Siedlungsspuren Wienerwald – Römer und Kelten
- Geschrieben von Portal Editor
In seinem um die Mitte des 2. Jahrhunderts nach Christus entstandenen Werken nennt Ptolemäus das Gebirge zwischen Pannonien und Norikum "Ketion oros".
Darunter verstand der Gelehrte den Ostabfall der Alpen samt dem Gebiet des Wienerwalds. Der Namensforscher Walter Steinhauser (Steinhauser war von 1934 bis 1945 Ordinarius für Germanische Sprachgeschichte und Altertumskunde an der Universität Wien) führt dies auf das keltische Wort "Ketios" - Waldberg - zurück. Für die nordwestliche Abdachung nimmt Steinhauser als keltische Bezeichnung "Komagenos" (komagenischer Berg) an, die vom keltischen Namen des Tullner Feldes: Comagion - Gefilde, von keltisch "magos", das Feld - abzuleiten sein dürfte.
Erste Siedlungsspuren aus dem Jungneolithikum
Schon seit Urzeiten ist der Wienerwald auch von Menschen besiedelt. Bereits im Jungneolothikum (2200-1800 v.Chr.) befanden sich auf dem Simonsberg in der Gemeinde Weidlingbach neolithische Wohngruben, die im Jahre 1914 bei der Aushebung von Schützengräben entdeckt wurden.
Am Kumenberg bei St. Andrä-Wördern bestand eine mittelhallstättische Siedlung. Die Veneto-Illyrer - ein indogermanischer Volksstamm aus dem Mittelmeerraum - wurden in den Jahren ca. 500 - 300 vor Christus durch die nach dem Osten vordringenden Kelten - ein ebenfalls indogermanischer Volksstamm aus Westeuropa - stark beeinflusst.
Die Kelten, die seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert die Region um Wien besiedelt hatten, kamen durch den Handelsverkehr auf den uralten Handelswegen mit römischen Kaufleuten und bald auch mit der römischen Außenpolitik in Berührung. Straßen in der eigentlichen Wortbedeutung gaben dem Waldgebiet um Wien erstmals die Römer, die Meister des Straßenbaues in der Antike. Von Osten nach Westen bauten sie den Donaulimes als große Heeresstraße des Imperiums. Die Teilstrecke von Carnuntum über Vindobona - Cannabiaca (Klosterneuburg) - Comagenae (Tulln) mied die vom Strom gefährdete Greifensteiner Enge und führte durch das Kierlingtal - die Talsohle selbst wurde gemieden - über den Sattel von Gugging (Citium) nach Comagenae.
Das Bündnisverhältnis zwischen den beiden Staaten, das durch die fortwährenden Beunruhigungen und Kriegsgefahren (Vordringen germanischer Völker) von Seiten der Kelten immer enger gestalten wurde, führte schließlich im Jahre 15 v.Chr. zur Annexion des Königreiches Norikum durch die Römer. Die Wege in diesem Gebiet, die militärisch, administrativ, verkehrstechnisch und wirtschaftsgeographisch von großer Bedeutung waren, blieben auch in der nachrömischen Zeit zum größten Teil unverändert.
Donauübergang am Tullnerfeld und Scheiblingstein
Das Tullnerfeld hatte im zweiten Jahrhundert besonders militärische Bedeutung gewonnen, Tulln selbst war im dritten Jahrhundert ein wichtiger Übergangsstützpunkt über die Donau, sozusagen ein Handelszentrum und Flottenstützpunkt. Ein Teil dieser wichtigen Verbindungsstraße verlief (nach E. Polaschek) am Gebirgsrand über St. Andrä nach Königstetten, von wo aus eine Verbindung über den Scheiblingstein, den Exelberg und entlang des Alserbaches nach Vindobona führte. Dreihundert Meter südöstlich vom Hotel Scheiblingstein steht bis heute noch ein Römerstein, über den Julius Caspart folgendes berichtet: Am 16. Mai 1935 hat die Zentralstelle für Denkmalschutz im Bundesministerium für Unterricht unter der Leitung von Professor Dr. Georg Kyrle den Stein untersucht. Der Stein zeigt keinerlei Inschrift oder Zeichen.
