Armenisches Königreich von Kilikien (1080 – 1375)

Armenisches Königreich von Kilikien (1080 – 1375)

Mit dem zunehmenden Machtverlust im Oströmischen Reich Byzanz entstand in einzelnen Regionen des zerbröckelten Großreichs ein Machtvakuum, das relativ schnell von kleineren Königreichen ausgefüllt wurde, wie auch in Kilikien.

Aufgrund der Flucht vor den seldschukischen Eroberern gründeten armenische Siedler ein neues Königreich, das seine Position als unabhängiger Staat letztendlich bis 1375 bewahren konnte.

In der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Konstantin Monomachus (1024 – 1055) waren vor den Seldschuken flüchtende Armenier in Sebastia und Caesarea Cappadociae als bislang südwestlichstem Siedlungsgebiet in ihrer Geschichte angesiedelt worden. Die Region Kilikien wurde in der westlichen Geschichtsschreibung häufig etwas ungenau mit Königreich Kleinarmenien bezeichnet, was zu Verwechselungen mit der antiken Region Armenia Minor am Oberlauf des Euphrat in Ostanatolien führte. 

Der Armenier Abul Gharib wurde im Jahr 1042 von Byzanz zum ersten armenischen Gouverneur von Kilikienbestimmt, wodurch sich der Zustrom der flüchtenden Landsleute aus dem Norden weiter verstärkte. Neue Siedlungen entstanden entlang der kilikischen Pforte vor allem als Abul Gharib seinem Gefolgsmann Oschin, der zum Stamm der Hethumiden zählte, die Festungen Lambron und Barbaron zum Ausbau und zur Kontrolle der kilikischen Pforte um 1072 zuwies. Die Festung Lambron wurde so zum Stammsitz des Klans der Hethumiden, die ab 1226 die Könige im Reich Kilikien stellten. Fast parallel ergriff der Armenier Vasak in Antiochia die Macht, wurde aber bereits 1080 durch Soldaten aus Byzanz getötet wodurch die Stadt zurück an Byzanz fiel. In Edessawar es der Armenier Abu Kab, der das Machtvakuum der schwächelnden Byzantiner nach der Schlacht bei Manzikert für sich nutzen konnte.

Rubeniden gründen das Kilikisch-Armenische Reich

Der Familienklan der Rubeniden, einem Klan der auch schon weit vorher in Armenien und Georgien die Stämme regieren konnte, schaffte dann die Gründung des Kilikisch-Armenischen Reichs im Jahr 1079. Ein Bündnis mit Philaretos Brachamios, dem damaligen Herrscher über Antiochia und Edessa, brachte den entscheidenden Durchbruch. Ruben konnte von seiner Burganlage Kosidar ausgehend weite Teile der kilikischen Ebene erobern und damit sein Reich festigen. Sein Sohn Konstantin I dehnte die Eroberungen sogar noch aus, da die Byzantiner zu der Zeit merklich schwächer wurden. Zu dieser Zeit wurde Kilikien zum engen Verbündeten der Kreuzfahrerstaaten Europas, womit auch das eigentliche Intrigenspiel mit Byzanz zusammen hing. Aus ihrem ursprünglichen Besiedlungsgebiet durch muslimische Seldschuken vertrieben, entwickelte sich ein stark zunehmender Nationalismus mit umfangreichem Kulturgut, der sich teilweise bis heute erhalten hat. Es war überwiegend Bohemund II (1108 – 1130), dem Fürsten von Antioch und Edessa, zu verdanken, das ein Einfall der Danischmenden erfolgreich zurückgeschlagen werden konnte, wobei Bohemunds Armee allerdings geschlagen und Bohemund II das Leben verlor. Hauptstadt Kilikiens war jetzt Sis, das heutige Kozan.

Wenige Jahre später hatten sich die Byzantiner unter Kaiser Johannes II soweit wieder gestärkt, das es im Jahr 1138 gelang, Kilikien für Byzanz zurück zu erobern. Dies hielt jedoch nur kurz den Lauf der Geschichte auf. Bereits unter Thoros II waren die Rubeniden wieder fast selbstständig regierend. Die folgenden Jahre zeigen ein Wechselspiel der Machtverhältnisse, die in Bündnissen mit den Byzantinern, den Kreuzritterstaaten, den Türkenund den Mongolen lebhaft wechselten, wobei die Rubeniden es geschickt verstanden, ihr Einflussgebiet auszuweiten. Bisher als Herren der Berge genannt, gelangten rubenidische Fürsten jetzt zur Königswürde. Die Huldigungen des rubenidischen Fürsten Leon II an die Adresse des römisch-deutschen Kaisers Heinrich VI brachte dann den eigentlichen Schritt zum Königreich von Kilikien: durch den Mainzer Erzbischof Konrad von Wittelsbach wurde Fürst Leon II in Tarsos im Jahr 1198 zum König des Armenischen Königreichs von Kilikien gekrönt.

