Pichelsteiner Eintopf – Köstlichkeit in Franken
- Geschrieben von Portal Editor
Am Sonntagabend fragte Brita uns nach einem Wunsch für das Mittagessen des folgenden Tages worauf uns zunächst keine konkrete Antwort einfiel.
Da wir natürlich immer besonderes Interesse an den regionalen Varianten der Gerichte haben, nutzten wir dieses Thema um einige Gegenfragen zu stellen und so waren wir schnell beim Pichelsteiner Eintopf oder wie man ihn auch nennt, beim Pichelsteiner Fleisch, einem Eintopf aus verschiedenen Fleisch- und Gemüsesorten, angekommen.
Kartoffeln, Karotten, Petersilienwurzeln
Natürlich mag es auch für den Pichelsteiner Eintopf verschiedene Rezepturen geben, die regional und saisonal durchaus unterschiedlich sein können. Eines ist immer klar: Der Pichelsteiner Eintopf weißt in der Regel verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten auf, die entsprechend der unterschiedlichen Garzeiten nacheinander in den Kochtopf eingefüllt werden. Je nach eigenem Geschmack werden zunächst Rind-, Schweine- und / oder auch Hammelfleisch scharf in einem großvolumigen Topf angebraten. Jetzt folgen je nach Garzeit gewürfelte Kartoffeln, Karotten, Petersilienwurzeln, in Streifen geschnittener Kohl und Lauchscheiben, Zwiebeln oder auch Knoblauch nach Geschmack. Das Ganze aufgefüllt mit Fleischbrühe, die wie hier in Franken üblich, schon am Tag vorher aus Rinderknochen ausgekocht wird. Heute wird die hausgemachte Brühe oftmals durch die Verwendung fertiger Brühen ersetzt.
18. Jahrhundert einen Gasthof in Grattersdorf
Parallel zu den Zutaten und der Art und Weise der Herstellung erfahren wir von der „kocherfahrenen“ Brita auch einige weitere Details zum Pichelsteiner Eintopf, der ursprünglich von der aus Kirchberg im Wald stammenden Wirtin Auguste Winkler erfunden worden war. Frau Winkler führte im 18. Jahrhundert einen Gasthof in Grattersdorf, wo sie neben den lokalen Gästen auch durchreisende Händler bewirtete, die oftmals nach einer schnell zubereiteten Zwischenmahlzeit fragten. Da ganz in der Nähe des Gasthauses seit 1839 bereits ein Volksfest namens „Büchelsteiner Fest“ gefeiert wurde, auf der sich das neue Gericht schnell zunehmender Beliebtheit erfreute, wurde die Wirtin Auguste Winkler schnell als Schöpferin des Gerichts bekannt. Da aufgrund des vorherrschenden Dialekts im Bayerischen Wald das ü als i ausgesprochen wird, so vermutet man zumindest, hat sich aus dem Büchelsteiner zuletzt das Wort Pichelsteiner in der Namensgebung entwickelt.
Heimatforscher und Schriftsteller Max Peinkofer
Seit 1874 treffen sich die Bürger der Stadt Regen traditionell am Kirchweihmontag zum Pichelsteiner Essen, entsprechend wird dieser Festtag im Volksmund mit Pichelsteinerfest bezeichnet. In den folgenden Jahren entstand zwischen den Veranstaltern des Büchelsteiner und des Pichelsteiner Festes ein regelrechter Streit über den Ursprung und die Namensgebung des Gerichts. Vor diesem Hintergrund ist auch die Verbreitung der folgenden Theorie zu sehen, die besagt, das früher der große Kessel zum Herstellen des Gerichts mit Pichel bezeichnet wurde. Hier erhebt der Heimatforscher und Schriftsteller Max Peinkofer allerdings erheblichen Einspruch und bezeichnet die Theorie des Kesselnamens mit „erfundener Sage“ und „erheiternde Behauptung“. Ein weiteres Feld des menschlichen Zusammenlebens, das es noch zu erforschen gilt. Dabei könnte man eigentlich das Gericht einfach nur genießen.
Reine Geschmack Sache halt
Erstmals in einem Kochbuch erwähnt wurde der Eintopf 1894 wegen der einfachen Zubereitung, so dass der Pichelsteiner Eintopf heute auch oft in Großküchen zubereitet wird. Die Konsistenz des Eintopfs ist dabei meist recht dick, so dass man wirklich von Eintopf sprechen kann, nicht mehr von einer Suppe. Manche Köche zerkleinern dafür das Gemüse und Fleisch in sehr viel kleinere Anteile, so dass sich eine fast sämig zu bezeichnende Masse ergibt. Reine Geschmack Sache halt.
