Karamanli

Karamanli

Mit dem Namen Karaman verbindet sich eine ethnisch-religiöse Besonderheit. Der Name Karamanli bezeichnet eine christlich-orthodoxe Volksgruppe, die ursprünglich inAnatolien beheimatet war und infolge des Bevölkerungsaustauschs im Jahre 1923 in der Mehrzahl nach Griechenland ausgesiedelt worden ist.

Etwa 60.000 Karamanli mussten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum griechisch-orthodoxen Glauben Anatolien verlassen. Eine geringe Anzahl von ihnen leben noch heute in der Türkei, die Mehrzahl inIstanbul.

Ihr Name Karamanli ist ursprünglich die Bezeichnung für die Einwohner der Stadt und der Provinz Karaman in der heutigen Türkei. Die Namensgebung lebt bis heute in Familiennamen weiter. So stammen die Vorfahren des ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Konstantinos Karamanlis aus dieser Stadt in Anatolien.
Die Karamanli sprachen (und sprechen; ihre Mundart, das Karamanlica ist sowohl in Griechenland als auch in derTürkei vom Aussterben bedroht) ein osmanisch geprägtes Türkisch, mit griechischen Lehnwörtern und mit sehr vielen alttürkischen, heute nur noch selten gebrauchten Wörtern und Redewendungen. Der osmanische Reiseschriftsteller Evliya Celebi berichtete im 17. Jahrhundert, dass die Griechen aus Antalya kein Griechisch konnten und nur türkisch sprachen.
Das zunächst nur mündlich tradierte Karamlica (Karamanisch) wurde mit der Zeit auch schriftlich dokumentiert, wozu man das griechische Alphabet verwendete. Beispiele findet man heute noch auf Grabsteinen, die mit Redewendungen und Gedichten verziert sind. Besonders schöne Beispiele kann man im Vorhof der Balikli Kilise inIstanbul bewundern, in der Nähe des Silivri Kapisi, eines Tores in der Landmauer. Hier sind zahlreiche Grabsteine in den Boden eingelassen, auf denen neben den Inschriften auch die Symbole ihrer „Besitzer“ abgebildet sind, meist Handwerker mit ihren Insignien. 
Handschriften aus dem 15. bis 18. Jahrhundert begründeten eine Literatur, die ab 1718 auch gedruckt wurde und die im 19. Jahrhundert über 500 literarische Werke umfasste.
Unklar ist, ob es sich bei den Karamanli um türkisierte Griechen handelt, die ihren Glauben beibehalten haben, oder um Türken, die zum Christentum übergetreten sind. Die Herkunft dieser Volksgruppe ist nicht einwandfrei geklärt. Aus türkischer Perspektive betrachtet, stammen die Karamanli von den Oghuzen, einem Turkvolk, ab, die unter dem Einfluss von Byzanz zum Christentum konvertierten und, wie die Seldschuken, neben dem Türkischen auch die persische Sprache beherrschten. Die heute in der Türkei lebenden Angehörigen dieser Volksgruppe berufen sich auf diese Abstammungstheorie, da sie in den Seldschuken ihre bedeutenden Vorfahren sehen. Danach sind sie etwa um 1000 n.Chr. nach Anatolien eingewandert, wo sie dann auch den christlichen Glauben angenommen haben. Im Osmanischen Reich konnten sie ihren Glauben unbehelligt ausüben und haben sich als religiöse Minderheit behaupten können.
 
Die Griechen sehen das etwas anders. Sie gehen von einer griechischen Abstammung aus, von Griechen, die türkisiert worden sind, ihren christlichen Glauben jedoch beibehalten haben.
Mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahre 1453 wurden viele Bewohner Anatoliens in die neue Hauptstadt umgesiedelt. Diese war in den letzten  Jahrzehnten der byzantinischen Herrschaft weitgehend entvölkert und die Osmanen setzten viel daran, das Stadtgebiet wieder zu beleben. So kamen auch die Karamanli nach Istanbul, wo sie vor allem in der Nähe der Festungsanlage Yedikule in einem eigenen Viertel lebten und ihren Lebensunterhalt als Handwerker und mit dem Handel vor allem mit Juwelen verdienten. Ihre Läden und Werkstätten befanden sich in der Nähe des Großen Basars. 
Die Zukunft der Karamanli und ihrer Sprache ist bedroht. Durch den „Bevölkerungsaustausch 1923“ haben sie ihre angestammte Heimat verloren, mussten in einem Land leben, dessen Sprache und Kultur sie nicht kannten, Assimilationsdruck, der sich vor allem im Verbot des Türkischen und dem Erlernen müssen der griechischenSprache, dem Verlust des Karamanlica und dem Verlust der Bindungen an die anatolische Tradition ausdrückte, führte zu Integrationsproblemen, aber auch zu einem Zusammengehörigkeitsbewusstsein, das sich der Unterstützung ihrer Herkunftsdörfer zeigt.
Als Beispiel der „Wanderung zwischen den Welten“ sei ein Gedicht zitiert, das die besondere Situation der Karamanli charakterisiert.


„Selbst wenn wir Griechen sind, sprechen wir türkisch;
Weder türkisch können wir schreiben und lesen, noch griechisch sprechen
Wir haben eine schwerverständliche Schrift-Sprache;
Unsere Buchstaben sind griechisch, aber wir äußern unsere Wünsche (beten) auf türkisch.“

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