Die Ruinen von Stobi - Ausgrabungen in Mazedonien
- Geschrieben von Portal Editor
Unsere bevorzugte Route zwischen der Türkei und Deutschland führte uns mehrfach über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich.
So waren wir mittlerweile einige Male an dem von der Autobahn aus gut sichtbaren antiken Theater von Stobi in Mazedonien vorbeigekommen, ohne das es zu einem Stopp gereicht hatte. Immer wieder galt der Spruch: "Beim nächsten Mal bestimmt".
Jetzt waren wir mit dem Wohnwagen zur Toureröffnung in Richtung Izmir unterwegs, hatten zwei wundervolle Tage in Wien verbracht, waren dann an Belgrad vorbei auf einem Rastplatz angekommen, der einer Hitchcockverfilmung zu Ehren gereicht hätte. Hunderte von Saatkrähen hatten sich der hohen Bäume eines Motels mit Campinganschluss ermächtigt, so das bis zum Einsetzen der Dunkelheit kaum das eigene Wort zu verstehen war. Auch am frühen Morgen wurde kein Wecker benötigt, so laut das Geschrei der Saatkrähen. Zumindest etwas Gutes hatte dieser Ort gebracht, denn Wohnwagen und Auto waren von Exkrementen verschont geblieben. Und das zeitige Aufstehen ermöglichte auch, die Tagesetappe bis Kavala ruhig anzugehen.
Endlich - ein Zwischenstopp in Stobi
Bereits um die Mittagszeit näherten wir uns erneut den Ruinen von Stobi und dieses Mal sollte es klappen. Hunger und Durst verlangten ihr Recht, also warum die Reiseunterbrechung nicht am antiken Theater von Stobi einlegen? Übrigens: dieses Teilstück der Autobahn durch Mazedonien führt durch das herrliches Tal des Flusses Erigon, allein die Aussicht auf den Fluss und das natürlich erhalten gebliebene Tal ist jede Reisestrapaze wert. Wenig später erreichten wir die Abfahrt nach Stobi. Auf dem Parkplatz erwartete uns ein junger Mann, dessen Funktion uns nicht klar wurde. Er zeigte allerdings großes Interesse am Wohnwagen und dem aufgeklebten Routenplan des römischen Straßensystems.
Gleich am Geländeeingang gab es auch einen Übersichtsplan und so erfuhren wir erstmals von der tatsächlichen Größe der Ausgrabungsstätte. Umgehend war klar, das wir zur vollständigen Besichtigung der Gesamtanlage dann doch zu knapp in der Zeit waren, denn Kavala sollte erreicht werden. Direkt neben dem Übersichtsplan gab es ein kleines Kassenhäuschen, das mit einer Englisch sprechenden Dame besetzt war, die uns ausführlich Auskünfte erteilte.
So erfuhren wir auch, das in Kürze wieder ein Grabungsteam eintreffen wird, um die Arbeiten fort zu setzen, die nicht nur aus weiteren Ausgrabungen bestehen sollen. Wenig später sahen wir Tunnelgänge am Theater, die neu aufgemauert waren. So deutet alles daraufhin, zumindest das Theater zu restaurieren. Unser Interesse war geweckt und so vereinbarten wir ein erneutes Kommen Ende Mai während des Rückwegs nach Augsburg, so das seitens der Stobi Verantwortlichen auch eine gezielte Führung durch das Gelände geplant werden kann. Wir werden berichten.
Bereits in der antiken Landschaft Paionien war Stobi ein wichtiger Handelsort, der später von den Makedoniern erobert wurde. Nur wenig gelangte Stobi unter römische Herrschaft. Im Rahmen ihrer Expansionspolitik waren die Römer bis zur Mündung des Flusses Erigon in den Vardar Fluss vorgedrungen, hatten mit der Via Militaria und der Via Egnatia auch schnell die Erschließungsstraßen gebaut, so das eine Verbindung der mittleren Donauregion mit der Ägäis entstand. Wir erfuhren von der versiert wirkenden Dame am Kassenwärterhäuschen, dass die Ruinen von Stobi heute als die bedeutendsten antiken Überreste auf dem Gebiet der Republik Mazedonien angesehen werden und zum Freilichtmuseum ausgebaut werden sollen.
