Architekt Vitruv - Bauaufgabe und Säulenordnung
Vitruv wurde wahrscheinlich um 70–60 v. Chr. als freier römischer Bürger in Kampanien geboren, wo er auch zum Architekten ausgebildet wurde,  die zur damaligen Zeit auch das Ingenieurwesen umfasste.
Im Bürgerkrieg war Vitruv unter Gaius Julius Caesar für den Bau von Kriegsmaschinen verantwortlich und zog mit diesem auch nach Spanien, Gallien und Britannien. Nach Caesars Ermordung im Jahr 44 v. Chr. übernahm er die gleiche Rolle auch im Heer von Kaiser Augustus und wurde um 33 v. Chr. aus dem Heeresdienst entlassen. Danach arbeitete er als Architekt und als Ingenieur am Bau des Wassernetzes in Rom, wo er neue Normen für Rohrgrößen und -systeme einführte. Zu seinen Errungenschaften als Architekt gehörten der Bau der Basilika von Fanum Fortunae, dem heutigen Fano. Er beschrieb auch als Erster Töne als eine Bewegung der Luft und erkannte bereits die Wellennatur des Schalls und verglich dessen Ausbreitung mit der von Wasserwellen.
Im Alter verlegte er sich auf das Schreiben und profitierte dabei von einer Pension, die ihm Augustus zugestanden hatte, um seine finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren. Zwischen 33 und 22 v. Chr. entstand dann sein Werk, „Zehn Bücher über Architektur“ („De architectura libri decem“). Ãœber das Todesdatum Vitruvs gibt es keinerlei Angaben, was darauf schließen lässt, dass er zu Lebzeiten nur geringe Popularität genoss. Wahrscheinlich starb er etwa um das Jahr 10 v. Chr. Â
Das Werk umfasst zehn Bücher, die jeweils ein Vorwort mit einer direkten Ansprache an den Kaiser oder einer anekdotenhaften Einführung in das Thema enthalten.
Der Aufbau gliedert sich wie folgt:
•   Buch 1: Ausbildung des Architekten und architektonische Grundbegriffe
•   Buch 2: Baumaterialien
•   Bücher 3 und 4: Tempelbau
•   Buch 5: öffentliche Gebäude
•   Bücher 6 und 7: Privathäuser
•   Buch 8: Wasserleitungen
•   Buch 9: Zeitmessung, Uhren und Gnomonik; Astronomie
•   Buch 10: Maschinen
Säulenordnungen
Auf das Werk gehen zudem die Vitruvschen Säulenordnungen zurück, ein kanonisches (verbindliches) System von Formen und Proportionen bei Säulen, für die er Proportionen auf dem Grundmaß des Moduls (der Radius an der Basis einer Säule) gibt, nach dem die Maße aller anderen Bauteile bestimmt wurden.
Vitruv verbindet die verschiedenen Ordnungen auch mit bestimmten Bauaufgaben. So sieht er die dorische Ordnung als eine wehrhafte und erste, die ionische als eine weibliche und kultivierte und die korinthische als eine feierliche und erhabene Ordnung. Er verwendet allerdings den Begriff des „genus, genera“ (Art) der Säulen und nicht etwa „ordo, ordinis“ (Ordnungen), wie sie erst die Architekturtheoretiker der Renaissance formuliert haben.
Wiederaufgegriffen wurde diese Methode des Moduls in der Renaissance und im 20. Jahrhundert.
Der wohlgeformte Mensch
Eine zentrale Passage in Vitruvs Abhandlung stellt die Theorie des wohlgeformten Menschen (homo bene figuratus) vor. Anhand geometrischer Formen werden die Proportionen des Menschen zueinander beschrieben. Dies inspirierte mehrere Künstler der Renaissance zu Skizzen, unter anderem auch Albrecht Dürer. Die berühmteste Illustration stammt von Leonardo da Vinci und erlangte unter dem Namen „Der vitruvianische Mensch“ Berühmtheit. Gerade mit dieser Zeichnung bestätigt Leonardo die These Vitruvs, der aufrecht stehende Mensch füge sich sowohl in die geometrische Form des Quadrates wie des Kreises ein.
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