Wasserhaushalt im Römischen Reich
- Geschrieben von Portal Editor
Oft schon sind wir in den vielen Diskussionen zum antiken Kulturerbe an die Frage gelangt, wieso vorhandenes Wissen, das oftmals zu wahrhaft technischen Wunderwerken geführt hat, in der jüngeren Vergangenheit einfach nicht mehr zur Anwendung kam.
Die Versorgung mit Wasser mit ewig langen Wasserleitungen über Aquädukte und durch Tunnel über viele Kilometer gilt als typisches Bestandteil der römischen Kultur. Über Jahrhunderte wurde Städte so geplant, das zunächst nach möglicher Wasserversorgung erkundet wurde, die ersten Pläne immer aber auch schon die Wasserver- und Entsorgung enthielt. Wie konnte es sein, dass die Kulturen danach dieses Wissen nicht mehr angewendet oder einfach vergessen hatten und es so, besonders im Mittelalter, zu Epidemien mit extremen Opferzahlen aufgrund von Schmutzwasser und Bakterien kommen konnte.
Die Wasserleitungen der Römer führten Wasser bis zu 100 km weit (zum Beispiel die Eifelwasserleitung bis Köln oder die Aquäduktleitungen zur Versorgung von Side und Aspendos oder auch von Salona) meist unterirdisch, teilweise aber auch über Brücken in größere Städte des römischen Reiches. Rom allein wurde von elf Aquädukten versorgt. In sehr vielen Städten wurde das Grauwasser durch Kanalisation auch wieder entsorgt, so das Krankheitsquellen durch Bakterien selten auftraten.
Der erste Aquädukt Roms, Aqua Appia, wurde 312 v. Chr. durch Appius Claudius Caecus erbaut. Der Aquädukt begann an der Via Praenestina, floss etwa 17 Kilometer unterirdisch und wurde über die Porta Capena in die Stadt zum Campus Martius geleitet. Besonders in Rom ermöglichten die Leitungen einen gigantischen Trinkwasserverbrauch: Nach einer Zählung um das Jahr 400 n. Chr. gab es allein in Rom elf Aquädukte, elf Thermen, 856 Privatbäder und 1352 Brunnen. Anhand von Ablagerungen an den Wänden der Wasserleitungen und anderer archäologischer Befunde kann man den Pro-Kopf-Verbrauch schätzen. Nach Heinz Otto Lamprecht lag dieser zwischen 370 und 450 Liter täglich (in Deutschland betrug der Wasserverbrauch heute etwa 130 Liter pro Tag.
Sextus Iulius Frontinus, der im Jahr 97 n. Chr. Curator aquarum war, berichtet über die neun nach Rom führenden Aquädukte, die bis zum Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. errichtet waren. Gleich drei davon ließ Marcus Vipsanius Agrippa im 1. vorchristlichen Jahrhundert errichten, einige ältere wiederherstellen. Im 2. und 3. Jahrhundert kamen noch zwei weitere Aquädukte hinzu, über die Frontinus noch nicht berichten konnte. Die antike Metropole Rom wurde somit über elf Aquädukte mit Wasser versorgt. Dabei sind die zahlreichen Abzweigungen bei der Zu- und Ableitung nicht berücksichtigt.
Auch zahlreiche andere Städte wurden mit Aquädukten versorgt, wie Augusta Treverorum (Trier), Mogontiacum (Mainz), Colonia Ulpia Traiana, (Xanten), Lugdunum (Lyon), Nemausus (Nîmes), Tarraco (Tarragona) oder Segovia. Im Deutschen werden mit Aquädukt meist nur die über Bogenkonstruktionen geleiteten Leitungen verstanden, im Latein bezeichnet das Wort jede Wasserleitung, unabhängig davon, ob sie unter- oder oberirdisch verläuft.
Während in der Frühzeit des Römischen Reiches außer Brunnen vorwiegend nahe Flüsse und Quellen für die Wasserversorgung dienten, sank wegen der wachsenden Bevölkerung jedoch die Qualität und auch die Menge genügte nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine natürliche Wachstumsgrenze erreicht worden, so dass man nun Wasser aus anderen Quellen nach Rom leiten musste.
Die meisten Römer mussten ihr Wasser an den öffentlichen Brunnen holen, vielfach wurde aber die Leitung aus Bleirohren „angestochen“, um damit die eigenen Felder zu bewässern.
