Nationale Feste und Feiern in der Türkei
30. August - der Nationalfeiertag: Es ist ein richtiges Volksfest! Am 30. August eines jeden Jahres wird des Sieges im Unabhängigkeitskrieg 1922 gedacht.
In jeder Stadt, in jeder Gemeinde finden Gedenkfeiern des Militärs, aber auch Folklorevorführungen - z.B. von Kinder- und Jugendgruppen statt.
Zum geschichtlichen Hintergrund:
Ermutigt von den Allierten Siegern des 1.Weltkrieges waren griechische Truppen 1919 an der türkischen Küste gelandet und später bis weit ins anatolische Hinterland vorgerückt. Eigentlich war ihnen nur Izmirund die Ägäis-Küste versprochen worden. Doch die griechischen Truppen trafen bei ihrem Vormarsch auf keinen nennenswerten Widerstand. Der türkischen Befreiungsbewegung um Mustafa Kemal gelang es, den griechischen Vormarsch zurückzuschlagen.
Dieses Sieges wird am 30. August gedacht.
Und so ging's weiter:
Sieger und Besiegte trafen sich dann Ende 1922 am Genfer See wieder. Unter der Aufsicht der Allierten verhandelten Türken und Griechen in Lausanne über einen Friedensvertrag. Der Völkerbund empfahl: Die griechischen Muslime und die Griechisch - Orthodoxen aus Anatolien gegeneinander auszutauschen. Ausnahmen galten nur für Istanbul und den griechischen Teil Thrakiens, dem Land auf der anderen Seite des Bosporus. Daraus entwickelte sich die größte völkerrechtliche Wanderung der europäischen Geschichte. Aus Griechenland kamen 400.000 Türken in die Türkei und von dort über eine Million Griechen nach Griechenland.
Traditionen und Bräuche in der Türkei
Die Türken lieben ihre Feste und Bräuche, ihre Traditionen leben in diesen Festen im Jahreskreis fort.
Sie dauern in der Regel eine Woche oder länger und bringen die regionale Identität durch Tänze, Musik und Spiele zum Ausdruck. Jede Gegend in der Türkei hat ihre eigenen Volkstänze und Kostüme: Die Männer in der Schwarzmeerregion tragen bei dem nur von Männern aufgeführten Horon-Tanz schwarze Kleidung mit silbernen Besätzen.
Der Schwert- und Schildtanz in Bursa stellt die osmanische Eroberung der Stadt dar und wird von Männern in osmanischer Kampfkleidung aufgeführt. Der berühmte Löffeltanz wird von Konya bis Silifke von farbenfroh gekleideten Männern und Frauen getanzt, die mit zwei Holzlöffeln in jeder Hand den Rhythmus schlagen.
Die meisten großen Städte in der Türkei veranstalten alljährlich ihr Volksfest. Das Größte findet natürlich in Istanbul (20. Juni - 30. Juli) statt, mit Tänzen, Kunst- und Musikdarbietungen an verschiedenen, über die ganze Stadt verteilte Schauplätzen.
Izmir veranstaltet eine internationale Messe (20. August - 20.September); geboten werden neben Verkaufsausstellungen kulturelle und folkloristische Veranstaltungen.
Samsun bietet Vergleichbares im Juli. Das Festival in Bursa (12.Juni - 12.Juli) ist ausschließlich kultureller Art - ein Anziehungspunkt für Sänger und Musiker aus vielen Ländern. Kulturelle Feste vor historischer Kulisse.
Religiösen Hauptfeste
Neben den Nationalfeiertagen spielen vor allem die religiösen Hauptfeste, Kurban Bayrami und Seker Bayrami eine bedeutende Rolle.
Das jeweils genaue Datum kann man im modernen Kalender nicht generell bestimmen, da die Feste dem islamischen Mondkalender folgen, der im Vergleich zum christlich-gregorianischen Kalender 11 Tage kürzer ist.
Jedes Jahr werden daher die islamischen Feste um 11 Tage vorverlegt. Trotz ihres religiösen Charakters sind sie gesetzliche Feiertage; Schulen, Banken, Ämter und die meisten Geschäfte sind an den Festtagen geschlossen.
Wie bei uns spielen religiöse Feste auf dem Lande noch eine größere Rolle als in den modernen Großstädten mit ihrem westlichen Gepräge. Hier ist der Unterschied zu normalen Feiertagen kaum noch zu spüren. Das Seker Bayrami, das "Zuckerfest", bildet den Abschluss des Fastenmonats Ramadan (türk. "Ramazan"). Das dreitägige Fest verdankt seinen Namen dem Brauch, dass Kinder von Haus zu Haus ziehen und um Süßigkeiten bitten. Die Erwachsenen besuchen in dieser Zeit Verwandte und die Gräber ihrer Toten, um das Ende der Fastenzeit zu feiern.
