,
Gold liegt um alle Hügel her,
Vergöldet sind der Eichen Wipfel,
Vergöldet sind der Berge Gipfel,
Das Tal beschwimmt ein Feuermeer;
Der hohe Stern des Abends strahlet

Aus Wolken, welche um ihn glühn,
Wie der Rubin am falben Haar, das wallet
Ums Angesicht der Königin.
Schau, wie der Sonnenglanz die Königsstadt beschimmert
Und fern die grüne Heide lacht;
Wie hier in jugendlicher Pracht
Der ganze Himmel niederdämmert;
Wie jetzt des Abends Purpurstrom,

Gleich einem Beet von Frühlingsrosen,
Gepflücket im Elysium,
Auf goldne Wolken hingegossen,
Ihn überschwemmet um und um.
Vom Felsen rieselt spiegelhelle
Ins Gras die reinste Silberquelle
Und tränkt die Herd' und tränkt den Hirt;
Am Weidenbusche liegt der Schäfer,

Des Lied das ganze Tal durchirrt
Und wiederholt im Tale wird.
Die stille Luft durchsumst der Käfer;
Vom Zweige schlägt die Nachtigall,
Ihr Meisterlied macht alle Ohren lauschen,
Bezaubert von dem Götterschall
Wagt itzt kein Blatt vom Baum zu rauschen,
Stürzt langsamer der Wasserfall.

Der kühle West beweht die Rose,
Die eben itzt den Busen schloße,
Entatmet ihr den Götterduft
Und füllt damit die Abendluft.
Ha, wie es schwärmt und lebt von tausend Leben,
Die alle dich, Unendlicher, erheben,
Zerflossen in melodischem Gesang,
Wie tönt des Jubels himmlischer Gesang!
Wie tönt der Freude hoch erhabner Klang!

Und ich allein bin stumm - nein, tön es aus, o Harfe,
Schall, Lob des Herrn, in seines Staubes Harfe.
Verstumm, Natur, umher und horch der hohen Harfe,
Dann Gott entzittert ihr,
Hör auf, du Wind, durchs Laub zu sausen,
Hör auf, du Strom, durchs Feld zu brausen,
Und horcht und betet an mit mir:
Gott tuts, wenn in den weiten Himmeln
Planeten und Kometen wimmeln,
Wenn Sonnen sich um Achsen drehn
Und an der Erd vorüberwehn.

Gott - wenn der Adler Wolken teilet,
Von Höhen stolz zu Tiefen eilet
Und wieder auf zur Sonne strebt.
Gott - wenn der West ein Blatt beweget,
Wenn auf dem Blatt ein Wurm sich reget,
Ein Leben in dem Wurme lebt
Und hundert Fluten in ihm strömen,
Wo wieder junge Würmchen schwimmen,

Wo wieder eine Seele webt.
Und willst du, Herr, so steht des Blutes Lauf,
So sinkt dem Adler sein Gefieder,
So weht kein West mehr Blätter nieder,
So hört des Stromes Eilen auf,
Schweigt das Gebraus empörter Meere,
Krümmt sich kein Wurm und wirbelt keine Sphäre -
O Dichter, schweig: zum Lob des kleinen Myriaden,
Die sich in diesen Meeren baden,
Und deren Sein noch keines Aug durchdrang,
Ist totes Nichts dein feurigster Gesang.

Doch bald wirst du zum Thron die Purpurflügel schwingen,
Dein kühner Blick noch tiefer, tiefer dringen,
Und heller noch die Engelharfe klingen;
Dort ist nicht Abend mehr, nicht Dunkelheit,
Der Herr ist dort und Ewigkeit!

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