Zum Heidentor – Fußmarsch außerhalb von Carnuntum
- Geschrieben von Portal Editor
Nach ausgiebiger Besichtigung des Amphitheaters und der Gladiatorenschule außerhalb der Zivilstadt von Carnuntum machten wir uns dann auf den Weg zum Heidentor.
Zwar hatten wir uns den Lageplan mit der Lage des Heidentors ziemlich genau eingeprägt, auch einige Lageplanfotos gemacht, aber die Entfernung dann doch als geringer geschätzt. Das Heidentor liegt etwa 900 m südlich der Zivilstadt von Carnuntum, also weit vor den Toren der Zivilstadt. Die Archäologen vermuten, dass das Heidentor in der Regierungszeit Kaiser Constantius II (351–361 n. Chr.) errichtet wurde. Einmal an der Landstraße, die zu überqueren ist, waren die Ruinen des Heidentors glücklicherweise zu sehen. Während des Rückwegs erkannten wir dann doch eine bessere Wegführung, zumal der von uns gewählte Weg auch noch über die Bahngleise führte. Hier wäre eine bessere Beschilderung vom Amphitheater aus wünschenswert gewesen.
Um die gesamte Region um Carnuntum herum war einst ein bis heute nicht näher lokalisiertes keltisches Siedlungs- und Machtzentrum, dass ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. zum Sammelpunkt für die Expansion der Römer ins freie Germanien (Barbaricum) wurde. Der daran anschließende Aufstieg Carnuntums hing eng mit seiner günstigen Lage am Kreuzungspunkt zweier transkontinentaler Handelsrouten zusammen, der Donau- und der Bernsteinstraße. Carnuntum entwickelte sich rasch zu einem der wichtigsten Siedlungs- und Verteidigungsschwerpunkte in den nördlichen Provinzen des Römischen Reiches. Bei geophysikalischen Untersuchungen wurden in der näheren Umgebung die Reste von temporären römischen Marschlagern identifiziert. Ihre zeitliche Einordnung musste erst durch weitere archäologische Grabungen geklärt werden.
Grabungen am Heidentor deuten auf Regierungsperiode Constantius’ II.
Die Auswertung der Grabungsergebnisse und die Analyse seiner Baustruktur ergaben, dass das Monument der spätrömischen Periode zuzurechnen ist und nicht vor der Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. erbaut wurde. Die Fundzusammensetzung bestätigte auch, dass der Bauplatz überwiegend im späten 4. und frühen 5. Jahrhundert frequentiert wurde. Auch wäre es undenkbar, dass ein im Heidentor verbauter Weihealtar des Oberhauptes des römischen Pantheons, des Jupiter Optimus Maximus, vor der Regierungsperiode Constantius’ II. und dem Erlass seiner antiheidnischen Gesetze (354 und 356) dafür verwendet werden konnte. Es wird angenommen, dass die Errichtung des Monumentes 60 bis 80 Jahre später, in die Zeit der Alleinregierung von Kaiser Constantius II., genauer in die 350er Jahre, zu datieren ist. Darauf weist auch eine Textpassage bei Ammianus Marcellinus hin, in der erwähnt wird, dass Constantius
„…unter hohen Kosten Triumphbögen … an den Flussgrenzen in Gallien und Pannonien errichten und auf ihnen Inschriften über seine Taten anbringen ließ, damit die Menschen von ihm lesen sollten, so lange die Denkmäler stünden.“
– Ammianus Marcellinus
Dies fiel auch in die Zeit der Usurpation des Magnentius, 353 n. Chr.; nach seiner Beseitigung versuchte Constantius die Reichseinheit wieder her zu stellen. 357 bis 359 hielt sich der Kaiser in Sirmium auf, von wo aus er Feldzüge gegen die Stämme der Quaden, Sarmaten und Limiganten führte. Nach deren erfolgreichen Abschluss hielt er dort einen Triumphzug ab und ließ einige Kastelle am mittleren Donaulimes wiederinstandsetzen. Mit dem Bau dieses Siegesdenkmals wurde zum letzten Mal ein markantes Zeichen der uneingeschränkten Macht und Unbesiegbarkeit Roms an diesem Abschnitt des hart umkämpften pannonischen Limes gesetzt, in einer Zeitperiode, in der das Römische Reich großen Umwälzungsprozessen in der Gesellschaft und dramatischen politischen bzw. militärischen Veränderungen ausgesetzt war.
Kaiserstatue inmitten des Quadrifrons
Das Heidentor ist ein Quadrifrons, ein Monument mit doppelten Durchgängen über vier Pfeilern. Die Außenabmessungen waren die eines Würfels mit einer Seitenlänge von 14,5 Metern. Der mächtige Figurensockel im Zentrum des Heidentors verwehrt einen ungehinderten Durchgang und legt die Deutung als Triumphal Monument nahe. Auf dem ca. 4,3 m hohen Figurensockel war wahrscheinlich eine überlebensgroße Kaiserstaue aufgestellt.
Ebenfalls nur vermutlich, wurde das Gebiet um das Heidentor als Aufmarschzone bzw. zur Truppenkonzentration für die Grenzsicherung oder größere Feldzüge genutzt. Bemerkenswert ist auch, dass das Monument nicht direkt am Rand der Limesstraße (via iuxta Danuvium) oder an der Bernsteinstraße platziert, sondern vielmehr zwischen diesen beiden sehr stark frequentierten Verkehrswegen errichtet wurde. Bis ins frühe 5. Jahrhundert gelang es Rom unter großen Anstrengungen, die obere und mittlere Donaugrenze zu halten. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches wurden Legionslager und Zivilstadt aufgegeben und verfielen. Die Gebäude wurden demoliert und ihr Baumaterial zweitverwendet – sogar im Mauerwerk des Wiener Stephansdoms konnten Steine aus Carnuntum nachgewiesen werden. Durch die jahrhundertelange Verwitterung von angewehtem Pflanzenmaterial wurden die meisten Fundament- und Mauerreste allmählich überdeckt; das heutige Bodenniveau liegt ca. eineinhalb Meter über dem antiken. Das Heidentor blieb im Gegensatz dazu über die Jahrhunderte weithin sichtbar.
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