Karaman - Provinzstadt im Süden der anatolischen Ebene

Karaman, eine Provinzstadt am Südrand der anatolischen Hochebene

Am Südrand der anatolischen Hochebene liegt an der Hauptverbindungsstraße und altem Handelsweg zwischen Konya und Silifke die Provinzstadt Karaman mit heute 135 000 Einwohnern in einer ausgedehnten und fruchtbaren Oase.

Nach Süden hin windet sich die Straße hinauf zum Sertavul-Pass und führt weiter hinunter durch das Tal des Göksu nach Silifke an der türkischenMittelmeerküste.

Die wirtschaftsgeographisch und strategisch besondere Lage des Ortes war schon den Hethitern bekannt, die hier einen Stützpunkt gründeten, der unter dem Namen Landa in alten Keilschrifturkunden erwähnt wird. Durchgängig bis heute war der Ort besiedelt, in griechischer und römischer Zeit unter dem Namen Laranda, in byzantinischer Zeit hieß er Larende und war eine wichtige Militärstation gegen die vordrängenden Perser und später die Seldschuken. Im Jahre 1211 wurde Larende von den Seldschuken endgültig eingenommen. Larende wurde Sitz eines turkmenischen Volksstammes, die vom Taurus her einwanderte und unter der Führung von Kerimüddin Karaman die Stadt zu einem Zentrum von Wissenschaft und Theologie machte. Die Rumseldschuken von Konya setzten die Karamaniden als Statthalter ein und legten damit die Basis für den kulturellen Aufstieg. Seit dieser Zeit heißt die Stadt Karaman.

Mit den Karamaniden beginnt auch der großzügige Ausbau der Stadt, deren bauliches Erbe wir heute bewundern können, denn von den Vorgängersiedlungen der Griechen, Römer und Byzantiner ist nichts mehr erhalten. Es folgte eine wechselvolle Geschichte im Spannungsfeld zwischen Karamaniden, Seldschuken, Osmanen und Mongolen, die 1466 mit der endgültigen Eingliederung in das Osmanische Reich endete. Karaman verlor seine Bedeutung und fiel auf das Niveau einer wenig prosperierenden anatolischen Kleinstadt zurück.

Erst im 20. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt, nachdem zuvor (1923) der Bevölkerungsaustausch zwischen christlichen Griechen und muslimischen Türken die Entwicklung der Stadt vorüber gehend zum Stillstand gebracht hatte. In Karaman, im benachbarten Fisanson und im Gebiet von Binir Kilise lebte eine griechisch-orthodoxe Minderheit, die Karamanli, (s. dazu den Artikel „Karamanli“), die nach Griechenland ausgewiesen wurde. 

Karaman war seit der seldschukischen Zeit ein Ort der Wissenschaft und wuchs zu einem geistigen Zentrum neben Konya heran. In den Medresen der Stadt unterrichteten Gelehrte aus allen Teilen der islamischen Welt, so auch der Vater des berühmten Mystikers Celal addin Rumi, des Begründers des Ordens der Tanzenden Derwische, der vor den Mongolen des Dschingis Khan aus Korasan nach Karaman geflohen war, hier lehrte, bevor er 1228 als geistlicher Gelehrter nach Konya berufen wurde. 1277 ersetzte der Emir Mehmet Bey die persische Amtssprache durch das Türkische, wobei er sich auf die nomadische Tradition berief und sich damit von der  vorherrschenden seldschukisch-persischen

Lebensweise und Hofsprache distanzierte. Der Überlieferung nach soll auch Yunus Emre, der große Mystiker und Dichter des 13. Jahrhunderts in Karaman gelebt haben und bestattet worden sein. Dies ist nach wie vor umstritten. Auch andere Städte in der Türkei, so z.B. nördlich von Sivrihisar der Ort Sariköy, das heute Yunus EmreKöy heißt und zum Wallfahrtsort hochstilisiert worden ist, beanspruchen dieses Privileg. Die herausragende Bedeutung dieses Dichters liegt darin, dass er seine Gedichte und Sinnsprüche in türkischer Sprache verfasst hat, ein türkischer Volksdichter wurde, der dem türkischen Nomadentum und der türkischen Bevölkerung eine ethnische Identität und eine literarische Heimat gegeben hat, die sich klar von der persischen und später osmanischen Hofsprache abgrenzte, und der bis heute als Sinnbild des Türkischen in der Literatur gilt. (s. hierzu den Artikel. „Yunus Emre für Jedermann“).

