Evliya Çelebi – Reisender im Auftrag des Sultans

Evliya Çelebi – Reisender im Auftrag des Sultans

Als Sohn des Dervis Mehmed Zilli Efendi und seiner Frau, einer aus dem Kaukasus stammenden Hofdame, wurde Evliya Çelebi am 25. März 1611 im Stadtteil Unkapanı in İstanbul geboren.

Aufgrund der sehr guten Lebensbedingungen als Sohn des Ersten Hofgoldschmieds Sultan Ahmed I und des damit verbundenen Einkommens des Vaters, der auch Derviş Mehmed Ağa oder Derviş Mehmed Ağa-i Zıllî genannt wurde und zu der Zeit eine bekannte Persönlichkeit in Istanbul war, hatte Evliya Çelebi eine unbeschwerte Kindheit. Nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen waren seine Vorfahren, die ursprünglich aus Kütahya stammten, nach Istanbul gezogen.

Diese Lebensumstände erlaubten Evliya Çelebi ein Studium an der Medrese Şeyhülislâm Hâmid Efendi nach dessen erfolgreichem Abschluss er den Posten des Koran Rezitators im Serail erhielt. So lernte er Keçi Mehmed Efendi kennen, der für seine weitere Ausbildung in arabischer Grammatik, in Musik, in Kalligraphie und der vertieften Korankunde an der höheren Lehranstalt des Sultanpalastes zuständig war. Evliya Çelebi zeigte sich immer als ein sehr gelehriger Schüler, der sich talentiert auch allein weiterbildete.

Mit der tatkräftigen Unterstützung seines Onkels Melek Ahmed Pascha konnte dann im Jahr 1638 auch Evliya Çelebi eine Anstellung direkt am Hofe des Sultans Murad IV erhalten, er wurde als Leibkavallerist aufgenommen. Diese Anstellung ermöglichte ihm die Erkundung Istanbuls und der näheren Umgebung, wobei er seine Beobachtungen und weitere besondere Auffälligkeiten von Anbeginn an sorgfältig aufschrieb, was auch am Hofe bekannt wurde. Schon im Jahr 1640 begann Evliya Çelebi in halboffizieller Mission erste Teile des Osmanischen Reiches Richtung Bursa, Izmit und Trabzon zu bereisen und bereits 1645 machte er auch vor den Landesgrenzen keinen Halt mehr, denn er reiste als Gesandter der Osmanen zum Tataren-Khan auf die Krim.

Immer weiter führten seine Reisen, die er ausführlich schriftlich dokumentierte wodurch er mehr und mehr zum Schriftsteller von Reisebüchern (Seyahatnâme) wurde und als Zeitzeuge über die osmanische Welt des späten 17. Jahrhunderts berichtete. Er wurde Bote für Befehlshaber des Heeres in Epirus, arbeitete als Buchhalter des Generalgouverneurs in Erzurum, wodurch er bis nach Aserbaidschan und Georgien reisen konnte. Erst 1648 kehrte Evliya Çelebi für kurze Zeit nach Istanbul zurück, reiste aber schon wenig später nach Damaskus. Im Jahr 1651 reiste Evliya Çelebi durch Rumelien, hielt sich dabei längere Zeit in Sofia und Silistra auf und besuchte nach der Schlacht von St. Gotthard auch die Stadt Buda in Ungarn sowie den Balaton. In den Jahren zwischen 1665 und 1670 reiste er durch Österreich, Albanien, Dalmatien, Thessalien, Kreta, Komotini und Thessaloniki. Auf seiner letzten großen Reise, die ihn bis nach Ägypten führte, verstarb Evliya Çelebi wohl im Jahr 1683. Erst durch den Chronisten Joseph von Hammer-Purgstall wurden die Aufzeichnungen Evliya Çelebi wiederentdeckt und im Jahr 1834 übersetzt.

Wie schon gleich zu Beginn seiner aktiven Reisezeit hat Evliya Çelebi über alle bereisten Städte, deren wichtigste Gebäude (sein besonderes Interesse galt fast immer den religiösen Gebäuden, gleich ob Kirche, Moschee oder Synagoge) und auch deren Geschichte. Er beschrieb die angetroffenen Menschen genauso wie deren Bräuche, deren Lieder, deren Sprache und deren Kleidung. An Festen und Feiern nimmt er teil, gleich ob religiöser oder weltlicher Art um Menschen und zwischenmenschliche Beziehungen verstehen und beschreiben zu können. Er beschreibt wichtige Persönlichkeiten genauso wie ganze Familienklans, Dichter und Musiker, Beamte oder Verwaltungen. Selbst wirtschaftliche Aspekte einer Region sowie deren Landwirtschaft bleiben nicht unerwähnt. Er beschreibt Festungen in Lage und Ausrichtung, ja sogar Angaben zur militärischen Lage finden sich in seinen Aufzeichnungen.

All diese Beschreibungen erfolgen dabei allerdings ohne echte Systematik. Auch sind diese Beschreibungen weniger einem wissenschaftlichen Hauptthema zu zuordnen. Er beschreibt halt die Dinge, die ihm wesentlich erscheinen, beschreibt dabei teilweise bewusst auch so, das der Leser interessiert weiter lesen möchte, kurz, auch Übertreibungen kommen durchaus vor, genau so, wie er es mit den Zahlen nicht so genau nimmt.

Alle diese Berichte veröffentlicht Evliya Çelebi in einer zehnbändigen Reihe, die mit „Seyahatnâme“ betitelt wird. Frei übersetzt bedeutet dieser Titel einfach nur „Reisebuch“.

Wahrscheinlich war dem Autor nicht bewusst, das diese Werke noch heute eine der wichtigsten Quellen für das Leben und die Kultur im Osmanischen Reich des 17. Jahrhunderts ist. Oft finden sich auch Worte gleichen Stamms bei verschiedenen Kulturen, die von ihm festgehalten worden sind und so heute Sprachwissenschaftlern Aufschluss über Völkerwanderungen und Sprachvermischung geben. Er beschreibt dabei die Besonderheiten indem er auch sein Gefühl, ja sogar Kommentare und Gedanken mit einfließen lässt.

Die zehn Bänden seines Fahrtenbuches „Seyahatnâme“ 
1. Istanbul und Umgebung (1630)
2. Anatolien, den Kaukasus, Kreta und Aserbaidschan (1640)
3. Syrien, Palästina, Kurdistan, Armenien und Rumelien (1648)
4. den Irak (1655)
5. Russland und die Balkanhalbinsel (1656)
6. die Ungarnfeldzüge (1663/64)
7. das Kaisertum Österreich, die Krim und nochmals den Kaukasus (1664)
8. Griechenland, nochmals die Krim und Rumelien (1667-1670)
9. die Haddsch (Pilgerfahrt) nach Mekka (1671)
10.Ägypten und den Sudan (1672)

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