Hethum I beteiligt sich an Plünderungen von Aleppo und Damaskus

Als im Jahr 1219 König Leon verstarb, ging zwar die Krone an seine noch minderjährige Tochter Zabel, aber als Regenten hatte er bereits jemanden anderes eingesetzt. Als auch dieser starb, war der Hethumide Konstantin von Lambron zur Stelle und übernahm die Regentschaft. Wenig später verheiratete Konstantin Zabel, die Tochter König Leons, mit Philipp von Tripolis, einem der Söhne Bohemunds IV, um sich selbst an hoher Position im Reich zu halten. Trotz eines unterschriebenen Ehevertrags, der von Philipp, der lateinischer Katholik war, unterschrieben und der ihn, Philipp, verpflichtete zur armenischen Kirche überzutreten, verweigerte er diesen Schritt und plünderte in der Folge sogar das Land zu Gunsten von Antiochia aus. Konstantin lies daraufhin Philipp einkerkern und später vergiften. Nur wenig später verheiratete er Zabel erneut, diesmal mit seinem Sohn Hethum, der bereits wenig später aus dem Zabel zustehendem Recht zum König gekrönt wurde.

Als König schuf Hethum I ein Bündnis mit den Mongolen gegen die Mameluken aus Ägypten, trat offensiv im Kampf gegen die Mameluken ein und beteiligte sich mit seinen Truppen an den Plünderungen von Aleppo und Damaskus. In der Folge wurde das Königreich Kleinarmenien immer wieder zum Ziel mamelukischer Angriffe, die schon 1292 bis tief nach Kilikien hinein verliefen. Neben Sultan al-Ashraf  Chalil war es vor allem sein Nachfolger an-Nasir, der 1303 die Mongolen besiegen konnte und dadurch immer weiter nach Westen vorgedrungen war. Jetzt war der Bestand des Königreichs endgültig gefährdet.

Im Jahr 1360 konnte Peter I von Zyperneinige Städte entlang der Küste des Königreichs erobern, woraufhin er sich zum König von Armenien ernannte. Nach seiner Ermordung am 16. Januar 1360 übernahm Sohn Peter II zwar den Titel, verlor aber auch schon bald die Besitztümer. Als im Jahr 1375 die Mameluken auch die Hauptstadt Sis erobern konnten, war es auch mit dem letzten regierenden König des Reichs Armenien, König Leon VI, vorbei. Er wurde gefangen genommen, später gegen Zahlung eines Lösegeldes aber wieder freigelassen und lebte dann bis zu seinem Tod im Jahr 1393 in Paris. Seine Thronansprüche gingen an seinen Onkel Jakob I, der König von Zypernwar. Noch heute ist die Grabstelle König Leon VI in Paris Saint Germain zu sehen.

Kleinarmenien wird in das Osmanische Reich eingegliedert

Mit dem Tod Jakobs II von Zypern im Jahr 1473 erlosch dann auch die Linie der Lusignans, wodurch die Thronansprüche auf die Krone Kilikiens an die Republik Venedig übergingen. Auch das Haus Savoyen stellte zwar noch Thronansprüche, allerdings war zu dieser Zeit Kilikien schon fest in der Hand der Muslime, die dann 1515 ganz Kleinarmenien in das Osmanische Reich eingliederten.

Liste der rubenidischen Herrscher 
•    Ruben, Herr vom Berge 1080-1092.
•    Konstantin I. Herr vom Berge 1092-1100
•    Thoros I. Herr vom Berge 1100-1129
•    Leon I., Herr vom Berge 1129-1139 ∞ Beatrice von Bourg-Rethel
•    Thoros II. (1120-1169), Herr vom Berge 1145-1169 ∞ Isabella von Courtenay von Edessa
•    Mleh, Herr vom Berge 1170-1175
•    Ruben III. (1145-1182), Herr vom Berge 1175-1182
•    Leon II. (1150-1219), Herr vom Berge ab 1189, als Leon I. König von Armenien 1199-1219
•    Zabel (Isabella) ∞ Philipp von Antiochia, ∞ Hethum von Lambron, 1226-1269.

1226 fiel die Herrschaft über Kleinarmenien mit der Heirat von Zabel mit Hethum I. an die Hethumiden.

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