Rentner-Rock im Schloss Alteglofsheim
- Geschrieben von Portal Editor
Zu gern waren wir der Einladung von Hanna und Chris zu einem Musikereignis besonderer Art in die Bayerische Musikakademie Schloss Alteglofsheim gefolgt, in der vier Rockbands des Projekts Rentner-Rock ihr Können unter Beweis stellten.
Das Renter-Rock-Projekt wurde von Bernd Schweinar, dem künstlerischen Leiter der Musikakademie Alteglofsheim, Anfang 2012 ins Leben gerufen und im Kontext mit dem ehemaligen Musiklehrer Josef Winkelmayer sowie Prof. Dr. Wolfgang Wiegard umgesetzt. Heute ist Prof. Dr. Wolfgang Wiegard ein Mitglied der Band "Gray Earls Music Ltd.", die den Auftakt zum heutigen Musikabend im Stil der 60er und 70er Jahre vor ausverkauftem Saal in der Musikakademie eröffneten.
Umbauten aus einer ehemaligen, mittelalterlichen Wasserburg
Das Schloss Alteglofsheim, ca. 12 km südlich vor den Toren Regensburgs gelegen, entstand durch verschiedene Umbauten aus einer ehemaligen, mittelalterlichen Wasserburg. Die ursprünglichen Hausherren aus dem Familienstamm der Eglofsheimer wurden urkundlich bereits im 12. Jahrhundert erwähnt, man kann also von einer Jahrhunderte alten Geschichte des Baus der heutigen Bayerischen Musikakademie sprechen. Nach mehrfachen Besitzerwechseln im Mittelalter, zu denen auch die Bischöfe von Regensburg zählten, wurde das Wasserschloss vor allem im 17. und 18. Jahrhundert durch Um- und Anbauten zu einem prächtigen Adelssitz im Stil des Spätbarock ausgebaut. Aus dem 14. Jahrhundert stammt der mächtige Bergfried, der die Silhouette des heutigen Schlosses eindrucksvoll prägt.
Als im Jahr 1973 der Freistaat Bayern das Barockschloss erwarb, war längst noch nicht klar, das hier einmal die Bayerische Musikakademie Einzug halten sollte, die erst im Jahr 1989 durch Beschluss des Bayerischen Ministerrats gegründet wurde. Zwischen 1992 und 2002 wurden erhebliche Mittel für Sanierung und Umbau des Schlosses investiert, so das der Seminarbereich, die Verwaltung und der Bewirtschaftungsbereich entstehen konnte. Insgesamt wurden ca. 28 Millionen Euro investiert. Durch den Zukauf der ehemaligen Wirtschaftsgebäude im Jahr 1991 konnte ein modernes Gästehaus eingerichtet werden, durch den Neubau des Konzertsaales, der den Gebäudekomplex zu einer Vierflügelanlage mit großem Innenhof erweiterte, konnte dann die Funktion der Musikakademie im Jahr 1999 realisiert werden. Für Gäste der Akademie stehen heute 105 Betten zur Verfügung. Nach Fertigstellung des Proben- und Konzertsaals und der Sanierung des Schlossparks im dritten Bauabschnitt konnte die gesamte Anlage im Jahr 2003 dem Mieter "Zweckverband Musikakademie Schloss Alteglofsheim“ übergeben werden.
Musik weit mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung
Ihren Schwerpunkt in Sachen Musikerausbildung findet die Musikakademie Alteglofsheim seither in den Bereichen Popularmusik, neue Medien und Musikpädagogik, die in Form von Kursen oder Seminaren vermittelt werden. Ganz besonders im Vordergrund der Aktivitäten steht die Lehrerfortbildung im Kontext zu medialen Innovationen und modernen musikalischen Musik- und Literaturformen als ein wichtiger Bestandteil des Angebots in den Akademiekursen. Auch für Pädagogen im Segment der Grundschulen und Erzieher/innen im Vorschulbereich werden praxisnahe Akzente gesetzt. Das Angebot im Instrumentalbereich wird in Zukunft noch stärker ausgebaut.
Für viele Menschen ist Musik weit mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung, Musik kann verbinden, zu kulturellem Austausch und somit zu Verständigung und Toleranz beitragen, sie fördert Gruppendynamik und Teamfähigkeit, ganz davon abgesehen, das man ihr auch einfach nur zuhören kann. Wer erinnert sich nicht gern an die eigene Jugend im Schulchor oder Musikunterricht, wenn auch die zur Verfügung stehenden Instrumente nicht wirklich dem eigenen Interesse der damaligen Zeit auch nur annähernd entsprachen. Oh graus .... heute wieder Blockflöte. Aber Gitarre oder vielleicht Schlagzeug, das wäre es doch gewesen!