Während des Ramazan, des 9. Monats im Mondjahr, darf der Muslim zwischen Sonnenauf- und -untergang weder essen noch trinken, weder rauchen noch Geschlechtsverkehr haben. Da auch auf Medikamente verzichtet werden muss, sind Alte, Kranke und stillende Mütter vom Fasten befreit, ebenso die Fremden. Mit dem Einbruch der Dunkelheit wird im Kreis der Familie und mit Freunden an reich gedeckten Tischen das Fasten unterbrochen.
Die Nächte des Ramazan sind nach Auffassung der Muslime eine gesegnete Zeit, weil in einer von ihnen Allah den Geist und die Engel herab gesandt habe (Sure 97, Vers 1-5). Neben essen und trinken werden ausgedehnte Gebetsübungen abgehalten, zu denen auch die Frauen in die Moschee kommen. Am Ende des Monats Ramazan, in der 27. Nacht, wird die Kadir Gecisi, die "Nacht der Kraft Gottes", gefeiert. Sie erinnert an die Nacht, in der Mohammed durch den Erzengel Gabriel mit der ersten Offenbarung des Koran zum Boten Gottes bestimmt wurde. In dieser Nacht werden besondere Gebete gesprochen.
Das höchste islamische Fest ist das viertägige Kurban Bayrami, das Opferfest. Der Hintergrund dieses Festes ist die alttestamentarische Geschichte von der Opferung Isaaks durch Abraham. In dieser Geschichte vollzieht sich die Ablösung des Menschenopfers durch das Tieropfer, in ihr spiegelt sich auch der tiefste Sinn des Islam wieder, die Ergebenheit in den Willen Gottes. Dies ist die wörtliche Übersetzung des Wortes "Islam". In den Tagen des Festes besuchen Millionen von Muslime die Kaaba in Mekka und die Orte, die in den Überlieferung eng mit dem Leben Abrahams verbunden sind. Aus Anlass dieses Festes werden in jeder Familie, die es sich leisten kann, ein Schaf, eine Ziege oder, bei höherem sozialen Status, auch eine Kuh geopfert. Die Opfertiere werden schon Monate vor dem Fest gekauft und gemästet. Arme Leute, die sich kein Schaf leisten können, schließen sich zusammen und schlachten das Opfertier gemeinsam.
Das Opfer, das am 10.Tag des Wallfahrtsmonats gebracht wird, ist zugleich ein Bestandteil der Pilgerfahrt nach Mekka, die jeder Muslim einmal in seinem Leben unternehmen muss.
Nach dem Opferfestgebet am Morgen des ersten Tages wird vom Familienoberhaupt das Opfertier geschlachtet und zerteilt.
Ein Drittel des Fleisches erhalten die Freunde, ein Drittel wird an die Armen verteilt, so das jeder an dem Fest teilnehmen kann. Man gratuliert sich gegenseitig, besucht die Kranken und die Jüngeren erweisen den Älteren ihre Ehrfurcht, indem sie Ihnen die Hände küssen und dafür Geschenke erhalten. Die älteren Männer des Dorfes versammeln sich, gehen von Haus zu Haus und wünschen eine gute Zukunft. Es ist ein Fest der Versöhnung. Der zweite Tag ist der Tag der Frauen, an dem sie unter sich sind. An den nächsten beiden Tagen besucht man Verwandte in den umliegenden Dörfern. Kleinere religiöse Feste bemerkt der Tourist nur am Rande, da sie nicht wie die beiden großen Feste staatliche Feiertage sind. Eine Form privater religiöser Feiern ist das Mevlid, eine Andacht, in der neben dem Gebet auch die Lebensgeschichte Mohammeds in poetischer Form vorgetragen wird. Anlässe für Mevlids sind Hochzeits- und Beschneidungsfeste, aber auch Toten Gedenken. Diese privaten Feste sind feste Bestandteile im türkischen Alltagsleben ohne eigentliche religiöse Legitimation.
So ist z.B. die Ehe im Islam kein Sakrament und auch das Beschneidungsfest, an dem junge Türken zwischen 5 und 12 Jahren an der Vorhaut des Penis beschnitten werden, ist kein offizielles religiöses Ereignis.
Mit der schwindenden Bindung an die Religion werden vor allem in der wohlhabenden Mittelschicht in den größeren Städte die freien Tage zunehmend für einen Kurzurlaub genutzt. Die Kommerzialisierung der religiösen Feste, die sich in Westeuropa schon lange vollzogen hat, beginnt auch in der Türkei.
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