Via Publica durch Bad Camberg – Bundesstraße 8

Via Publica durch Bad Camberg – heute Bundesstraße 8

Nachdem sich die Karnevalisten vom Bad Camberger Marktplatz langsam „zurückgezogen“ hatten, war wieder Ruhe zum Genießen der hervorragend restaurierten Fachwerkbauten in der Altstadt möglich.

Besonders die Fachwerkhäuser mit ihren Läden am Bad Camberger Marktplatz hatten es uns angetan. Unsere weitere Recherche brachte uns auch die Erkenntnis, dass gerade hier am Marktplatz entlang die mittelalterliche Via Publica verlief.

bad camberg troisdorfVergleichbar dem römischen Straßennetz etwa eintausend Jahre zuvor, wurden im 12. Jahrhundert allmählich auch Straßen in den Tälern des Taunus und des Spessarts angelegt.

Dazu trug vor allem das Anwachsen vom Warenhandel, aber auch die wachsende Gefahr auf der Hohen Straße bei. So entstand beispielsweise die Emstalstraße, ein Teilstück der alten Via Publica (Brüssel–Prag).

Die Via Publica wurde erstmals 839 in einem Diplom von Kaiser Ludwigs des Frommen erwähnt. Diese Erwähnung war in Altfeld im Spessart. In dieser Tauschurkunde wurde aber noch eine andere Straße erwähnt, die Heristrata = Heerstraße. Diese Erwähnung war zwischen Bischbrunn und Rohrbrunn im Spessart, dort wo die ehemalige Bundesstraße 8 verlief.

Via Publica von Brüssel in Flandern über Frankfurt, Würzburg bis Prag in Böhmen

Die Altstraße Via Publica soll einst von Brüssel in Flandern über Frankfurt, Würzburg und Nürnberg bis Prag in Böhmen geführt haben. Wobei eine urkundliche Erwähnung der Via Publica zwischen Brüssel, Köln und Frankfurt nicht bekannt ist. Jedoch gibt es eine frühere Nennung der Via Publica aus dem Jahr 815 in der Wüstung Lochheim, im heutigen Gemeindegebiet Biedesheim am Rhein, ca. 50 km süd-östlich von Mainz. Und eine weitere Nennung in Bad Salzschlürf bei Fulda aus dem 9. Jahrhundert. Sowie zwei Nennungen bei Drensteinfurt, südlich von Münster aus dem Jahr 1331 und 1440.

bad camberg kitzingenIm Mittelalter soll die Handelsstraße auch die Handelsstädte Köln, Frankfurt, Nürnberg und Regensburg verbunden haben. Eine Behauptung, jedoch ohne Beweis. Die Steinerne Brücke in Regensburg (1135–1146), die Innbrücke in Passau (1143), die Lahnbrücke in Limburg (1341 vollendet) und die Mainbrücken in Würzburg (1133, im Bild unten), Frankfurt (vor 1222) und Kitzingen (vor 1300, im Bild oben) sind einige der ältesten Steinbrücken Mitteleuropas und zeugen von der historischen Bedeutung.

Im Jahr 1615 wurde der Generalerbpostmeister Lamoral von Taxis durch Kaiser Matthias beauftragt, einen Postkurs von Brüssel, über Frankfurt und Nürnberg, nach Prag einzurichten. Hierfür wurde die Via Publica ab Altfeld Richtung Würzburg ausgebaut.

bad camberg wuerzburg mainbrueckeHeute ist die Bundesstraße 8 größtenteils identisch mit beiden Altstraßen, der Heristrata und der Via publica. Die mittelalterlichen Handelswege führten zumeist nicht durch die sumpfigen und nach Regenfällen unpassierbaren Täler, sondern über die trockenen Höhenstraßen. Aber diese Straßen mussten auch Flüsse überqueren, die sich immer tief in den Tälern befinden.

Ein Teil der Via Publica wird auch als Mauspfad bezeichnet. Jedoch die Ersterwähnung des Mauspfad ist erst in den Tranchot-Karten von 1801-1814 erwähnt.

