Ernst E. Hirsch – als deutscher Rechtsgelehrter im Lande Atatürks

Der Rechtsgelehrte Ernst Erich Hirsch wurde am 20. Januar 1902 in Friedberg  in Hessen geboren.

An den schon damals großen Universitäten von Frankfurt und München studierte Hirsch Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften mit Promotion im Jahr 1924. Es folgten weitere Studien an der Universität Gießen mit abschließender Habitulation im Jahr 1930.

Nach seinem Studium wurde Hirsch im Januar 1931 zum Amtsgerichtsrat in Frankfurt ernannt, womit er gleichzeitig Richter auf Lebenszeit wurde.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde Hirsch Ende März 1933 aus seinem Amt entlassen, was er selbst mit dem „Tag der deutschen Schande“ umschrieb, denn an diesem Tag riefen die Nazis zum Judenboykott auf. Wie viele andere bekannte Persönlichkeiten (Ernst Reuter) hatte auch Hirsch eine Einladung von der türkischen Regierung erhalten, am Aufbau der Türkei nach neuen Grundsätzen mitzuwirken, im Fall von Ernst E. Hirsch den Aufbau des neu gegründeten Lehrstuhls für Handelsrecht an der Universität in Istanbul zu übernehmen. 

Zunächst nach Holland emigriert, reiste Hirsch im Oktober 1933 in die Türkei ein. Eine Entscheidung, die ihm wohl das Leben rettete denn viele seiner Bekannten und Verwandten kamen in den KZ´s der Nazis um. Sein zunächst auf 5 Jahre begrenzter Vertrag am Lehrstuhl in Istanbul sah vor, das Hirsch zumindest in den ersten drei Jahren in deutscher Sprache mit Simultandolmetscher arbeiten durfte, was ihm den Einstieg sehr viel leichter machte. Sein Vorlesungsstil, die Studenten mit Fragen zu konfrontieren, dazu das zu Beginn etwas holprige Türkisch, waren zunächst Hemmschuhe in der Akzeptanz. Doch schon bald wurde er zu Beginn mit lautem Klatschen von seinen Studenten empfangen und gleich so verabschiedet. Nach dem dritten Jahr war Hirsch verpflichtet, seine Vorlesungen nur noch einsprachig in Türkisch zu halten. Auch der Dekan hatte sich mittlerweile an seinen Vorlesungsstil der direkten Studenteneinbindung gewöhnt, so das Hirsch bald zu einer großen Persönlichkeit aufstieg und seine Beliebtheit an der Hochschule stetig anstieg. IM Jahr 1943 wechselte Hirsch an die Universität von Ankara über, um dort Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und juristische Methodenlehre zu unterrichten. Nach fast zwei Jahrzehnten, in denen Hirsch neben der türkischen Staatsbürgerschaft auch das türkische Beamtenrecht erhielt, beendete Hirsch seine Tätigkeiten im Jahr 1952.

Ihm ist zu verdanken, das die türkische Rechtsprechung und das Hochschulsystem so stark am westlichen Vorbild orientiert sind. Seine Werke gehören auch heute noch zu den Standardwerken in der Ausbildung der türkischen Juristen, er lieferte Gesetzentwürfe und Konzepte zum türkischen Handelsgesetzbuch, Aktiengesetz, Universitätsgesetz und zur Urheber- und Erfinderrechtsgesetzgebung. 

Da Hirsch durch die Nazis seine deutsche Staatsbürgerschaft verloren hatte, wollte er zunächst nicht nachDeutschland zurück kehren. Erst durch seinen Weggefährten Ernst Reuter, selbst Emigrant in der Türkei aber nun gewählter Bürgermeister von Berlin, lies sich Hirsch überzeugen einen Lehrstuhl an der Freien Universität in Berlin anzunehmen und dort wurde er zwischen 1953 und 1955 zum Rektor gewählt. Jetzt erhielt Hirsch auch seine deutsche Staatsbürgerschaft zurück.

Der türkische Journalist Ahmed Emin Yalman sagte 1958 in der türkischen Tageszeitung Yaman über Hirsch:

„Professor Hirsch ist nach den zwanzig Jahren, die er in der Türkei verbracht hat, völlig einer der unseren geworden. Er mag ein sehr guter Deutscher sein, aber zweifellos ist er im gleichen Grad ein guter Türke.

- Gekürzte Neuauflage: Als Rechtsgelehrter im Lande Atatürks, Berliner Wissenschafts-Verlag 2008 ISBN 978-3-8305-1533-3

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