So entstanden auch die ersten Schülerrockgruppen, bunt zusammen gewürfelte Haufen von "Andersartigen" mit mehr oder weniger professioneller Herangehensweise an das Thema, kaum Notenkenntnisse, fehlenden Übungsräume und immer zu wenig Geld für das notwendige Equipment. Nur einige wenige haben genügend Durchhaltevermögen, Ideen und Glück, können sich etablieren und über Jahre positionieren. Für die meisten Rockenthusiasten gilt irgendwann den Blick für die Realität des Lebens zu klaren, die Gitarre an den berühmten Nagel zu hängen und sich Beruf und Karriere zu widmen. Musik und Beruf zu kombinieren ist nur wenigen Menschen vergönnt.
Wie gut, das mit dem Rentner-Rock-Projekt der Musikakademie Alteglofsheim eine wirkliche Möglichkeit für Rockmusiker gefunden wurde, die über viele Jahre keine Gitarre, keinen Bass oder kein Schlagzeug mehr in den Händen hielten. Immer war Rockmusik auch ein gesundes Lebenselixier, wenn auch überwiegend im Bereich des Zuhörens, ab und an der Besuch eines Live-Konzertes oder Festivals, vielleicht sogar zusammen mit den Kindern? Aber selbst noch einmal das einst geliebte Instrument in die Hand zu nehmen? Dazu gehört Mut und Courage. Dabei sollte es wesentlich leichter fallen, denn jetzt, im "gesetzten" Alter sind zumindest die notwendigen Mittel eher weniger das Problem.
Sich in der Musikakademie zur gemeinsamen Probe treffen
Gerade der Eintritt in das Rentenalter eröffnet vorher ungeahnte Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung, selbst für absolute Anfänger. Kein Wunder also, das im Rentner-Rock-Projekt auch Musiker mit dabei sind, die erst nach dem Eintritt ins Rentnerdasein begonnen haben, z.B. E-Gitarre zu lernen. Und wie groß ist der Stolz, schon nach wenigen Monaten bei etlichen einfacheren Stücken sogar mit auf einer Bühne stehen zu können. Soweit zu Ideen und Gedanken zum Rentner-Rock-Programm.
Schnell hatten sich nach ersten Veröffentlichungen in den Medien auch erste "Musiker" eingefunden, die ihr Interesse am Projekt deutlich machten. Erste Formationen wurden gebildet, wieder aufgelöst und neu formiert. Interessenlagen und Stilrichtungen sollten doch zumindest ein wenig harmonisieren. Nach und nach formierten sich so erste, festere Gemeinschaften, die sich in den Musikstilen ihrer Zeit wieder fanden, das Alter der Beteiligten liegt zwischen Ende Fünfzig, der älteste Musiker, ein Schlagzeuger, ist stolze 78 Jahre alt.
Einmal mindestens pro Woche trifft man sich in der Musikakademie zur gemeinsamen Probe, die somit auch sanften Druck auf die Beteiligten ausübt, doch konstant zu üben. Einige Musiker des Projekts haben zusätzlich zum Probentermin in der Akademie auch noch begonnen, privaten Musikunterricht zu nehmen, so entsteht Ansporn und Anforderung gleichermaßen, neue Ziele und Aufgaben, an denen alle Beteiligten individuell wachsen und sich auch messen können, werden im Rentner-Rock-Projekt generiert.
Welch ein Highlight ist es dann für jeden Musiker, wenn man sich nach Monaten des Übens und der Eigenkontrolle endlich auch vor Publikum präsentieren darf. Noch dazu vor ausverkauftem Haus im Saal der Bayerischen Musikakademie, denn mittlerweile hat sich das Projekt Rentner-Rock etabliert und wird auch vom begeisterten Musikpublikum angenommen. Kein Wunder auch, das trotz Lebenserfahrung und Alltagsroutine bei einigen Musikern doch so kurz vor dem Auftritt eine gewisse Nervosität zu bemerken ist. Was im Übrigen auch für einige Mitglieder der Formation Gray Earls Music Ltd. gilt, die als Opening Acts, um es neudeutsch zu sagen, eine bunte Mischung altbekannter Songs und Melodien anboten, die aufgrund teilweise "sprachlicher Engpässe", so scherzhaft und mit verschmitztem Lächeln um die Mundwinkel von Prof. Dr. Wolfgang Wiegard in den erläuternden Pausen, lieber mit neuen, deutschen Texten versehen worden waren. Ein buntes Programm, das von den Zuhörern mit gebührendem Applaus bedacht wurde. Was im Übrigen im Verlauf des Abends sich in der Neufassung von Status Quo Ohrwürmern noch bis hin zu stehenden Ovationen steigern sollte.
Wie hat doch Theo Hartogh, Professor für Musikpädagogik an der Universität Vechta in einem Interview für die Zeitschrift "Die Welt" so treffend kommentiert: Musik wirke nicht spezifisch wie ein Medikament oder eine Tablette, aber wenn man Musik höre oder spiele, die eine persönliche Bedeutung habe, steigere dies das Wohlbefinden. Dies ist sogar an den Endorphinen im Blut messbar".
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