„[…] eine Vielzahl der Grundbesitzer, an deren Feldern die Aquädukte vorbeiführen, zapfen die Leitungen an; daher kommt es, dass tatsächlich die öffentliche Wasserversorgung durch Privatleute zum Erliegen kommt, nur damit diese ihre Gärten bewässern können.“ – Frontinus
Da die Leitungen für Privatleute oft kein Wasser führte, wurden teilweise sogar innerhalb der Stadt unterirdisch illegale Leitungen verlegt und damit die Leitung für die öffentlichen Brunnen angezapft.
„In weiten Gebieten verlaufen an verschiedenen Plätzen verborgene Leitungen unter dem Straßenpflaster. Ich fand heraus, dass diese Rohre durch spezielle Abzweigungen Wasser an all diejenigen lieferten, die Geschäftshäuser in den betreffenden Gegenden hatten, wobei die öffentlichen Rohre zu diesem Zweck hier und dort durch „Anstiche“ angebohrt wurden. Wie viel Wasser auf diese Weise gestohlen wurde, kann ich nur anhand der Tatsache abschätzen, dass eine beträchtliche Menge Blei durch die Entfernung derartiger Abzweige eingebracht wurde.“
Einen gewissen Schutz gegen privaten Missbrauch bot die römische Praxis der Bleirohrinschriften.
Die Qualität des nach Rom geleiteten Wassers unterschied sich stark in Hinsicht auf Reinheit und Geschmack. Das schlechtere Wasser wurde nur als Brauchwasser verwendet.
Die Quelle des Anio Novus verlor bei jedem Regen ihre vorherige Qualität. Nachdem der Versuch misslang, das Wasser mit anderem zu mischen, versuchte man, es in ein Bassin zu leiten, wo sich die Verunreinigungen absetzen sollten. Dies schlug allerdings auch fehl. Schließlich löste man das Problem, indem man das Wasser durch die dafür angelegten Stauseen von Subiaco leitete. Dort setzten sich die Sedimente ab und das Wasser gewann wesentlich an Reinheit.
Obwohl bereits Vitruv vor den negativen gesundheitlichen Folgen von Bleirohren gewarnt hatte, wurden dennoch die Rohre fast überall aus diesem praktischen, leicht zu verarbeitenden, wasserdichten Metall hergestellt.
Während in der Republik noch vor allem die Censoren für den Bau und die Instandhaltung der Leitungen verantwortlich waren, gab es seit der Kaiserzeit das Amt des curator aquarum. Nach Frontinus unterstanden ihm ein Freigelassener, später ritterständischer Procurator aquarum und verschiedene Aufsichts- und Verwaltungsbeamte sowie eine Gruppe von staatlichen Monteuren (aquarii). Teilweise kamen dazu auch selbständige Firmen, die mit der Behörde Verträge zum Bau oder Unterhalt geschlossen hatten.
Beim Unterhalt gab es oft Probleme, besonders bei den Abschnitten, die über Brücken führten. Archäologische Befunde und schriftliche Quellen bezeugen, dass oft die Bauausführung nicht sorgfältig genug von statten ging und daher häufige Reparaturen erforderlich machte, so zum Beispiel bei der Aqua Claudia. Schon zehn Jahre nach Fertigstellung mussten grundlegende Mängel beseitigt werden. Allein diese Reparatur dauerte neun Jahre, aber schon nach vier weiteren Jahren mussten die Reparaturen erneut ausgebessert werden. An den erhaltenen Resten des Aquädukts finden sich Hinweise darauf, dass sowohl bei der Bauausführung als auch bei den Reparaturen gepfuscht wurde.
Von auf diese Weise gescheiterten Projekten berichtet einer der Briefe des jüngeren Plinius an Kaiser Trajan aus Nikomedia in der Provinz Bithynia et Pontus:
„Für eine Wasserleitung, o Herr, haben die Einwohner von Nicomedia 3.318.000 Sesterzen aufgewandt, der Bau ist bis heute unfertig, eingestellt, sogar abgerissen worden; für eine andere Leitung haben sie wiederum 200.000 Sesterzen ausgegeben. Da auch diese aufgegeben wurde, muss nun von neuem Geld aufgebracht werden, damit die Leute endlich Wasser bekommen, die diese Summen unnütz vertan haben.“
- Aquädukt Salona Aquädukt Salona
- Wasserleitung Herakleia Lynkestis Wasserleitung Herakleia Lynkestis
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