Bei Brita gab es dann den Pichelsteiner Eintopf am folgenden Tag mit erkennbar großen Gemüsestücken, die, nach Geschmack des Hauses, relativ weich gekocht wurden. Allerdings fügte Brita dann noch verschiedene Klößchen, wie Leber- und Grießklößchen, den bereits portionierten Tellern hinzu. Es war einfach nur lecker.
Zutaten für 4 – 6 Portionen, Rezept 1
400 g Schweinenacken, durchwachsen, ohne Knochen
400 g Gulasch vom Rind
600 g Kartoffel(n)
600 g Möhre(n)
500 g Wirsing
400 g Zwiebel(n)
3 EL Olivenöl
Salz und Pfeffer
600 ml Gemüsebrühe
1 TL Kümmel, gemahlen
30 g Butter
2 EL Petersilie, gehackt
Zubereitung
Das Schweine- und Rindfleisch ca. 2-cm-groß würfeln. Die Kartoffeln und Möhren schälen und in Scheiben schneiden. Den Wirsing putzen, den harten Strunk entfernen und in feine Streifen schneiden. Die Zwiebeln ebenfalls in feine Streifen schneiden.
Das Öl in einem Topf (ca. 24 cm Durchmesser und 3 Liter Inhalt) erhitzen. Das Fleisch und die Zwiebeln darin 4-5 Minuten scharf anbraten. Kräftig mit Salz und Pfeffer würzen. Die Hälfte der Fleischmischung herausnehmen.
Dann Möhren, Kartoffeln und den Wirsing auf dem im Topf verbliebenen Fleisch nacheinander aufschichten. Dabei jede Gemüseschicht leicht salzen und pfeffern. Nun das übrige Fleisch als letzte Lage hinzufügen. Die einzelnen Lagen beim Aufschichten gut andrücken.
In einem separaten Topf die Brühe und den Kümmel aufkochen und angießen, sodass die Lagen vollständig bedeckt sind. Die Butter in Flöckchen auf der Oberfläche verteilen. Zugedeckt im vor geheizten Ofen bei 175°C auf der 2. Schiene von unten 1,5 Stunden garen. Wichtig: Während der Garzeit nicht umrühren.
Mit Petersilie bestreut servieren.
Arbeitszeit: ca. 40 Min.
Zutaten für 1 Portion, Rezept 2
50 g Schweineschnitzel
50 g Rinderfilet
50 g Karotte(n)
80 g Kartoffel(n)
50 g Staudensellerie
80 g Lauch
1 Zwiebel(n)
1 EL Öl
350 ml Gemüsebrühe
etwas Salz und Pfeffer
Muskat
Majoran
1 Spritzer Essig
1 EL Petersilie, gehackt
Zubereitung
Das Fleisch in mundgerechte Würfel schneiden.
Karotten, Selleriestange und Kartoffeln schälen und in etwa 3 cm große Würfel schneiden.
Den Lauch in Ringe schneiden, die Zwiebeln fein hacken.
Das Öl erhitzen und erst das Fleisch anbraten, dann Zwiebel, Karotten, Kartoffeln und den Sellerie zugeben und mitbraten. Mit der Gemüsebrühe aufgießen und etwa 20 min bei kleiner Hitze zugedeckt kochen, abschmecken mit Gewürzen und Essig.
Den Lauch zugeben und 10 min. weiter kochen.
Die gehackte Petersilie einstreuen und servieren.
Arbeitszeit: ca. 30 Min.
Bitte lesen Sie auch:
Tüchersfeld in der Fränkischen Schweiz
Raab, Rabatz und Moson-Donau bei Györ - Umgebung
Wir empfehlen den:
Reiseführer Fränkische Schweiz – Bamberg, Bayreuth
Als die erste Auflage des heutigen Standardwerks zur Fränkischen Schweiz herauskam, löste das Buch einen kleinen Skandal aus. 1984 wollte man noch nichts von allzu kritischen Reiseführern wissen …
Mehr als drei Jahrzehnte später ist der damals erste Individualreiseführer über eine deutsche Region genau das geblieben, was er schon immer war: ein guter Freund in der Tasche. Mit dem Unterschied, dass Michael Müller und Hans-Peter Siebenhaar heute »wesentlich mehr zu loben« haben (O-Ton der Autoren). Denn: Die Fränkische Schweiz hat sich geöffnet und ist regional-liberaler geworden.
Hans-Peter Siebenhaar, Michael Müller Verlag, 312 Seiten, farbig, 133 Fotos, herausnehmbare Karte (1:130.000), 22 Detailkarten, ISBN 978-3-96685-, 13. Auflage 2021079-7, Buch: 17,90 EUR