Yadegar Asisi - Architekt des Großpanoramas Pergamon
- Geschrieben von Portal Editor
Beim Rundgang durch die modernen Elektronikabteilungen der Großraumkaufhäuser findet man die neuesten Hightech Fernsehgeräte, die neben brillantem Dolby Surround jetzt verstärkt auf 3D Visualisierungen mit teilweise überraschenden Effekten setzen.
Zwar muss der Betrachter sich dazu technischer Hilfsmittel in Form von Brillen bedienen, aber auch in diesem Bereich geht es zügig in der Entwicklung weiter.
Schon immer haben sich Designer, Grafiker, Maler und Architekten um Möglichkeiten zur Verbesserung der Visualisierung gekümmert und dabei sind echte Kunstobjekte entstanden, die von der reinen Faszination bis hin zur Überforderung des Gehirns, da nicht mehr vorstellbar, reichen können. Der Holländer M.C. Escher war ein solcher Grafiker, der geschickt dreidimensionale Gebäudeansichten so miteinander verband, dass es als ein Gebäude in Ansichten von oben und unten gleichzeitig erscheint. Dies gilt auch für von gezeichnete Wasserkreisläufe, die von verschiedenen Punkten aus betrachtet, im Bild als entgegengesetzt herab und herauf fließend gleichzeitig dargestellt werden. Verwirrend für das menschliche Gehirn, da technisch unmöglich.
Auch der Architekt Yadegar Asisi beschäftigt sich seit Jahren mit den Möglichkeiten von Visualisierungen:
- - wie lasse ich zweidimensionale Bilder dreidimensional erscheinen.
- - Wie verhalten sich Architektur und Dekorationsmalerei zueinander
- - Wie entstehen mit Hilfe der Geometrie oder Untersichtsdarstellungen räumliche Eindrücke, optische Täuschungen und Illusionen?
Als Sohn persischer Eltern wurde Yadegar Asisi in Wien im Jahr 1955 geboren, verbrachte aber schon seine Schulzeit in Leipzig und zog für sein Studium der Architektur (1973 – 1978) an der Technischen Universität nach Dresden. Obgleich nun diplomierter Architekt zog es Asisi dann an die Hochschule der Künste nach Berlin, wo er von 1978 bis 1984 weiter studierte und nach Beendigung einen Lehrauftrag für perspektivisches Zeichnen erhielt. Über die Arbeit als Gastprofessor für freie Darstellung im Fachbereich Architektur war Asisi von 1996 bis 2008 Professor im gleichen Fachbereich an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin.
Bereits während seines Studiums beschäftigte Asisi sich mit den Künstlern verschiedenster Kategorien hinsichtlich deren perspektivischer Arbeiten, sei es Leonardo da Vinci oder Andrea Mantegna. Ihn interessierte dabei vor allem die exakte Perspektive in Verbindung zu den verschiedensten Formen der illusionistischen Malerei und besonders auch die manchmal verwirrende Methode der perspektivischen Verzerrung (Anamorphose), wie sie von M.C. Escher beherrscht wurde.
In den langen Jahren seiner Selbstständigkeit und trotz mittlerweile weit entwickelter Architektursoftware zeichnet Asisi seine Bühnenbilder und Architektursimulationen weiterhin per Hand auf Papier. Durch die fortwährende Arbeit in der Öffentlichkeit für Auftraggeber aus dem Privaten wie aus dem öffentlichen Bereich entwickelte sich der Ruf Asisis als Spezialist für dreidimensionale Darstellungen, die auch vielfach unter künstlerischen Gesichtspunkten ausgezeichnet wurden.
Ein weiteres Highlight im Arbeitsleben Yadegar Asisis war der Moment im Jahr 2003, als der Architekt Daniel Libeskind den Wettbewerb zur Wiederbebauung des zerstörten World Trade Centers in New York gewann und dazu auch ein Panoramabild von Asisi verwendete. Dann folgte im Jahr 2005 eine Panoramaausstellung „Berlin 2005 – City Vision“, die großen Anklang fand und in Kooperation mit dem Stern gestaltet werden konnte. Es folgten einige Jahre der Konzentration auf seine Panoramahäuser in Dresden und Leipzig, bis mit dem jetzt ausgestellten 360° Großpanorama „Pergamon“ auf der Berliner Museumsinsel im Pergamonmuseum ein neues Highlight gesetzt werden konnte.
