2. Int. Frauenfestival in Izmir / Konferenz
1. Tag: Konferenz „Wohin geht die internationale Frauenbewegung?“
Im gut gefüllten Vortragssaal der Handelskammer der Stadt Izmir findet pünktlich um 9.30 Uhr die Eröffnung der diesjährigen Konferenz „Wohin geht die internationale Frauenbewegung“ durch den Schirmherrn der Veranstaltung, den Leiter des Goethe Instituts Izmir, Herrn Roland Schmidt, statt. Nach dem Bürgermeister des Stadtteils Konak, Herrn Dr. Hakan Tatan, spricht auch der Generalkonsul , Herr Stefan Schneider einige einführende Worte. Alle Beiträge der Veranstaltung werden simultan jeweils in Deutsch oder Türkisch übersetzt.
Frau Prof. Tülay Özüermann vom Forschungszentrum für Frauenrechte an der Dokuz Eylül Universität Izmir beginnt die Vortragsreihe der Veranstaltungen mit einer Dokumentation zur aktuellen Frauensituation in der Türkei. Aktuelle Themen wie Gewalt in der Familie, Zwangsverheiratungen und Vergewaltigung (auch in der Ehe) werden dargestellt und zahlenmäßig belegt. Auch zur geschichtlichen Entwicklung der Frauenbewegung in derTürkei werden eine Reihe von interessanten Fakten vorgetragen.
Frau Prof. Dr. Inge Lenz von der Ruhruniversität
Frau Prof. Dr. Inge Lenz von der Ruhruniversität in Bochum berichtet von der Entwicklung der deutschen Frauenbewegungen. Neben geschichtlichen Daten und Fakten erläutert sie die Entwicklungen und Ausrichtungen der heutigen Aktivitäten der Frauenbewegungen, die sich in viele Bereiche des täglichen Lebens ausgebreitet haben und damit an vielen Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Natürlich gibt es immer noch einigen Nachholbedarf in fast allen Fragen der Gleichstellung von Mann und Frau weshalb auch die Diskussion um die sog. Frauenquoten sogar bis in die Türkei vorgedrungen sind. Natürlich wird auch hier, mit teilweise gleichen Argumenten wie in Deutschland, das Für und Wieder der Frauenquoten diskutiert.
Frau Prof. Bernal Inceer von der Ege Universität und Vorsitzende des Türkischen Psychologen Vereins Izmir spricht über die Wirkungen der individuellen Gewalt gegen Frauen, erläutert aus ihrer Praxiserfahrung die Situation in den Familien und die Zusammenhänge zwischen mangelnder Bildung und Erziehung, häufig genug Mitursache von häuslicher Gewalt.
Frau Rechtsanwältin Güler Tuncoku
Frau Rechtsanwältin Güler Tuncoku spricht konkret über die Zahlen von Gewalt und Mord an Frauen in der heutigen Türkei, nennt Ross und Reiter und ergänzt Fakten, die von der Politik zwar wahrgenommen aber immer nicht Anlass zu Veränderungen in der Gesetzgebung sind. Im Strafgericht der Türkei gibt es Ansätze gegen Gewalt in der Familie, allerdings fehlt selbst betroffenen Frauen das eigene Bewusstsein ob oder das sie selbst Opfer einer Gewalttat geworden sind. Starke Vorwürfe kommen zur Sprache, denn um als Politiker Karriere und damit am Gesetzgebungsprozess beteiligt zu sein, benötigt man nur die Grundschule als Ausbildungsnachweis. Jeder Jurist braucht immer ein Studium. Wie sollen die teils wenig gebildeten Volksvertreter überhaupt verstehen, was sie an Gesetzen verfassen. Tenor: Trotz Veränderungen in der Gesetzgebung und in der Gesellschaft ist die Frau als Individuum gesellschaftlich noch nicht angekommen. Frauenhäuser sind zwar ein Ansatz aber trotz zunehmender Zahl natürlich keine Lösung des Problems.
Frau Ayla Egit, die als Rechtsanwältin des Frauenzentrums der Stadtverwaltung Konak tätig ist, trägt detailliert zur Gesetzgebung zum Schutz der Familie vor. Auch ihr Vortrag ist mit Beispielen unterlegt und weist damit auf die Missstände in der Gesetzgebung hin. Da häufig das Bewusstsein der politisch Verantwortlichen noch fehlt, bzw. der Wille die Unstimmigkeiten zu erkennen, ist es schwer für die existierenden Frauenverbände, entsprechende Gesetzesänderungen zu forcieren.
Frau Dr. Inge von Bönninghausen
Frau Dr. Inge von Bönninghausen, die über viele Jahre als Vorstandsmitglied des Deutschen Frauenrates und als Journalistin tätig war, erläutert die Arbeit des Deutschen Frauenrates. Neben den unabhängigen Länderverbänden gibt es den Dachverband als Koordinierungsplattform in allen Fragen der Gleichstellung, der politischen Aktivitäten und Beratungen in den politischen Ausschüssen der Parteien und der Regierung. Auch sie beklagt das auch inDeutschland noch immer wenig vorhandene Bewusstsein vieler Politiker in allen Fragen der Gleichstellung, wobei ein Schwerpunkt besonders der Bereich der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit erläutert wird. Frau Bönninghausen geht hier insbesondere auf den „Equal-Pay-Day“ ein, der gerade „gefeiert“ wurde.
Frau Engin Demir als Vorsitzende der Förderation türkischer Frauenvereine von Izmir beschließt die Vortragsreihe nach einigen Diskussionsbeiträgen, die aus dem Plenum kommen. Abschließend weißt Frau Engin Demir auf die Folgeveranstaltung am kommenden Tag im Bereich Basmane Bahnhof hin, wo Frauen verschiedener Verbände ihre in der Freizeit produzierten Waren zum Verkauf anbieten und dabei auch auf ihre Aktivitäten hinweisen. Hier wird in Kürze auch das erste Frauenmuseum der Türkei in einem historischen Gebäude eröffnet.