Cosplay, Manga, Anime – auf der Leipziger Buchmesse
- Geschrieben von Portal Editor
Manga ist eigentlich nur der japanische Begriff für Comics. Da sich in Japan Comics und Anime aber zu einem echten Wirtschaftsfaktor entwickelt haben, der sich auch in Europa immer stärker ausgebreitet hat, wird es Zeit sich mit diesem Phänomen einmal etwas näher zu beschäftigen.
Auch wir waren überrascht, welche Ausmaße Manga, Anime und dem damit einhergehenden Cosplay mittlerweile eingenommen hat. Eine Community hat sich entwickelt, die zumindest teilweise in so etwas wie in einer Traumwelt lebt.
Manga – ein japanischer Wirtschaftsfaktor
In Japan stellen Manga heute einen bedeutenden Teil der Literatur sowie der Medienlandschaft dar. Der Mangamarkt ist der weltweit größte Comicmarkt. Die Wurzeln des japanischen Comics reichen allerdings bis ins Mittelalter und weiter zurück.
Die ältesten bekannten Vorläufer der japanischen Comic-Kunst sind Zeichnungen und Karikaturen aus dem frühen 8. Jahrhundert, die im Jahr 1935 bei Restaurierungsarbeiten am Hōryū-Tempel in Nara auf der Rückseite von Deckenbalken entdeckt wurden.
Buddhistische Mönche begannen schon früh, Bildergeschichten auf Papierrollen zu zeichnen. Diese werden auch Emakimono genannt.
Ursprung der Bildergeschichten in Japan
Im 13. Jahrhundert begann man, Tempelwände mit Zeichnungen von Tieren und vom Leben nach dem Tod zu bemalen. In der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert kamen Holzschnitte auf, die in Hefte gebunden und vor allem an die wohlhabende Mittelschicht verkauft wurden. Auch Zeichnungen aus dem Alltagsleben bis hin zu erotischen Bildern kamen hinzu. Seit der Zeit der ersten noch religiösen Zeichnungen war die Kunst oft von einem absurden Humor bis hin zum Fäkalhumor geprägt. Seine heutige Form ist jedoch wesentlich durch die westlichen Einflüsse im 19. und 20. Jahrhundert geprägt.
Außerhalb von Japan bezeichnet der Begriff Manga meist ausschließlich aus Japan stammende Comics, wird aber mittlerweile auch für nichtjapanische Werke verwendet, die visuell und erzählerisch stark an japanische Vorbilder angelehnt sind. Eine klare Abgrenzung von Manga durch Stilmerkmale ist wegen der großen formalen und inhaltlichen Vielfalt des Mediums in Japan nicht möglich. Zu den wichtigsten vom Manga beeinflussten Comickulturen gehören die koreanischen Manhwa sowie Manhua aus dem chinesischen Raum. Viele als typisch angesehene Stilelemente von Manga finden sich auch im japanischen Animationsfilm, dem Anime, wieder.
Paul Gravett – ein Journalist weiß mehr
Seit den 1990er Jahren sind Mangas neben Animes und Computerspielen ein erfolgreiches kulturelles Exportgut Japans, dass sich auch in Europa stark ausbreiten konnte. Paul Gravett ist ein britischer Journalist, Autor und Kurator, der seit 1981 im Comic-Journalismus arbeitet. Er schrieb unter anderem für The Guardian, Blueprint, The Comics Journal, Comics International und Dazed & Confused. Er war Herausgeber der Comic-Magazine Pssst! und Escape.
Außerdem kuratiert er Ausstellungen über Comics und schrieb einige Fachbücher oder wirkte an diesen als Herausgeber mit. Zu den bedeutendsten Ausstellungen zählten eine Ausstellung über die Geschichte des englischen Comics beim Festival International de la Bande Dessinée d’Angoulême und die jährliche Comicausstellung beim Institute of Contemporary Arts. 1992 wurde er Vorsitzender des Cartoon Art Trust.
Paul Gravett beobachtete in der Leserschaft von Mangas mehrere Gruppen: neben den meisten Lesern, die nur gelegentlich lesen und nur einige wenige Serien verfolgen, gibt es eine deutlich kleinere Gruppe von Fans des Mediums sowie innerhalb diesen die besonders aktive Gruppe der Otaku, wie besonders besessene Fans teilweise genannt werden.
Daneben gibt es einen Markt von Sammlern seltener Manga-Ausgaben, der jedoch deutlich kleiner als die Sammlerszene in den USA ist – auch weil die meisten Serien immer wieder neu aufgelegt werden. Otaku wurden seit Aufkommen der Szene in den 1980er Jahren von der Gesellschaft und Medien als gestörte Stubenhocker gebrandmarkt und grenzten sich – auch als Reaktion darauf – bewusst von der Gesellschaft ab. Für Fans, die besonders viele Serien sammeln und nicht mehr alle Bücher lagern können, wird zunehmend eine Dienstleistung namens jisui angeboten: ein Unternehmen scannt für den Kunden dessen Bücher, die er dann nur noch als digitale Kopie aufbewahrt.
Fanszene weitet sich auch in Deutschland aus
Seit den 1970er Jahren entwickelte sich eine starke Fanszene, die wesentliche Überschneidungen zu der von Animes aufweist. Fans sind oft selbst kreativ tätig. Beliebte Formen sind Fanart, Fanfiction und Dōjinshi, wobei die Verlage in Japan dabei meist dulden, dass bei den selbstverlegten Fortsetzungen oder Alternativerzählungen der Fans Urheberrechte verletzt werden. Auch werden von Fans Veranstaltungen organisiert: Der zwei Mal jährlich seit 1975 in Tokio stattfindende Comic Market (auch ‚Comiket‘ genannt) ist nicht nur die größte Dōjin-Messe Japans, sondern mit 35.000 Ausstellern und über 500.000 Besuchern sogar die größte Comic-Veranstaltung der Welt. Die kreative Fanszene, in der neben Adaptionen bekannter Werke auch Eigenschöpfungen entstehen und angehende Künstler ihre ersten Werke publizieren, wird von jungen Frauen dominiert. Das rührt auch daher, dass in der japanischen Gesellschaft der Druck auf Männer größer ist, schnell zu studieren und berufstätig zu werden, sodass sie seltener Gelegenheit für zeitaufwändige Hobbys haben.
