Nach Zigarettenverbot folgt Verbot der Wasserpfeifen?
Mit dem konsequenten Verbot des Nikotingenusses auf öffentlichen Plätzen in den letzten Jahren seit 2009 war zunächst eine Welle der Entrüstung entstanden, sind doch gerade die Türken bekannt für den Verbrauch / Genuss riesiger Mengen von Zigaretten.
Der Gesundheit der Menschen hat dieses Verbot allemal gut getan, ganz zu schweigen von der wesentlichen „Luftverbesserung“ in den Restaurants und Gasthäusern für den nichtrauchenden Teil der Bevölkerung und das gesamte Bedienpersonal. Jedem sind sicherlich schon einmal die Plakate in den öffentlichen Lokalen aufgefallen, die das Rauchen unter Strafe stellen, immerhin sind bei Verstoß 69,- TL fällig. Um der Bevölkerung eine gesündere Lebensweise „näher“ zu bringen helfen manchmal eben nur drakonische Strafen, oder? Vielleicht wäre Einsicht durch Aufklärung auch eine Lösung?
Wasserpfeifen, in der Türkei mit Nargile, Hookah oder Sisha bezeichnet
Nach Presseäußerungen aus türkischen Regierungskreisen sollen jetzt auch die Wasserpfeifen, in der Türkei mit Nargile, Hookah oder Sisha bezeichnet, aus der Öffentlichkeit verschwinden. Damit geht es allerdings an echte, türkische Tradition, denn seit Jahrhunderten ist das Rauchen der Wasserpfeife weit mehr als nur schnöder Tabak- und Nikotingenuss. Zunächst in der Umgebung der Moscheen etabliert, die nach dem Gebet von Gläubigen zum Tee und Wasserpfeife rauchen aufgesucht wurden, haben sich spezielle kleine Gasthäuser über die Jahrhunderte entwickelt, denen es nun an den Kragen gehen soll. Heute ist das Nargile oder Hookah Rauchen fast schon als Trend zu bezeichnen, so beliebt sind die Lokalitäten.
Und längst ist es nicht mehr der reine, meist aus Ägypten importierte Tabak, der feucht per Holzkohlestück am Glimmen gehalten wird, sondern oftmals sind sehr wohl riechende Zusätze, die im Tabak enthalten und so für neue Anhänger sorgten. Ein Phänomen, das sich auch in Europa ausbreitet.
Gerade diese Tabakzusätze von oftmals fruchtigen Aromen wie Apfel, Banane oder Kirsch sind dabei allerdings von hohem Gefährdungspotential. Diese wohlriechenden Inhaltsstoffe im Tabak, die zu leicht dazu verleiten, den Rauch tief zu inhalieren und ihn somit lange in der Lunge zu behalten, machen den Konsum so schädlich, meist wesentlich gefährlicher als das Rauchen herkömmlicher Zigaretten. Wer weiß schon, welche Inhaltsstoffe mit dem Inhalieren in die Lunge gelangen.
Schaden in der Kranken- und Rentenversorgung mittragen
So ist es nur zu verständlich, wenn nach dem Verbot des Rauchens von Zigaretten in der Öffentlichkeit jetzt in konsequenter Weise auch das Rauchen der Nargile verboten wird. Der Vorsitzende der Gesundheitskommission des türkischen Parlaments, Cevdet Erdöl, will in naher Zukunft eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringen, die auch das Rauchen von Nargile, Hookah oder Sisha in der Öffentlichkeit verbietet und das trotz der Jahrhunderte alten Tradition. Dabei ist der Ansatz für die Gesundheit der eigenen Bevölkerung Sorge zu tragen, an sich ein sehr positives Argument.
Neben dem Verbot des Rauchens in der Öffentlichkeit und der drastischen Erhöhung der Preise für Zigaretten zeigten auch die türkischen Anti-Raucher-Kampagnen durchaus Wirkung. Sorgten die strikten Maßnahmen doch immerhin schon für einen drastischen Rückgang des Zigarettenkonsums.
Doch trotz all dieser Maßnahmen und gesellschaftlicher Erkenntnisse ist das Thema Rauchen in der Türkei immer noch ein Massenphänomen, dem es Einhalt zu gebieten gilt. Laut der Berichte der OECD schafft es die Türkei im vergleichenden Ranking von 34 OECD-Staaten im Rauchverhalten auf den 5. Platz. Allein die wirtschaftlichen Mehrkosten verursacht durch Krankheit oder Ausfall durch die Folgeschäden des Rauchens rechtfertigen die Maßnahmen allemal. Längst schon ist es nicht mehr einsehbar, das die Allgemeinheit die Kosten auch für den durch Raucher entstehenden Schaden in der Kranken- und Rentenversorgung mitträgt. Ähnlich den Beispielen Europas folgend, sollen auch hier die Verursacher der Folgeschäden langsam stärker an den durch sie verursachten Kosten beteiligt werden. Grundsätzlich gelten all diese Thesen natürlich auch für das Rauchen der Wasserpfeife. Denn auch diese sehr ungesunde Angewohnheit gilt es zumindest zu begrenzen, trotz der Tradition.
Konsum von Alkohol auf öffentlichen Plätzen drastisch zu beschränken
Welch ein Aufschrei erfolgte auch im letzten Jahr, als es plötzlich ein Alkoholverbot bei diversen öffentlichen Veranstaltungen in Istanbul gab, allen voran das Verbot von Alkoholkonsum während des großen Open-Air Rockkonzerts. Auch der Gouverneur von Afyonkarahisar sorgte mit seinem Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen im letzten Jahr für einigen Unmut, als er am 24. April 2012 verkünden lies, den Verkauf und den Konsum von Alkohol auf öffentlichen Plätzen drastisch zu beschränken.
Man würde sich wünschen, dass diese Einsicht auch in anderen die Gesundheit der Bevölkerung schadenden Bereichen Einzug halten würde, trotz nirgendwo niedergeschriebener religiöser Gründe, die von den Vertretern überholter Riten immer wieder hervorgekramt werden und die immer wieder für Aufregung und kontroverse Diskussionen sorgen. Auch hier wird dann allerdings schnell deutlich, wie doch unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden. Das Eine verteufeln und das andere trotz besseren Wissens auch weiterhin beibehalten.
Aber das ist eine Erkenntnis, die sich auch in Europa nur selten durchsetzt.
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