Nach Winter heißt der Stein im Passauischen Urbar (ca. 1324) "meilenstein", im Banntaiding zu Wildenhag (1454) "Meylstain im Walt", im banntaiding zu Greifenstein und Altenberg (1581) "Meilenstein im Walt", im Banntaiding zu Mukkendorf (1613) "Meelstain in walt", im Wolfpassinger Rechtsbuch (15./16.Jhdt.) "Meilstain im walt", im Rechtsbuch von Werdern (1555) "Meilstain im wald" und in der Beschreibung des Rentamtes Königstetten (17.Jhdt.) "Scheibling- oder Mählstein".
Daraus ist ersichtlich, daß der Scheiblingstein schon um das Jahr 1324 als römischer Meilenstein gegolten hat, was er wohl auch ist. Es wurde vergeblich versucht, zwischen dem Stein und der Exelbergstraße eine Römerstraße zu finden. Eine flüchtige Untersuchung ließ keinen römischen Straßenkörper erkennen. Ob die römische Exelbergstraße auf dem gewachsenen Flyschgrund überhaupt einen Schotterbelag hatte, ist fraglich.
Polaschek nimmt an, dass der Scheiblingstein in der valentinianischen Zeit - das letzte Viertel des 4.Jhdts. - aufgestellt wurde. Wer wegen des Fehlens einer eingemeißelten Inschrift den Scheiblingstein für nachrömisch erklären will, sollte nachweisen, wer nach dem Untergang des Römerreiches einen solchen Stein aufgestellt haben könnte, der schon 1324 als Meilenstein angesprochen wurde. Dieser Meilenstein, der im Mittelalter "der scheiblige" - der runde - im Volksmund genannt wurde, dürfte also dem Scheiblingstein-Berg den Namen gegen haben. (A. Schachinger "Der Wienerwald).
Der Ort Scheiblingstein liegt westlich von Wien, inmitten des Wienerwaldes. Zu erreichen von Wien aus über die Hernalser Hauptstraße in Richtung Königstetten. Scheiblingstein liegt auf halbem Wege zwischen Wien und Königstetten.
Die Karte im Titelbild:
Ziegelbrenner - Eigenes Werk /Source of Information: Sabine Rieckhoff: Geschichte der Chronologie der späten Eisenzeit in Mitteleuropa und das Paradigma der Kontinuität, Leipzig 2005; Putzger – Historischer Weltatlas, 89. Auflage, 1965; Westermanns Großer Atlas zur Weltgeschichte, 1969; Haacks geographischer Atlas. VEB Hermann Haack Geographisch-Kartographische Anstalt, Gotha/Leipzig, 1. Auflage, 1979; dtv-Atlas zur Weltgeschichte 1. Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution; 23. Aufl. 1989, ISBN 3-423-03001-1.
Bitte lesen Sie auch:
Ein kunsthandwerkliches Juwel am Halterbach in Wien
Olynth - ein politisches Zentrum von Chalkidiki
Unser Buchvorschlag zum Thema Wien:
Musentempel wie das Burgtheater oder prachtvolle Paläste wie die Hofburg oder Schloss Schönbrunn ziehen das ganze Jahr über scharenweise Touristen aus aller Welt an – Wien hat immer Saison!
Dabei sind es nicht nur die baulichen Zeugnisse der Vergangenheit, die Wien zu einem Glanzpunkt auf der Karte des europäischen Städtetourismus machen. Seit den 80er Jahren beleben Szenekneipen und Designerrestaurants das gastronomische Angebot der legendären Kaffeehäuser und Heurigen.
320 Seiten, farbig, 155 Fotos, herausnehmbare Karte (1:10.500) + App-Freischaltcode, 30 Detailkarten, MM-City
ISBN 978-3-95654-926-7, 9. Auflage 2021, inkl. mmtravel App, 17,90 € (D)18,40 € (A)26,90 CHF
E-Book: 9. Auflage 2021, 14,99 €, App (iOS und Android): 9. Auflage 2021, ab 2,99 €