Neben den Alten Kölnischen Landstraßen war der Mauspfad ein Teil des mittelalterlichen rechtsrheinischen Wegenetzes. Der Mauspfad verband den Rheingau über Limburg an der Lahn, Altenkirchen, Siegburg, Köln-Dünnwald, Opladen, Langenfeld und Hilden mit Duisburg, wo er den Hellweg erreichte. Südlich von Limburg ist der Weg unter dem Namen Hühnerweg, Hühnerstraße oder auch Mainzer Straße bekannt, nördlich von Hilden trägt er den Namen Butenweg. Nur für das Stück zwischen der Sieg und Hilden hat sich der Name Mauspfad eingebürgert. Im rechtsrheinischen Köln verläuft der Mauspfad unmittelbar am ehemaligen Ufer des Urstromes des Rheines entlang und ist nach den jeweiligen Örtlichkeiten benannt.

Der Mauspfad in seiner Funktion und Bedeutung

bad camberg stadtmauerDen Mauspfad darf man sich nicht als eine Straße im heutigen Sinn vorstellen, vielmehr war er ein Weg, der durch vielfaches Begehen und teils durch Pflegemaßnahmen, etwa das Schneiden des Unterholzes, freigehalten wurde.

Für solche Pflegemaßnahmen wurde an Zollhäusern Maut erhoben. Trotz seiner geringen Breite spielte der Weg mutmaßlich eine große Rolle in der früheisenzeitlichen Erschließung der rechtsrheinischen Heideterrasse; er war möglicherweise sogar der Hauptweg, über den südländische Kultur in den Norden vordrang.

bad camberg marktplatzZur Hansezeit bildete der Mauspfad den rheinischen Teil des wichtigen Verkehrsweges zwischen Köln, Essen, Dortmund und Soest und weiter in Richtung Hamburg, Bremen und Lübeck. Auf einigen Abschnitten dieses Weges verlief in späterer Zeit auch der ebenfalls historische Fernhandelsweg von Genua über den Kleinen St. Bernhard, Basel, Mainz, Siegburg bis in die Niederlande.

Diese Straßenverbindung, die einstige Via Publica, nachmals zwischen Köln und Arnheim Köln-Arnheimer Chaussee genannt, ist in etwa identisch mit der heutigen B 8. Ein Grund für den Aufschwung der neuen Handelsroute, verbunden mit dem gleichzeitigen Niedergang des Mauspfades, war die Schlacht von Worringen und der anschließende Aufstieg Düsseldorfs zur späteren Residenzstadt. Dadurch verlagerte sich der Handel auf die neue Verbindung über Düsseldorf.

Doch zurück zur Ortsdurchfahrt Bad Camberg

bad camberg stadttorIm Jahre 1768 begann Kurtrier mit dem chausseeartigen Ausbau der Landstraßen wie auch der Straße von Limburg bis zur Staatsgrenze zwischen Würges und Walsdorf, die 1780 fertig gestellt wurde. Der Oberbau der Chaussee, die am Camberger Untertorturm westlich der damaligen Stadtgrenzen vorbeiführte, war nach zwei bis drei Jahren durch den starken Verkehr wieder vollständig zerstört. 1786 beantragte daraufhin die Bürgerschaft, die Chaussee von Erbach zum Obertorturm, dann durch die Stadt durch zum Untertorturm und dann weiter nach Würges führen zu lassen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Aufgrund der kurtrierischen Wegebau-Ordnung von 1753 mussten die Bürger des Amts Camberg im Frühjahr und im Herbst Chausseefrondienste leisten. Die Lohn- und Materialkosten für die Brückenbauten stellte die kurfürstliche Hofkammer, während die Gemeinden und das Amt die Materialien zur Verfügung stellen mussten. Erst nach der Revolution von 1848 wurden alle Frondienste aufgehoben.

Aus dieser Straße entwickelte sich dann Anfang des 20. Jahrhunderts die Fernverkehrsstraße 8, die spätere Reichsstraße 8 und heutige Bundesstraße 8, sie führt derzeit durch Erbach, Bad Camberg und Würges und führt an Oberselters vorbei.

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