Wenn das der Islam ist, bin ich kein Moslem!

Oberrichter Haşim Kılıç: Wenn das der Islam ist, bin ich kein Moslem!

In der Washington Times "Communities" fanden wir während der Internetrecherche den folgenden Text zum Thema Islam, der eindrucksvoll und aussagekräftig die Auffassung und Meinung vieler Menschen wieder spiegelt, deren Stimme aber bei all dem Getöse und Lärm im täglichen Einerlei noch kaum Gehör findet.

Und es ist ein türkischer Bürger von hohem Rang, der für diese Aussage steht: Der Oberrichter Haşim Kılıç.

Wie oft wird gerade dem Westen die doch angeblich "unbegründete" Angst vor dem doch so humanen Islam vorgeworfen, wenn es beispielsweise um Beitrittsverhandlungen zur EU geht. Es sind die weltlichen und geistigen Führer in den islamischen Ländern, die ihren Bürgern zeigen und erklären müssen, was humanistische Ausrichtung und friedliche Koexistenz bei Meinungs- und Religionsfreiheit tatsächlich bedeutet. Bombenattentate, Überfälle und Geiselnahme gehören zu den Maßnahmen, mit denen religiöse Fanatiker die Gräben zwischen den Menschen nur vertiefen. Es ist allerdings eine wesentliche Aufgabe der weltlichen und geistigen Führer dafür zu sorgen, das die Gräben kleiner und weniger im egoistischem Eigeninteresse genutzt werden. Es gibt schwerwiegendere Themen in unserer Welt, die es zu diskutieren gilt, als den Glauben und seine Ausrichtungen.

Das hat mittlerweile auch die westliche römisch-katholische Kirche erkannt und versucht zumindest den Wechsel.

Präsident des Türkischen Verfassungsgerichtes: Wenn das der Islam ist, bin ich kein Moslem.

Haşim Kılıç, der Präsident des Türkischen Verfassungsgerichtes kritisierte während einer Rede im Rahmen der an der Universität Alparslan organisierten Veranstaltung “Die Würde des Menschen und die Verfassung”, die in islamischen Ländern verübten Gewaltverbrechen und sagte diesbezüglich: “Wenn das der Islam ist, bin ich kein Moslem.” Der Präsident des Türkischen Verfassungsgerichtes nahm an einer Feier zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2013-2014 teil.

Der Westen bekommt nur selten die Selbstkritik von Ländern des Nahen Ostens mit. Einer weitverbreiteten Kritik im Westen zufolge, gehen muslimische Länder bezüglich ihrer eigenen Unzulänglichkeiten nicht kritisch genug mit sich selber um. Wie dem auch sei, diese Auffassung stellt wie viele anderen Auffassungen nur ein verzerrtes Bild der Realität dar.

Präsident Kılıç legte dies in seiner Rede äusserst eindeutig dar: “Selbst wenn wir nur muslimische Länder wie Pakistan, Afghanistan, Indien oder sogar sehr viel näherliegende Länder wie Irak, Iran, Syrien, Ägypten, Marokko und Algerien untersuchen, sie alle stehen in Flammen. Diese Länder gehen in Flammen auf. In diesem Ländern ist es nicht möglich von der Würde des Menschen zu reden.

Wir sehen dies jeden Tag im Fernsehen. Heute eine Meldnug über einen Selbstmordattentäter, morgen über einen Bombenanschlag. Was ist das für eine Kultur? Was ist das für ein Glaube? Wie kann man die Gewalt in Ländern erklären, in denen man an den Islam glaubt und die Lehre diesbezüglich verbreitet, dass der Mord an einem Menschen dem Mord an der gesamten Menschheit und die Rettung eines Menschenlebens der Rettung aller Menschen gleich ist?: “Wenn das der Islam ist, bin ich kein Moslem.”

Diese Art von Aufrichtigkeit und Selbstwahrnehmung von Moslems ist im Westen nicht sehr oft anzutreffen und wird auch nicht sehr oft offen zur Sprache gebracht. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb die Äußerungen vom Präsidenten Kılıç in die Schlagzeilen kamen.