Cosplay – das Verkleiden als Figur aus einer Mangaserie – ist ein beliebtes Hobby in der Fanszene. Dies reicht bis zu Cosplay-Cafés, in denen auch die Bedienung kostümiert ist.
Die MCC 2024 (Manga-Comic-Con) war Teil der Leipziger Buchmesse im März. So konnten auch wir uns ins Getümmel der Hefte und Figuren der japanischen, europäischen Comic-Literatur stürzen.
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1. 35 Prozent der Besucher*innen kommen im Cosplay zur Veranstaltung
Die Manga Comic Con findet immer im Rahmen der Leipziger Buchmesse statt. Rund ein Drittel der Besucher*innen der Manga-Comic-Con erscheinen im Cosplay.
2. 2024 sind 451 Aussteller*innen vertreten
Zur allerersten Manga-Comic-Con im Jahr 2014 waren 169 Aussteller*innen vertreten, in diesem Jahr sind es mehr als doppelt so viele. Zur diesjährigen Messe gibt es unter den Aussteller*innen auch einen neuen Fashion-Bereich mit Angeboten rund um Kleidung, Schmuck und Ähnlichem.
3. 2019 gab es einen Heiratsantrag
Während der Siegerehrung des Leipziger Cosplay Wettbewerbs hat sich auf der großen Bühne ein Paar verlobt. Das JA-Wort fiel unter Applaus der Zuschauer*innen.
4. 19 Ehrengäste aus Japan
Seit 2014 sind schon 19 japanische Ehrengäste nach Leipzig kommen. Dieses Jahr kommen drei japanische Gäste zur Messe. Generell kommen die Ehrengäste aus der ganzen Welt zur Manga-Comic-Con. Sie präsentieren dort ihre neuesten Comics und Mangas, geben Signierstunden, beantworten Fragen von ihren Leser*innen und machen Live-Drawings.
5. Die Aussteller*innen kommen aus 21 Ländern
Eine bunte Palette an Ländern ist auf der Manga-Comic-Con vertreten. Die Aussteller*innen kommen zum Beispiel aus Hongkong, Lettland und Kanada. Den weitesten Weg haben die Anbieter*innen aus Malaysia.
6. Die Manga-Comic-Con hatte schon berühmte Personen zu Gast
Zu Besuch waren unter anderem der Manga-Künstler Yusei Matsui. Eines seiner bekanntesten Werke ist die Manga-Serie "Assassination Classroom".
Eine Person im Cosplay zur Manga-Serie "Assassination Classroom" in den Hallen der Leipziger Buchmesse. Bildrechte: picture alliance / Jens Kalaene/dpa | Jens Kalaene
Der US-amerikanische Buchautor der "Eragon-Reihe", Christopher Paolini, war auch schon zu Gast auf der Manga-Comic-Con in Leipzig.
Der Autor Christopher Paolini hat die Buchreihe "Eragon" geschrieben. Bildrechte: IMAGO TT Fredrik Sandberg
Die Synchronsprecher René Dawn-Claude, Max Felder und Marios Gavrilis aus der Manga-Serie "Attack on Titan" haben der Leipziger Messe 2023 einen Besuch abgestattet.
V.l.n.r.: René Dawn-Claude, Max Felder und Marios Gavrilis bei einem Podiumsgespräch zur Anime-Reihe "Attack on Titan" Bildrechte: IMAGO / Future Image M.Wehnert
7. Das Durchschnittsalter der Besucher*innen liegt bei 27 Jahren
Das ergab die Auswertung der Besucher*innen vom letzten Jahr. Die größte Altersgruppe bilden die 21- bis 30-Jährigen, sie machen knapp über 50 Prozent der Messebesucher*innen aus.
8. Für die New Artist Alley haben sich 395 Bewerber*innen auf 80 Plätze beworben
Die Vergabe der begehrten Artist-Plätze für die New Artists Alley erfolgt im Losverfahren. In der New Artist Alley präsentieren Künstler*innen ihre Ideen für Manga, Comics und mehr. Das Projekt richtet sich an nicht-kommerzielle Künstler*innen und Kunsthandwerker*innen, die ausschließlich handgefertigte Produkte anbieten. Hier auszustellen bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Arbeiten einem breiteren Publikum zu zeigen und Kontakte zu knüpfen.
9. Es gibt ein Plagiate-Team
Das Plagiate-Team ist auf der Manga-Comic-Con unterwegs und hat ein Auge darauf, dass die Aussteller*innen keine Fälschungen verkaufen. Aussteller*innen, die Plagiate anbieten, bekommen erst eine mündliche Aufforderung zum Entfernen dieser. Danach kann eine schriftliche Verwarnung bis zu einer Vertragsstrafe inklusive Geldstrafe folgen. 2023 wurden zehn schriftliche Verwarnungen und drei Vertragsstrafen erteilt.
10. Die Grundfläche der MCC wurde vergrößert
Seit dem letzten Jahr gibt es die Manga-Comic-Con auf anderthalb der vier Messehallen. 2024 befindet sich die MCC in Halle 1 und zum Teil in Halle 3.
Mehr zur Manga-Comic-Con und Leipziger Buchmesse schon im kommenden Jahr.
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