Stobis Aufstieg zur Handelsmetropole
Der Ort der Ansiedlung war aber schon seit dem Neolithikum mehrfach besiedelt worden, denn er lag in einem für die Landwirtschaft sehr günstigen Gebiet und an einer für den Balkanhandel wichtigen Nord-Süd-Verbindung. Das flache Terrain bot allerdings wenig Möglichkeiten zur Befestigung des Ortes. Ursprünglich umfasste das besiedelte Gebiet kaum 2,5 Hektar. Dass die Paionier Stobi im 5. Jahrhundert zu ihrer Hauptstadt machten – vorher war dies das weiter nördlich gelegene Bylazora – trug zum Aufblühen der Stadt bei.
Philipp II. eroberte Paionien um 350 v. Chr. und gliederte das Land in sein Reich ein. Allerdings handelte es sich um eine begrenzte Abhängigkeit, denn in Stobi gab es weiterhin paionische Könige, die als Statthalter Philipps regierten. Im 4. und 3. Jahrhundert vor Christus war die Bevölkerung Stobis bereits weitgehend hellenisiert.
Nach dem Sieg der Römer über Makedonien 167 v. Chr. wurde 148 v. Chr. die römische Provinz Macedonia gebildet, zu der Stobi gehörte. In der Verwaltungsorganisation der Römer spielte die Stadt zunächst keine Rolle. In der Stadt kreuzten sich jedoch mehreren Römerstraßen, Abzweigungen der Via Egnatia und der Via Militaris. In der Folge entwickelte die Stadt sie sich gut und die Bevölkerung wuchs stark an, wie sich an der mehrfachen Erweiterung des bebauten Areals erkennen lässt. 69 n. Chr. erhielt die Stadt den Status eines Municipiums. Aus dieser Zeit sind einige Münzprägungen des municipium Stobensium bekannt.
Nach der Verwaltungsreform Kaiser Diokletians wurde Stobi Hauptstadt der Provinz Macedonia salutaris, die im Wesentlichen das alte Paionien umfasste. 325 nahm Budius als Bischof von Stobi am Konzil von Nicäa teil. Kaiser Theodosius I. hielt sich 388 einige Monate in Stobi auf. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts begann der Niedergang der Stadt. 479 wurde sie von den Ostgoten unter Theoderich eingenommen und geplündert. 518 wurde Stobi von einem starken Erdbeben verwüstet; nach den Einfällen der Awaren und Slawen 30 Jahre später wurde Stobi schließlich aufgegeben.
Erste Ausgrabungen in Stobi
Im Ersten Weltkrieg haben österreichische Offiziere eine oberflächliche Untersuchung der Ruinenstätte vorgenommen. 1924 bis 1936 führte das Belgrader Nationalmuseum mehrere Grabungskampagnen durch. Die Archäologen entdeckten Wohnhäuser, zwei Basiliken und das im 3. Jahrhundert erbaute Theater. Während des Zweiten Weltkriegs wurden überbaute hellenistische Gräber gefunden. 1955 entdeckten Forscher in der nördlichen Basilika slawische Gräber aus dem 8. bis 12. Jahrhundert, Bronzestatuen aus klassischer und hellenistischer Zeit, außerdem neolithische Keramik und Gebäudestrukturen, die als Synagoge identifiziert werden konnten. Zwischen 1970 und 1980 hat ein jugoslawisch-amerikanisches Archäologenteam wiederum größere Ausgrabungen vorgenommen. Zahlreiche weitere Gebäude, Wasserleitungen und Mosaiken wurden entdeckt; außerdem wurde die westlich der Stadt gelegene Nekropole systematisch untersucht. 1981 bis 1988 grub ein neues Team schließlich den spätrömischen Bischofssitz und die christliche Basilika aus.
Koordinaten: 41° 33′ 6″ N, 21° 58′ 30″ O
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