(Die gezeigten Bilder zeigen die Ausstellung Amazonien in Leipzig)
Grabungsglück und Kaiserwahn / © Asisi
Berlin erwartet die erste umfassende Ausstellung über die Kulturgeschichte Pergamons. Auf der Museumsinsel zeigt sich die große Antikensehnsucht der Deutschen.
Nach Pergamon ist man mit der Stadtbahn gefahren. 1886 strömten die Berliner zur Jubiläumsausstellung auf das Gelände zwischen Lehrter Stadtbahnhof, Invalidenstraße und Alt-Moabit. Hier, wo nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang eine Stadtbrache gähnte und sich derzeit die Baustelle des Innenministeriums befindet, fand man alles, was zur Bildung und Belustigung diente. Neben einem pompösen Ausstellungspalast für zeitgenössische Kunst gab es ein Freigelände mit diversen Vergnügungsangeboten. Der Besucher konnte wählen zwischen einer Osteria im italienischen Stil, ägyptischen Tempeln, in denen Kaiserdioramen von kolonialen Großtaten am Kongo und in Sansibar kündeten – und einem seltsamen antikisierenden Zwitter. Auf einer Sockelnachbildung des Pergamonaltars stand in polychromer Pracht die rekonstruierte Fassade des Zeustempels aus Olympia und dahinter ein 60 Meter breites Pergamon-Panorama der Berliner Kulissenmaler Max Koch und Alexander Kips.
Yadegar Asisi, der als Entree für die am kommenden Donnerstag eröffnende Pergamon-Ausstellung ein Großpanorama in den Ehrenhof gestellt hat, knüpft also an große Traditionen an. Nach der sensationell erfolgreichen Tell-Halaf-Ausstellung auf der Museumsinsel, die 750.000 Besucher zählte, erwartet Berlin nun ein weiteres museal-archäologisches Großereignis. Es ist die erste umfassende Ausstellung über die Kultur undGeschichte der antiken Metropole in der heutigen Türkei.
Olympia und Pergamon, das waren die beiden Großbaustellen der deutschen Archäologie im Kaiserreich. 1875 hatte man in Olympia zu graben begonnen, 1878 in Pergamon. Zum Jubiläumsfest 1886 waren die Funde von Pergamon also gerade wenige Jahre bekannt. Die ersten Friese der Gigantomachie wurden der Berliner Öffentlichkeit 1879 in der Rotunde des Alten Museums präsentiert, provisorisch vor die dort stehenden Statuen platziert. Bis sie 1901 in einem ersten, von Fritz Wolff entworfenen Interimsmuseum hinter dem Neuen Museum komplett gezeigt werden konnten, sollten noch weitere zwanzig Jahre vergehen. Bis dahin war vor allem der Fries mit dem Kampf zwischen Göttern und Giganten durch Ferienkurse, Abgüsse, Wandtafeln und Gipse längst Gegenstand der schulischen und universitären Bildung geworden.
Die Pergamon-Begeisterung war von Anfang an groß. Der Mythos einer spätantiken Stadt, die sich mit einzigartiger Pracht innerhalb kürzester Zeit auf spektakulärer Terrassenlage an der kleinasiatischen Küste erstreckt und einen selbstbewussten Gegenentwurf zum klassischen Athen bildet, ließ sich für das renommiersüchtige wilhelminische Deutschland bestens verwerten. War nicht Telephos, Sohn des Herakles und mythischer Gründer von Pergamon, dem der kleinere Fries im Inneren des Altars gewidmet war, von einem Löwen gesäugt worden, während Romulus und Remus nur eine Wölfin an Mutters statt kannten? Ähnlich löwenherzig kamen sich die deutschen Pergamonfreunde vor, als sie 1886 in antiken Gewändern zum Jubiläumsfest pilgerten.
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