Adana - Textilien zwischen Seyhan- und Ceyhanfluss
- Geschrieben von Portal Editor
Adana ist nach einer Statistik aus dem Jahr 2008 mit ca. 1,6 Mill. Einwohnern die fünftgrößte Stadt der Türkei, sie liegt in der Mitte der Ebene von Çukurova und ist das Zentrum einer blühenden, vielseitigen Landwirtschaft und international bekannter Textilindustrie.
So ist es auch nicht ungewöhnlich das moderne und das traditionelle Geschäftsleben nebeneinander zu erleben; eine geschäftige und lebendige Atmosphäre erwartet den neugierigen Reisenden.
Durch die Stadt fließt der Seyhan mit seinen malerisch, am Ufer liegenden Teegärten, wo man abends den zauberhaften Sonnenuntergang über dem Fluß bewundern kann. Seyhan und Ceyhan, zwei geschichtsträchtige Flüsse, die beide über Jahrtausende wertvolle Mineralien aus dem Taurus in die Ebene von Çukurova gespült haben, sind für fruchtbare Böden und damit Wohlstand und Auskommen der Bevölkerung seit den Tagen des rauen Kilikiens zuständig. Nur 40 Kilometer vom Mittelmeer entfernt, hat sich Adana zu einem Verkehrsknotenpunkt mit internationalem Flughafen, einem Bahnhof der legendären Bagdadbahn sowie der Flugbasis der NATO in Incirlik entwickelt. Mit der Çukurova-Universität mit rund 35.000 Studenten ist in Adana eine der größten Universitäten der Türkei entstanden.
Erste Siedlung der Hethiter
Die ersten Ansiedlungen in der Region gehen wahrscheinlich auf die Hethiter zurück, denn in historischen Aufzeichnungen des 16. Jahrhunderts vor Christus wird in der fruchtbaren Ebene eine Ansiedlung namens Adanija mehrfach erwähnt. Aus dem 14. Jahrhundert sind akkadische Texte und Aufzeichnungen in Syrien vorhanden. In Ägypten gibt es Berichte aus dem 12. Jahrhundert vor Christus, wo von einer Stadt mit dem Landesnamen Danuna die Rede ist, was sich später als ein Teil Kilikiens herausstellte. Andere leiten den Namen Adana von Adanos, dem Sohn des Uranos aus der griechischen Mythologie ab. Vielleicht werden weitere Funde zukünftig auch weitere Klarheiten bringen.
Mit dem Ende der persischen Vorherrschaft wurde auch Adana Teil des Großreichs Alexander des Großen. Später, unter der Führung Antiochus IV wurde die Stadt über einen kurzen Zeitraum mit Antiochia am Saros betitelt. Mit dem Vordringen der Römer und deren Siedlungsstrategie veränderte sich auch die Region um Adana. Pompeius siedelte im Jahr 67 vor Christus hier die von ihm besiegten Seeräuber aus Kilikien an. Seit 72 vor Christus gehörte Adana dann zur römischen Provinz Cilicia.
Steinbrücken von Hadrian und Justinian
In Adana sind noch viele römische Relikte zu sehen, so unter anderem eine Vielzahl antiker Steinbrücken, die von Hadrian errichtet und später von Justinian erneuert worden sind. Das wohl weltweit bekannteste Bauwerk Adanas ist die historische Römerbrücke, die seiner Zeit von Kaiser Hadrian zur verkehrstechnischen Überwindung des Seyhan Flusses gebaut wurde. Diese aus behauenen Quadersteinen errichtete Brücke, die im Türkischen einfach mit Taşköprü bezeichnet wird, gilt als die Älteste noch vom Verkehr genutzte Brücke der Welt. Hochinteressante Beispiele römischer Mosaikkunst findet man in den beiden Städten Misis (Yakapınar) und Anazarbos. Das Mosaiken Museum in Misis zeigt besondere hier vor Ort aufgefundene römische Bodenmosaike des 4. Jahrhunderts.
