Amsterdam – Historische Stadtentwicklung an der Amstel

Amsterdam – Historische Stadtentwicklung an der Amstel

Wir waren einige Tage in Amsterdam unterwegs, hatten zielgerichtet alle Touren mit dem Rad erledigt, dann aber trotz heftigen Regens in einem Ausflugboot die Kanäle durch Amsterdam durchkreuzt.

Allein das Kanalnetz macht deutlich wie schwierig die ursprüngliche Besiedlung der heutigen Provinz Holland tatsächlich war: viel Moor, Marsch und Sumpf, ständig sich verändernde Pegelstände durch Ebbe und Flut, dazu Hochwasser aus der Nordsee oder aus den Flüssen. Besiedlung war entsprechend nur durch intensive Wasserbautechnik und Entwässerung des Landes möglich, weshalb die Holländer noch immer als die Experten im Umgang mit Wasser weltweit gelten.

Erste Stadtentwicklungsschritte durch siedelnde Fischer

amsterdam historisch 03Das Land um das moderne Amsterdam herum war ein sehr feuchtes Gebiet, das gar von mehreren Flüssen durchschnitten war, einer von ihnen Namens Amstel, der letztendlich in den Meeresarm, IJ genannt, mündete. Durch häufige und starke Sturmfluten hatte der IJ die Amstelmündung zu einer schmalen, länglichen Bucht verbreitert. Rund um diese herum hatten sich bis ins Jahr 1230 etwa 500 Fischer in Hütten auf Dämmen angesiedelt. Der Name der späteren Stadt Amsterdam leitet sich von diesem im 13. Jahrhundert errichteten Damm mit Schleuse im Fluss Amstel namens Amstelredam ab, denn dort entwickelte sich langsam die Fischersiedlung zum Fischerdorf.

Die dabei von Siedlern gebaute Abdeichung der Flussmündung wurde nötig, um die zuvor entstandene Bebauung an beiden Flussufern vor Sturmfluten zu schützen, denn die damalige Zuiderzee war eine offene Bucht zur Nordsee, und das Land senkte sich aufgrund von Entwässerungsmaßnahmen. Der in die Amstel gelegte Damm verband die zuvor auf beiden Seiten entstandenen Siedlungskerne, die heute als Oude Zijde und Nieuwe Zijde (alte und neue Seite) bezeichnet werden.

Grundmauern des Kasteel van Amstel

amsterdam historisch 02Herren des Amstellandes um den gleichnamigen Fluss war die Adelsfamilie van Amstel, die als Ministerialen des Hochstifts Utrecht auf der Burg in Ouderkerk aan de Amstel saßen, bis diese 1204 von rebellischen Bauern aus dem Kennemerland zerstört wurde. Sie errichteten sich daraufhin eine neue Burg, das Kasteel van Amstel, dessen vermutete Fundamente bei Ausgrabungen 1994 bis 1999 unter der heutigen Straße Nieuwezijds Kolk gefunden wurden.

Florens V., Graf von Holland, versuchte sich später des neuen Handelshafens zu bemächtigen und gewährte dessen Händlern Zollfreiheit. Gijsbrecht van Amstel, der gegen den Bischof von Utrecht rebelliert hatte, musste sich 1285 dem Grafen als Vasall unterwerfen, war jedoch 1296 in dessen Ermordung verwickelt. Sein Sohn Jan van Amstel nutzte 1303 eine flandrische Invasion in Holland, um sich von diesem loszusagen, wurde jedoch nach Abzug der Flamen unterworfen und musste die Stadtmauern schleifen und die Brücken zerstören; der Ort verlor alle Handelsprivilegien. Diese wurden erst nach der endgültigen Eingliederung Amsterdams in die Grafschaft Holland 1317 erneuert.

amsterdam historisch 05Um 1270 ließen sie den Fluss, an der Stelle wo er sich zur Bucht verbreiterte, durch den namensgebenden Dam abtrennen. Die Siedlung wurde erstmals 1275 als „Amstelledamme“ erwähnt. Von diesem Damm aus verlief der Deich beiderseits der Bucht in Kurven nach Norden, wo die heutigen Straßen Nieuwendijk und Warmoesstraat (und weiter südöstlich der Zeedijk) noch immer höher verlaufen als ihre Umgebung. Solche Deiche entstanden auch andernorts entlang der Zuiderzee. Nach archäologischen Ausgrabungen erweist sich das alte Kinderlied Amsterdam, die schöne Stadt, ist gebaut auf Pfählen als durchaus richtig: Tatsächlich konnten nur mit Hilfe unzähliger Pfähle als Untergrund – bis zu 18 Meter tief durch den morastigen Boden in den festen Sand gerammt – Häuser und Straßen im Sumpfland gebaut werden. Als erste Kirche entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Oude Kerk anstelle einer hölzernen Kapelle. Ab 1408 folgte die größere Nieuwe Kerk.

An der Stelle des Amstel-Damms entstand im Laufe des Mittelalters ein städtischer Platz, der noch heute den Namen Dam trägt und den Mittelpunkt der heutigen Stadt darstellt.

Wandel im Handel – vom Hering zum Bier

amsterdam historisch 06Der Fischfang, anfangs die bedeutendste Erwerbsquelle, wich allmählich dem Handel, vor allem mit getrocknetem oder gepökeltem Hering von der schwedischen Südküste und mit Bier aus Hamburg, für das Amsterdam 1323 ein Importmonopol erhielt. 1347 werden erstmals Schleusen erwähnt, die den mühsamen Transport der Ware über den Damm entbehrlich machten, indem die Schiffe mit niedergelegten Masten hindurch fahren konnten. Später kamen auch Schleusen am Einlauf der Amstel in die Stadt und an ihrer Mündung in den IJ hinzu, und Kanäle durchzogen und umschlossen die Stadt, wie auf der Darstellung von Cornelis Anthonisz. von 1538 zu sehen ist.

Zu dieser Zeit hatte die Stadt etwa 30.000 Einwohner und bestand aus dem Kern der heutigen Altstadt. Amsterdam war nie Mitglied der Hanse, mit der es zu Handelskonflikten und Streit über die Passage durch den Öresund kam, der 1441 durch Vergleich beigelegt wurde. Durch neue Techniken (sofortiges Ausnehmen der Fische noch an Bord) wurde auch der Fischfang in der Nordsee effizienter. Aus dem Mittelmeerraum wurden Salz und Südfrüchte importiert. Amsterdam wurde zu einem Stapel- und Umschlagsmarkt und die Waren wurden weiterverarbeitet, was Produktionstechniken, Wissenschaften, Bank- und Versicherungsgeschäfte und Druckereien entstehen ließ.

amsterdam historisch 04Sodann wurden Amsterdam auch Stadtrechte verliehen, wie sie zuvor schon Dordrecht, Haarlem, Delft und Leiden erhalten hatten. Unter den Grafen von Avesnes und ihren Nachfolgern, den Wittelsbachern der Linie Bayern-Straubing, erlebte Holland eine Periode des Wohlstands, die mit dem Eindringen der burgundischen Macht beendet wurde – 1433 fiel Holland an Philipp den Guten, der es von Brüssel aus regierte. Der Haken-und-Kabeljau-Krieg zwischen 1350 und 1490 war ein lang schwelender Machtkampf des Bürgertums in den holländischen Städten, im Bündnis mit den Burgunderherzögen, gegen die Interessen des lokalen Feudaladels.

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