Trotz allem ist diese Frage, diese Rede, dieser Selbstzweifel in der muslimischen Welt eigentlich ziemlich weit verbreitet.

In einem türkischen Sprichwort heisst es: „Pieke dich mit der Nadel, bevor du einen anderen mit der Sacknadel stichst.“

Dies anzuwenden ist jedoch wirklich nicht einfach. Die objektive Bewertung der eigenen Kultur ist nie einfach. Wenn dazu noch der Glaube und die religiösen Praktiken kritisiert werden, wird es noch schwieriger.

In diesem Teil der Welt, wo hunderte ja sogar tausende von Menschen aufgrund ihrer Kritik an der aktuellen Lage ihr Leben gelassen haben, kann diese Art von Kritk absolut gefährlich sein.

Wie dem auch sei, ohne diese Art von Äusserungen kann man keinen wirklichen Fortschritt erzielen.

Basierend auf den letzten Bombenanschlag in Pakistan kritisierte Kılıç gleichzeitig auch die Gewalt gegen Nicht-Muslime. „Wo erlaubt die Religion, dass eine Person eine Kirche betritt, sie in die Luft sprengt und dabei 80 -100 Menschen tötet? Wie könne sie diese Art von Gewalt, so eine unmenschliche Tat mit dem Islam und der muslimischen Lebensweise erläutern? Hier stimmt etwas nicht. Ich möchte sie auf diesen Punkt aufmerksam machen. So wird jeder diesen Fehler genauer und detaillierter untersuchen. Ich glaube nicht, das es möglich ist, dass dieses Glaubenssystem Menschen berechtigt, solche Taten zu begehen. Dies ist nicht möglich. Schaut man sich jedoch die Menschenrechtsverletzungen an, erkennt man, dass diese Menschenrechtsverletzungen in muslimischen Ländern stattfinden und in anderen Ländern kaum stattfinden.“

Mutige und beherzte Worte im Nahen Osten. Hoffentlich werden diese Worte ihn nicht zum Ziel von radikal islamischen Gruppen in seinem Land machen.

ICH BEREUE ES

Während der Frage-Antwort Runde nach der Konferenz wurde der Präsident des Türkischen Verfassungsgerichtes danach gefragt, welche Handlung in seinem Berufsleben er am meisten bereue. Seine Antwort lautete: Seit 20 Jahren bin ich Mitglied des Verfassungsgerichtes. Ich habe 19 Urteile bezüglich des Verbotes von politischen Parteien unterschrieben. Durch meine Unterschrift wurde die Schließung von Parteien ratifiziert, die sich nicht besonders viel zu schulden gekommen lassen hatten. Später habe ich dies wirklich bereut. Ab dem Jahr 1995 habe ich bezüglich Parteien, die ohne auf Terrorismus zurückzugreifen lediglich ihre Ansichten zum Ausdruck brachten kein einziges Urteil mehr unterschrieben.”

Geständnisse sind gut für die Seele.

Seit einem Vierteljahrhundert werden in der Türkei andere Meinungen unterdrückt und zum Schweigen gebracht. Das Verbot von Oppositionspartein wurde zu einem Bestandteil der Aufgabenbeschreibung der Gerichte.

Nach der gnadenlosen Unterdrückung der Demonstranten durch die Regierung diesen Sommer, hat Premier Erdoğan diesen Montag das “Demokratiepaket” verkündet.

Über den Inhalt des Paketes und die diesbezügliche Motivation wurde viel spekuliert. Vielleicht bereut man es ja inzwischen, so wie es der Präsident des Türkischen Verfassungsgerichtes zum Ausdruck gebracht hat. Das wollen wir hoffen. Dies ist eine Passion, die in der Türkei für Demokratie und Freiheiten besonders benötigt wird.  

Der Autor von “A Deceit To Die For Luke Montgomery lebt seit etwa 25 Jahren in Nahen Osten. Er führt auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft einen Magistergrad, kann fließend türkisch sprechen und verfasst Schriften auf den Gebieten Außenpolitik, Religion und Kultur. Sie können die Arbeiten des Autors auf www.lukemontgomery.netverfolgen oder mit ihm über Twitter( @LookingFor_Luke) und Facebook Kontakt aufnehmen.

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