Im Jahr 1097 konnte der armenische Fürst Oschin, der als Stammvater der Hethumiden gilt, die Stadt erobern. Seine Burg Lambron galt zu der Zeit als uneinnehmbar. Mit ihm kamen in den folgenden beiden Jahrhunderten immer mehr Armenier, dies vor allem auch, da die Seldschuken mehr und mehr in das ehemalige Siedlungsgebiet der Armenier vordrangen. Mit der Vorherrschaft der Rubeniden entstand dann das Königreich Kleinarmenien, das auch Adana mit einschloss. Seit 1575 gehört Adana zum Osmanischen Reich.
Im Stadtzentrum von Adana sind neben den antiken Stätten der Römer auch viele jüngere, aber besondere Gebäude zu finden, so die "Große Moschee" aus dem 16. Jahrhundert (bekannt als Ulu Camii), das Kleopatra Tor, der Uhrenturm aus dem Jahr 1882, der alte aber überdachte Bazar und der Ortsteil Bedesten, die alle eine Reisewert sind. Einen Besuch wert sind auch die Sabancı-Merkez-Moschee, die als derzeit größte Moschee der Türkei gilt, sowie die beiden im 16. Jahrhundert errichteten Moscheen Ulu-Moschee und die Hasan-Kethüda-Moschee.
Sabancı Merkez Cami und Park
Die 1998 mit sechs Minaretten gebaute Sabancı Zentralmoschee, die in der Nähe des Seyhan Flusses und dem schönsten Park der Türkei steht. Die vorderen vier Minarette weisen eine Höhe von 99 Metern auf, die hinteren zwei 75 Meter. Auf den ersten Blick erinnert die Moschee an die Sultan-Ahmed-Moschee („Blaue Moschee“) in Istanbul. Die Innenarchitektur ähnelt der Selimiye-Moschee in Edirne.
In der Nähe der Sabancı Zentralmoschee galt die Nachbarschaft Tepebağ zu den beliebtesten Touristenzielen in Adana. Der einst hier stehende Tempel gilt nicht mehr zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten. Ihr gegenüber stehen die letzten überlebenden osmanischen Häuser Adanas. Bis vor kurzem wurden sie restauriert. Das einstige Haus des Geschäftsmannes Bosnalı Salih Efendi aus dem 19.Jahrhundert dient nun als Adanas erstes Boutique-Hotel, das Bosnalı Hotel. Einige Türe weiter wurde ein weiteres Haus in ein Filmmuseum umgebaut, während Suphi Paşa Konağı nun, ohne Umbau, als Erinnerung an den Besuch des ersten türkischen Präsidenten, Atatürk, der es in den 1920ern besucht hatte, aufrecht erhalten wurde.
Yumurtalık
Im Süden Adanas, Yumurtalık, entstand ein kleiner Badeort um die Ruinen der antiken Ayas. Neben den Ruinen des Schlosses, findet man in Ayas ebenfalls Kızkalesi, die so genannten Mädchenburg. Den Namen erhielt die Burg durch folgende Geschichte: Eine Prinzessin wurde von ihrem Vater in einem Turm eingesperrt, da ihr ein Schlangenbiss prophezeit wurde. Doch als sie eines Tages in die Stadt geht, um Lebensmittel zu besorgen, lauert die giftige Schlange bereits auf sie…
Eine ähnliche Legende wird an zahlreichen Orten erzählt, auch beim Leanderturm in İstanbul, der den türkischen Namen Kız kulesi (Mädchenturm) hat.
Misis
Im Osten Adanas liegt das triste Dorf Yakapınar. Obwohl es hier nicht viel zu sehen gibt, bietet das kleine Museum ein eindrucksvolles Mosaikbild von der Zeit, in der die Löwen durch Anatolien schlichen und die Menschen Rebhühner in Käfigen hielten. Ähnlich wie das Taşköprü in Adana wurde auch das Lokman Hekim Köprüsü über dem Ceyhan Fluss restauriert. Dahinter erhebt sich ein Hügel mit Überresten der alten Stadt Misis oder Mopsuestia, in der derzeit Ausgrabungen stattfinden.
