Eger-Cheb - das Zeit-Tor und die renovierte Fußgängerzone
- Geschrieben von Portal Editor
Natürlich waren wir gespannt, was uns neben den historischen Bauten der Stadt Eger, heute Cheb, erwarten würde und so machten wir uns nach dem Abstellen des Fahrzeugs auf den Weg in die Innenstadt, wo wir uns zunächst an dem großen Stadtplan am Beginn der Fußgängerzone orientierten.
Sofort ist dabei am Grundriss der Stadt auffällig, zu welcher Zeit die Stadtgründung erfolgt war und wie erste Zuwachszonen sich um die innere Festung ansiedelten. Eine typische Stadtgründung des frühen Mittelalters mit Burgfeste und Stadtmauer, die kontinuierlich ausgeweitet wurde. Aber nun hinein in die Fußgängerzone.
Schon während der ersten Meter in der Fußgängerzone waren uns die im Boden eingelassenen Metallgitter aufgefallen, die zunächst recht unscheinbar nur als Abdeckung eines Regenwasserkanals von uns erachtet wurden. Erst bei genauerem Hinsehen wurde deutlich, dass die Gitter Epochen der Geschichte der Stadt Eger in Sätzen beschrieben, die mehrsprachig in die Gitter eingestanzt waren. So konnte der Gang durch die Fußgängerzone bereits einen ersten Überblick über die 950 jährige Geschichte der Stadt vermitteln. Diese Spruchbänder zogen sich durch die gesamte Fußgängerzone bis zum Zeit-Tor am Marktplatz.
Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts entschließen sich die Egerer das Stadtzentrum mit den technischen Neuerungen der Zeit, der Eisenbahn, zu verbinden. Auf dem südlichen Ende des Marktplatzes wurden zwei Häuser abgerissen und durch diese Lücke wurde dann der neue repräsentative Boulevard geführt. Ein kleiner Fehler passierte trotzdem: Der neue Boulevard mündete auf dem Platz von Süden her. Der Marktplatz im Norden hingegen war etwas tiefer gelegen. So wurde die Aussicht vom Bahnhofsbereich aus nicht auf das Stöckl gerichtet, sondern auf die Dächer der Häuser am Marktplatz.
Diesen "Fehler" wollten die damaligen Baumeister jedoch nicht akzeptieren und bedienten sich dann der alten gestalterischen Lösung des "point of view", in diesem Fall einer Sichtsperre, so platzierten sie eine Statue des Kaisers Joseph II in der Durchsicht zum Stöckl, den zentralen Gebäuden am Marktplatz.
Bei der Rekonstruktion und Erneuerung der Eger Fußgängerzone in den Jahren 2009 und 2010 wurden nach den Vorschlägen der Architekten aus dem Atelier 69 die Plakatsäulen und Blumenarrangements auf ganzer Länge beseitigt und dadurch wieder die Durchsicht durch die ganze Straße und der sich absenkenden Horizontlinie des Marktplatzbereiches wieder geöffnet. Um trotzdem einen Sichtpunkt für die Optik zu erhalten, wurde ein Wettbewerb zur Gestaltung des Platzes ausgeschrieben, an dem auch Professor Marian Karel mit seinem Vorschlag der Einrichtung eines Zeit-Tores teilnahm.
Sein vorgeschlagenes Kunstobjekt, das den ersten Platz gewann, wurde ein Teil des gesamten Sanierungskonzepts. Das monumentale "Zeit-Tor" stellt eine Tür dar, die in ein nicht mehr bestehendes Haus führt, das hier einst stand und auf dessen Stelle die mittelalterliche Stadt Cheb ihr Tor der industriellen Zeit und der Zukunft eröffnete. Das Artefakt dreht sich um die eigene Achse, ganz unauffällig, um 180° in 24 Stunden. Um Mitternacht befindet es sich in der Stellung "geschlossen". Um Mittag dann in der Lage "geöffnet", wobei sich die Seitenflächen des Artefakts mit der Zeitachse der wichtigsten Daten der Eger-Geschichte verbindet. Diese Zeitachse führt durch die ganze Fußgängerzone, bis zum Jahr 2011, in dem die Stadt ihr 950 Jahrfest zum Bestehen der Stadt feierte. Das Artefakt ist stolze 9 Meter hoch, 2 Meter breit und wiegt immerhin 3,5 Tonnen.
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