Das Amphitheater Petronell von Carnuntum
- Geschrieben von Portal Editor
Nahe dem Römischen Militärlager von Carnuntum, das direkt am Ufer der Donau am pannonischen Limes lag, entwickelte sich neben dem Militärlager auch die Zivilstadt Carnuntum kontinuierlich weiter, bis sie zu Beginn des 2. Jahrhunderts nach Christus zum Verwaltungszentrum der römischen Provinz Pannonien wurde.
Wir nutzten unseren Aufenthalt in Wien für einen Tagesausflug zur Römerstadt und seinen noch erhaltenen Ruinen. Einmal von der imposanten Historie abgesehen, gibt es allein aufgrund der Entfernung der einzelnen Römerobjekte die Möglichkeit zu ausgiebigen Spaziergängen im weiteren Umfeld der Donau.
Die Bedeutung Carnuntums für die Archäologie
Heute zählt Carnuntum zu den bedeutendsten und am weitest gehend erforschten antiken Ausgrabungsstätten in Österreich, sie liegen auf den Gemeindegebieten von Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg, beide im Bundesland Niederösterreich. Neben dem Museum Carnuntinum sind der Spaziergarten in Petronell durch das Wohnviertel der Zivilstadt, mit einem Stadtmodell im Maßstab 1:300 neben dem neuen Besucherzentrum, das spätantike Heidentor und die beiden Amphitheater I und II zu besichtigen. Die Grundmauern der großen Therme der Zivilstadt wurden konserviert und sind für Besucher zugänglich. Das im 20. Jahrhundert zum größten Teil ausgegrabenen Legionslager wurde wieder zugeschüttet, seine Mauern sind nur noch als Geländeerhebung erkennbar. In Petronell befindet sich außerdem das privat geführte Museum des Vereins Auxiliarkastell Carnuntum, in dessen Keller eine Kreuzung der Fernwasserleitung mit dem Abwasserkanal des Kastells konserviert wurde.
Das Amphitheater der Zivilstadt von Carnuntum
Wie fast jede größere römische Stadt besaß auch Carnuntum einen Versammlungs- und Vergnügungsort in Form eines Amphitheaters, dass das erste Ziel unseres Rundgangs sein sollte. Schon erste archäologische Untersuchungen in der Stadt hatten vergeblich nach dem Amphitheater gesucht, so weit entfernt lag es von der Stadt entfernt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts konnte es lokalisiert werden, da es bis dahin als Wildschonung, als eine sogenannte Grüblremise, genutzt wurde.
Das etwa 13.000 Menschen fassende Amphitheater wurde in der Glanzzeit Carnuntums neben der Zivilstadt gebaut, da man von einem weiteren Wuchs der Stadt ausging. Die Längsachse des gesamten Komplexes misst 118 Meter, und die Tribünen lagen - um die Zuschauer, da es für Gladiatorenkämpfe und Tierhatzen genutzt wurde, vor den wilden Tieren in der Arena zu schützen - vier Meter hoch über dem Niveau der Arena, die immerhin noch 68 Meter misst.
Die Arena des Amphitheaters war beiderseits der Tore von 25 Meter breiten Tribünen umgeben. Stiegen und Treppentürme führten in die höher liegenden Ränge. Ein außerhalb des südlichen Durchgangs aus wiederverwendeten Bausteinen errichtetes sechseckiges Becken aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. könnte als Taufbecken interpretiert werden, was allerdings nicht gesichert ist. Zu diesem Zeitpunkt diente das Amphitheater wohl nicht mehr seinem eigentlichen Zweck.
Erst anhand eines dort aufgefundenen Inschriftenquaders konnte das Bauwerk zweifelsfrei als das lang gesuchte Amphitheater der Zivilstadt identifiziert werden. Da über der Humusschicht, die sich seit der Römerzeit angesammelt hatte, noch eine weitere Schuttschicht lag, vermutete man, dass es im 18. Jahrhundert durch Steinraub für den Bau des traunschen Schüttkastens und der Mauer des Tiergartens schwer beschädigt worden war.