Auch Freunde und Reisende der Eisenbahnen können in Adana sehr gut auf Entdeckungsreise gehen. Ab 1903 bildete Adana einen wichtigen Stützpunkt im Bau der Bagdadbahn, da man von hier aus die Streckenabschnitte durch den Taurus und in Richtung Aleppo vorantrieb. Für den Bau der Bahn war vor allem der Hafen von Iskenderun zur Materialanlieferung von großer Bedeutung. Da es bereits eine bestehende Bahnverbindung nach Mersin gab, entwickelte sich Adana in der Zeit auch als Handelsumschlagsplatz. Deutsche Ingenieurskunst des 20. Jahrhunderts gibt es auch in Adana, denn die Varda Brücke wurde von deutschen Ingenieuren errichtet. Zwischendurch ein kurzer Halt für das berühmte Adanakebap.
Zu den zehn ältesten Museen der Türkei zählt das Archäologische Museum von Adana, das im Rahmen seiner Ausstellungen hethitische, römische und frühbyzantinische Artefakte zeigt. Das ethnologische Museum, indem viele handgefertigte Teppiche aus allen Teilen der Türkei zu sehen sind ist ebenfalls ein sehr besuchenswerter Platz in der Stadt.
Verschleppung und Massaker an den Armeniern
Bereits im April des Jahres 1909 kam es in Adana und Umgebung zu gewalttätigen Unruhen und Massakern, bei denen große Teile der armenischen Bevölkerung ermordet oder verschleppt wurden. Da auch die verschleppten Menschen nicht versorgt werden konnten, starben bis 1910 weitere 20.000 Menschen aufgrund von Hunger oder Epidemien. Mit dem in die Geschichte eingegangenen Völkermord in den Jahren zwischen 1915 und 1920 stieg die Zahl der auf Opfer unermesslich an. Die Armenier waren aus Kilikien vertrieben und das, obgleich französische Truppen zwischen 1918 und 1920 die Stadt Adana besetzt hatten.
Heute zählt Adana, als moderne Industrie- und Studentenmetropole, zu den modernsten Städten der Türkei. Hervorragende Infrastruktur im Nah- wie im Fernverkehr verbinden die Stadt mit den anderen Zentren in der Türkei, ja sogar in der Welt. Neben dem internationalenFlughafen gibt es eine S-Bahn, die Adana und Mersin verbindet, die Banliyö Trenleri. Täglich gibt es Reisezugverbindungen nach Istanbul, nach Ankara, Iskenderun, Gaziantep, Malatya und İslahiye, sogar einmal wöchentlich einen Kurswagen nach Aleppo. Die bestehende U-Bahnlinie, die zur Zeit über 13 Stationen verfügt, soll weiter ausgebaut werden und auch die innerstädtischen Busverbindungen lassen kaum Wünsche offen.
Koordinaten: 36° 59′ N, 35° 20′ O
Der Ortsteil Karatas mit seiner großen Vielfalt an Unterkünften und Stränden, liegt der südlichen Küste folgend, etwa 50 Kilometer von Adana entfernt. In südöstlicher Richtung entlang der Küste findet man auch den antiken Hafen und die Festung aus der Römerzeit, die viel zur Geschichte und Atmosphäre des kleinen Fischerdorfes Yumurtalik beigetragen haben.
Weitere Informationen auch in den praktischen Reiseführen hier:
Türkei Mittelmeerküste (10. Auflage 2015)
Michael Bussmann, Gabriele Tröger
Michael Müller Verlag, 504 Seiten, 10. Auflage 2015, farbig, 22,90 EUR (D), 23,60 EUR (A), 33,90 CHF, ISBN 978-3-89953-975-2