Konrad Peutinger – Tabula Peutingeriana Straßenkarte
- Geschrieben von Portal Editor
Oft sind uns römische „Straßenkarten“ als Abschnitte oder Kopien, der jeweiligen Region zugehörig, in Römermuseen begegnet, hatten wir den Namen Konrad Peutinger aus der angesehenen Kaufmannsfamilie der Reichsstadt Augsburg mit diesen Karten in Verbindung bringen können.
Für die damals als ungemein fortschrittliche Entwicklung der historischen Wissenschaften erlangten Peutingers Sammlungen antiker Überreste und seine Schriften zur Erforschung der römischen Antike in seiner Heimatregion Augsburg immense Bedeutung.
Noch heute sind Teile seiner Sammlung römischer Steindenkmäler in seinem Augsburger Wohnhaus, dem so genannten Peutingerhaus, zu sehen. Überragende Bedeutung besitzen auch seine Werke Inscriptiones Romanae (Augsburg 1520) und die nach ihm benannte Tabula Peutingeriana, einer spätantiken Straßenkarte des Römischen Reiches, die sich später als eine der wichtigsten Quellen aus dieser Zeit herausgestellt hat. Dabei spielten verschiedene Zufälle eine entscheidende Rolle, denn Peutinger hatte die Karte 1507 von Conrad Celtis aus Wien erhalten und daraufhin eine Veröffentlichung vorbereitet, die jedoch erst nach seinem Tode zustande kam.
Schon in der Antike hatten Gelehrte zahlreiche Ideen, sich ein genaueres Bild ihrer damals bekannten Welt zu erarbeiten. Was für die Erfassung der Sternbilder gelten sollte, war auch auf der Erde eine Herausforderung. So gab es bereits Vermesser, die eine recht exakte Kartierung einzelner Gebiete vornehmen konnten, erinnert sei an dieser Stelle an den Geographen Pomponius Pella (siehe Bild unten), der eine Vermessung des Bodensees vorgenommen hatte.
Tabula Peutingeriana – römische Karte zur Orientierung
Die exakte Vermessung war auch eine Grundlage für den so fortschrittlichen Straßenbau der Römer.
Kein Wunder also, dass man versuchte, auch diese Daten für den Handel und Transport zu nutzen: in Form einer Straßenkarte, in der alle wichtigen Handelsorte verzeichnet waren.
Das mutmaßliche Original dieser Straßenkarte aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts (ca. 375 n. Chr.) enthielt die grafische Darstellung der damals bekannten Welt, in der die Straßen als Verbindungslinien zwischen einzelnen Etappenorten eingetragen waren.
Der bis heute unbekannte Autor wollte nach dem Vorbild antiker Weltkarten eine einheitliche Darstellung der Terra habitabilis des 4. Jahrhunderts geben; es fehlen weitgehend die germanischen Gebiete rechts des Rheins und Nordeuropa.
Das spätantike Original lässt sich auf verschiedene mögliche Vorläufer zurückführen, darunter eine von Marcus Vipsanius Agrippa geplante Wandkarte des Erdkreises.
Nach seinem Tod war diese Karte in den Grabstein eingemeißelt worden, der sich in der Porticus Vipsaniae, nicht weit vom Friedensaltar, an der Via Flaminia in Rom befindet.
Als weitere Vorläufer kommen in Betracht das Itinerarium Antonini (ein Straßenverzeichnis des dritten Jahrhunderts in Buchform) und mehrere Überarbeitungen einer älteren Straßenkarte des Römischen Imperiums.
Die Originalkarte wurde offenbar nach 330 angefertigt, da sie bereits die in diesem Jahr eingeweihte Stadt Konstantinopel zeigt. Jedoch war sie nicht auf dem damals aktuellen Stand, da auch noch die Städte Pompeji, Herculaneum, Oplontis und Stabiae angeführt werden, die nach dem Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr., komplett verschüttet und nicht wiederaufgebaut worden waren. Andererseits sind einige Orte in der Provinz Germania inferior eingezeichnet, die im 5. Jahrhundert zerstört wurden.
Die Originalkarte wurde in der Forschung seit Franz Christoph von Scheybs Untersuchung 1753 als Produkt römischer Kartografie betrachtet. Michael Rathmann nimmt dagegen an, dass die Vorlage der Karte in hellenistischer Zeit (evtl. um 250 v. Chr.) entstand, da sie weit über den Einflussbereich des römischen Imperiums hinausgeht und entlegene Gegenden Asiens verzeichnet, die für die Reichspolitik der Römer uninteressant waren. Ferner ist nur die in hellenistischer Zeit bekannte Welt dargestellt und weitere Gebiete, die den Römern schon bekannt waren wie beispielsweise China oder Germanien, noch nicht erfasst.
Mittelalterliche Kopie durch Angehörige der Familie
Leider ist die spätrömische Straßenkarte nur in einer mittelalterlichen Kopie aus dem 12. Jahrhundert erhalten geblieben. Der Humanist Conrad Celtis (alias Konrad Bickel, 1459–1508) entdeckte die Handschrift und übergab sie um 1507 seinem Freund Konrad Peutinger. Es ist weder bekannt, wie Celtis in den Besitz dieser Kopie gelangt ist, noch wo sie erstellt wurde. Als mögliche Entstehungsorte wurden Worms, Speyer, Colmar, Tegernsee und Basel genannt. Nach dem Tode Peutingers wurde im Auftrag eines Angehörigen der Familie eine Kopie angefertigt, nach der Abraham Ortelius 1598 in Antwerpen eine vollständige Ausgabe veröffentlichte.
Danach galt Peutingers Kopie als verschollen. Sie wurde erst 1714 wieder aufgefunden und gelangte 1715 in den Besitz des Prinzen Eugen von Savoyen. Nach seinem Tod im Jahr 1736 erwarb Karl VI. dessen gesamte Bibliothek und verleibte sie der Kaiserlichen Hofbibliothek (Codex Vindobonensis 324) ein. 1863 wurde die Tabula in der Bibliothek aus konservatorischen Gründen in ihre Einzelsegmente zerlegt und zunächst zwischen Glasplatten, ab 1977 Acrylplatten, aufbewahrt.
Peutinger schlug nach dem Studium in Bologna und Padua, wo er zum Doktor beider Rechte promovierte, eine Laufbahn als Jurist ein.
Dabei lernte er die Bewegung des Renaissance-Humanismus intensiver kennen, die ihn lebenslang begleiten sollte. 1493 wurde er zum Syndikus in seiner Vaterstadt Augsburg erwählt.
Als Abgeordneter wohnte er mehreren Reichstagen bei wie z. B. dem Reichstag zu Worms (1521) und wurde von Maximilian I. zum kaiserlichen Rat ernannt.
Peutinger war von 1497 bis 1534 zudem Stadtschreiber in Augsburg, wo er 1515 ein bis heute erhaltenes Anwesen erwarb, das sogenannte Peutingerhaus.
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