Fußgängerüberwege im Blickpunkt des Vali von Antalya
- Geschrieben von Portal Editor
Wohl dem, der in der Türkei Heil und Gesund die Straße auf dem Fußgängerüberweg queren konnte!
Eine Aussage, die in den Ohren vieler Europäer wohl doch mit starker Verwunderung aufgenommen wird. In derTürkei leider ein gravierendes Problem, besonders für viele Touristen, die halt andere Regeln, nämlich Vorrang für den Fußgänger an Zebrastreifen gewohnt sind und deshalb leider zu oft in lebensbedrohliche Situationen geraten. Hier nimmt sich der Auto-, Motorroller- oder Brummifahrer selbstverständlich das Vorrecht zur Missachtung des Zebrastreifens in seinem Drang nach Fortkommen, sich nicht von „lästigen Fußgängern“ aufhalten zu lassen.
Nicht ohne Grund also hat der Gouverneur (Vali) von Antalya eine Aktion ins Leben gerufen, die zumindest einen Umdenkungsprozess anschieben soll, von einer Änderung der Verkehrsregelung mit strikten Strafen für missachtende Autofahrer ist das allerdings noch weit entfernt. Bleibt abzuwarten, wie erfolgversprechend die Aktion ausgeht.
Zebrastreifen sind europaweit Verkehrssonderzonen
Fußgängerüberwege, die gern auch mit Zebrastreifen betitelt werden, sind in Europa und auch anderen Teilen der Welt Sonderverkehrzonen, die dem Fußgänger als schwächerem Teil der Verkehrteilnehmer das sichere Überqueren der Straße an dafür extra kenntlich gemachten Bereichen ermöglichen soll. Oft mit zusätzlichem Hinweisschild versehen, besteht der Übergang meist aus breiten, weißen auf die Straße gemalten oder geklebten Streifen, die für alle Verkehrsteilnehmer diesen Sonderbereich markieren. Oftmals sind Bodenabsenkungen zusätzlich angebracht um auch Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern den Übergang zu erleichtern. Ein noch weiter Weg, den die Türkei in diesem Bereich zu gehen hat.
Bereits im 19. Jahrhundert hatte der Verkehr in den großen Städten so erheblich zugenommen, so das es in den Straßen zu vielen Toten und Verletzten kam. Bisher galt das aus dem Mittelalter stammende Gesetz der Deodands wonach bei einem tödlichen Verkehrsunfall das Eigentum des Verursachers, also in der Regel Pferd und Wagen, vom Staat eingezogen wurde. Auf Druck der vielen „schnelleren“ Verkehrsteilnehmer war es zuerst das britische Parlament, das im Jahr 1846 diese Regelung abschaffte. Somit erhielt der Verkehr auf Rädern Vorrang gegenüber den Fußgängern. Mit dem Zunehmen der Automobile übertrug sich diese Regel auch auf sie. Kein Wunder also, das im Jahr 1911 ein entrüsteter Leser an die Londoner „The Times“ die folgenden Sätze schrieb:
„Könnten Sie etwas unternehmen, damit Fußgänger auf unseren öffentlichen Straßen wieder sicher sind? Es ist herzzerreißend, von den erschreckenden Todesfällen zu lesen. Wenn ein Fußgänger heute auch nur kurz zögert oder einen Fehler macht, ist seine Chance, einem schrecklichem Tod zu entrinnen viel geringer als zu Zeiten, als die Fahrzeuge viel langsamer fuhren. Was den motorisierten Verkehr angeht, herrscht das Bestreben vor, erst im letzten Moment zu bremsen. Es ist ein Skandal, dass auf öffentlichen Wegen von den schwächsten Verkehrsteilnehmern die größte Aufmerksamkeit verlangt wird. Die Straßen sind für alle da, und zwangsläufig sollten die verletzlichsten Teilnehmer, eben die Fußgänger, die größte Aufmerksamkeit bekommen.“
– The Times: The Pedestrian's Chances, 14. Februar 1911, S. 14. Übersetzt aus dem Englischen.
Heute sind klare Regeln in der Straßenverkehrordnung nachzulesen, die den Vorrang von Fußgängern zumindest auf den Fußgängerüberwegen klar regeln:
Verkehrsteilnehmer, die
• einem Bevorrechtigten nicht das Überqueren der Fahrbahn ermöglichen, obwohl dieser den Fußgängerüberweg erkennbar benutzen will, oder
• nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den Fußgängerüberweg heranfahren, oder
• an einem Fußgängerüberweg überholen,
können mit einem Bußgeld von 80 EUR und vier Punkten im Verkehrszentralregister (Deutschland) bestraft werden. Für Fußgänger besteht entgegen verbreiteter Meinung keine grundsätzliche Pflicht zum Benutzen von Fußgängerüberwegen. Straßenbahnen müssen am Fußgängerüberweg nicht anhalten.
Fußgängerüberwege nach § 26 StVO
(1) An Fußgängerüberwegen haben Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den Fußgängern sowie Fahrern von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dann dürfen sie nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren; wenn nötig, müssen sie warten.
(2) Stockt der Verkehr, so dürfen Fahrzeuge nicht auf den Überweg fahren, wenn sie auf ihm warten müssten.
(3) An Überwegen darf nicht überholt werden.
(4) Führt die Markierung über einen Radweg oder einen anderen Straßenteil, so gelten diese Vorschriften entsprechend.
Fußgänger nach § 25 StVO
(3) Fußgänger haben Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten, und zwar, wenn die Verkehrslage es erfordert, nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293). Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, so sind dort angebrachte Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.
Wie unterschiedlich doch Auffassungen und Regeln sein können. Wir möchten Sie, liebe Leser, natürlich auch für diese Problematik sensibilisieren. Bitte seien Sie an Zebraübergängen besonders vorsichtig und erwarten Sie nicht, das man Ihnen den Vorrang einräumt.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei unserem Leser und Beobachter „Buschi“ bedanken, der uns ein Bild des Aktionsschildes des Vali Antalya zugeschickt hatte, das nun zusätzlich die Straßen der Türkischen Riviera schmückt.
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