Das Amphitheater wurde in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts fast zur Gänze in Stein erbaut und lag südlich der Zivilstadt, knapp 300 Meter von der Stadtmauer entfernt, in einem dicht bebauten Vorort. Wahrscheinlich wurde es im 3. Jahrhundert noch einmal umgebaut oder repariert, wie die Verwendung von Spolien in der Ostmauer annehmen lässt.
Struktur und Konzeption des Amphitheaters von Carnuntum
Das etwa 127,5 × 111 Meter große Gebäude hatte die Form einer von Norden nach Süden ausgerichteten, unregelmäßigen Ellipse. Entweder hatte der Architekt versucht, das Theater weitgehend an die natürliche Mulde anzupassen oder man hatte gleichzeitig an beiden Enden zu bauen begonnen. Man konnte es von Norden und Süden aus durch zwei lange Korridore, die durch zwei Pfeilerreihen in drei Quergänge gegliedert und mit den sieben Meter breiten Toranlagen verbunden waren, betreten. Das leicht zur Donau abfallende Nordtor war 22 Meter lang. Dort fand man eine massive Steinschwelle, auf der wohl einst die beiden hölzernen Torflügel lagen.
Östlich des Nordtores lag der Eingang zu einer Totenkammer (spoliarium), in der während der Spiele Verletzte und Tote abgelegt wurden. Das Südtor war ähnlich konstruiert. Vor beiden Toren lag ein trichterförmiger Hof, am Nordtor schloss sich noch ein zweiräumiges, rechteckiges Gebäude an, vielleicht das Nemeseum des Amphitheaters. Letzteres könnte sich aber auch in einem Raum mit Wandmalereien hinter dem Westzwinger befunden haben. Der Boden der Arena (caeva) bestand aus einer festgestampften Kiesschicht auf Lehmuntergrund und senkte sich zur Mitte hin etwas ab (Gefälle 40 cm). Dort befand sich ein steingefasstes, zweieinhalb Meter tiefes Wasserbecken. Im Westen und Osten der Arenamauer stieß man noch auf zwei weitere Eingänge, die zu den Tierzwingern (carceres) führten. Der westliche Zwinger hatte zwei Räume. An der Rückwand befand sich ein kleines Fenster, von ihm aus konnte man mit Spießen und Fackeln die Tiere in die Arena treiben. Im Süden der Arena stieß man auf einen zwei Meter langen Steinblock, an dessen Oberseite ein Eisenring befestigt war. Wahrscheinlich wurden dort während der Spiele Tiere oder Gefangene angekettet.
Die stufenförmig emporsteigenden Zuschauertribünen (bis zu zwölf Reihen) umgaben die 68 × 52 Meter große Arena und erreichten vermutlich eine Höhe von 18 Metern. Die Sitzflächen bestanden aus Holz. Die 4 Meter hohe Arenamauer war anfangs gelb, später rot bemalt. Sie war durch speichenförmig angeordnete Stützmauern, die die Substruktionen, nach außen hin ansteigende Gewölbe, der 25 Meter tiefen Zuschauertribüne trugen, mit der Außenmauer verbunden. Sie war teilweise mit Marmor verkleidet, an ihrer Unterseite wohl mit Strebepfeilern und Bogenarkaden gegliedert und von einem umlaufenden gepflasterten Weg begleitet, der zu den Zuschauereingängen führte. Einige sind noch an der Westseite sichtbar. Hinter der Arenamauer standen im Abstand von zwei und sechs Metern noch zwei weitere Ringmauern. An der Ostseite befanden sich drei repräsentative Logen für Ehrengäste wie dem Stadtrat, dem Offizierskorps und dem Statthalter. Über den Zuschauerrängen waren steinerne Platztafeln angebracht. Zwei davon, eine für die Bürger des Landbezirks Aelenus (loca Aeleni pagi) und eine für das Priesterkollegium der Augustalen (loca Augustalium konnten bei den Ausgrabungen geborgen werden.
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