Alle Sehenswürdigkeiten der Stadt liegen im Zentrum des Ortes, im alten Kern der Karamanidenstadt. An der Hauptkreuzung liegt die Ak Tekke Camii  (= weißes Kloster), ein Komplex, der im Jahre 1371 erbaut wurde. Zunächst wurde nur eine Türbe mit den Gräbern der Mutter des Celal addin Rumi, des Mevlana, Mumine Hatun und des Bruders des Mevlana errichtet, später wurde der Grabbau erweitert und durch das Grab des Karaminden  Seyfeddin Süleyman Bey ergänzt. Die Türbe wurde später in ein Kloster integriert. Heute ist hier ein Armenasyl eingerichtet. Das türkische Bad, das Hamam Süleyman Bey, aus dem Jahre 1358, gehörte ebenfalls zu dem Bereich des Klosters, das bis 1925 ein Konvent  des Mevlevi-Ordens gewesen ist. Die Zellen der Derwische sind noch an der Nordseite des Kuppelraums zu sehen, der als Tanzraum für die Derwische diente. Noch heute ist der Ort, vor allem für türkische Frauen, ein wichtiges Wallfahrtsziel.

Fährt man vom Bahnhof in Richtung Stadt stößt man auf die Hatuniye Medresesi von 1382, eine der berühmten theologischen Hochschulen der Karamanidenzeit. Besonders beachtenswert ist das stattliche Eingangsportal, das durch reiche Schrift- und Ornamentbänder eingerahmt ist. Geometrische Muster und Bordüren mit lotusblättrigen Mustern, Akanthusblättern und dreiblättrigen Palmetten als häufigste Motive dokumentieren die Vielfalt seldschukischer Ornamentik. Ergänzt werden sie durch Schriftbänder und Koransuren, die in das Flechtwerk eingebunden sind. Im Zwickel findet man auch die Bauinschrift und den Namen des Architekten. Der restaurierte und heute wieder zugängliche Innenhof war ehemals überdacht. Die Arkaden werden von antiken Säulen unterschiedlicher Ordnung gestützt.

Hinter der Medrese liegt, von einer Grünanlage umgeben, das Museum. In zwei Abteilungen sind einerseits Funde aus der in der Nähe liegenden neolithischen Ausgrabung von Can Hasan und Exponate aus byzantinischer Zeit zu sehen,   andererseits ist eine ethnographische Sammlung aus seldschukischer und osmanischer Zeit zusammen getragen. Im parkähnlichen Außengelände liegen Werkstücke aus antiker Zeit, römische Sarkophage und Grabsteine, aber auch Beispiele der Steinmetzkunst aus karamanidischer Zeit.

Die Zitadelle von Karaman  ist das imposanteste Gebäude der Stadt. Es handelt sich um eine ausgedehnte Festungsanlage, deren innerer Bereich restauriert und wieder zugänglich ist. Dies ist wohl auch die Stelle der hethitischen Besiedlung gewesen. In byzantinischer Zeit weiter befestigt, wurde sie bei der Einnahme der Stadt durch die Seldschuken zerstört und später wieder aufgebaut. Ehemals hatte die Burg drei Mauerringe, die jedoch im Laufe der Zeit gänzlich abgetragen worden sind. Der türkische Reisende Evliya Celebi berichtete, dass die Festung zu seiner Zeit (Mitte des 17. Jahrhunderts) noch 140 Türme und neun Tore gehabt habe.

Der am Fuß der Zitadelle sich ehemals ausbreitende Altstadtbezirk ist leider in den letzten Jahren abgerissen und durch eine künstliche Parkanlage ersetzt worden. Die alten typischen ein- bis zweistöckigen anatolischen Lehmhäuser sind leider verschwunden. Lediglich ist als Relikt des alten Viertels die zwölfeckige Alaeddin Bey Türbesi erhalten geblieben, das Grab des Karamanidenfürsten Alaeddin, der 1397 von Beyazit I. nach der osmanischen Eroberung der Stadt hingerichtet worden war. 
Ebenfalls aus der Karamanidenzeit stammt der Komplex der Ibrahim Bey Camii, eine Külliye mit Krankenhaus, Armenküche, Medrese mit Druckerei und einem Brunnen und natürlich der Türbe des Ibrahim Bey. 

Die Medrese, die noch nach seldschukischem Vorbild erbaut worden ist, wird von einer großen Mittelkuppel und zwei Seitenkuppeln bedeckt. Heute wird dieser Raum als Gebetesraum genutzt. 
Wenn man in die Stadt hinein fährt, wird man erstaunt sein, ein Denkmal zu sehen, das ein Schaf darstellt. Es ist dem in ganz Anatolien verbreiteten Karamanschaf, einem Fettschwanzschaf, gewidmet, dessen fetthaltige Wolle ganz besonders geschätzt und von den Teppichknüpfern bevorzugt genutzt wird. 

Die Bezeichnung Karamanschaf kommt daher, weil diese Rasse vornehmlich im Umland der Oase von Karaman und im Vulkangebiet des Kara Dagh beheimatet war und bis heute ist.

Bitte lesen Sie auch:

Über Karaman nach Eregli zum Meke Gölü

Zwischenstopp in Göreme - Feenkamine und Heißluftballons

Geschichte

Kultur

Leben | Outdoor