Das Jeverländische Mahnmal am Upschloot
- Geschrieben von Portal Editor
Eigentlich hatten wir ja vorgehabt, in diesem Jahr auch das weit über die Landesgrenzen bekannte Blütenfest in Wiesmoor zu besuchen.
Leider machte uns das stürmisch, wirklich nasskalte Wetter am Veranstaltungswochenende einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, so das wir diesen Besuch auf das kommende Jahr verschoben haben.
Von Jever kommend hatten wir wenige Tage später, bei wiederum fast wolkenlosem Himmel, das kleine Dorf Cleverns und wenig später Sandelermöns passiert, als wir links an der Landstrasse L813 auf ein riesiges Holzkreuz trafen, das unsere Aufmerksamkeit erregte. Da auch ein Parkplatz unmittelbar gegenüber dem Holzkreuz vorhanden war, stoppten wir, um einige Fotos zu machen, die später der weiteren Recherche dienen sollten. Erst jetzt wurde die Größe der gesamten Anlage deutlich, an der man fast achtlos vorbei gefahren wäre. Die gesamte Grünanlage machte einen gepflegten Eindruck mit kurz gemähten Rasenflächen und abseits der Straße gelegenen Fußwegen. Wir nutzen den Fußweg, der fast unsichtbar hinter der dichten Bewaldung erschien und stießen auf erste Findlinge, die die eingravierten Ortsnamen hiesiger Dörfer und Ortschaften (Hooksiel, Sillenstede, Sengwarden, Jever, usw.) aufwiesen. Nun war unser Interesse erst recht geweckt, was denn diese Findlinge nun zu bedeuten hätten.
Etwas weiter in Richtung Holzkreuz stießen wir dann auf eine Schautafel, die folgenden Inhalt zeigte:
Jeverländisches Mahnmal am Upschloot
Der Upschloot ist der Damm, auf dem die alte Friesische Heerstraße von Oldenburg nach Jever den Grenzgraben zwischen dem Harlingerland und dem Jeverland überquert. In dieser einst sumpfigen Landschaft geht die ostfriesische Geest in die Marsch über.
Im Mittelalter war die Gegend immer wieder Schauplatz blutiger Kämpfe um die Vorherrschaft über die friesischen „Herrlichkeiten“. Das Harlingerland gelangte im Jahre 1600 an die Grafschaft Ostfriesland, die 1744 an Preußen fiel.
Das Jeverland verlor seine Selbstständigkeit 1575 an Oldenburg, 1867 an Anhalt – Zerbst und 1793 an Russland. In der Zeit Napoleons gehörte die ganze ostfriesische Halbinsel zu Holland, danach zu Frankreich, bis auf dem Wiener Kongress 1815 Europa neu geordnet wurde. Der Graben blieb Staatsgrenze; nun trennte er das Königreich Hannover vom Großherzogtum Oldenburg.
Die politischen Veränderungen des 19. und 20. Jahrhunderts haben die Bedeutung dieser Grenze mehrfach gewandelt. Heute verbindet der Upschloot die Landkreise Friesland und Wittmund sowie die Kirchen von Oldenburg und Hannover.
Unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und der menschenverachtenden Gewalt des Nationalsozialismus hat 1948 ein Kreis von Betroffenen an diesem geschichtsträchtigen Ort ein Kreuz als Mahnmal gegen jeden künftigen Krieg errichtet. In der schwermütigen Landschaft ist es ein Zeichen christlicher Hoffnung auf den Frieden, der alle Grenzen überwindet.
Zugleich erinnert das Kreuz an die Menschen, die aus politischen, rassischen und religiösen Gründen Ihr Leben verloren haben. Findlinge mit den Namen der Kirchengemeinden des Jeverlandes säumen einen kleinen Wald, in dem jeder Baum für einen Kriegstoten aus der Gemeinde Cleverns – Sandel steht. Zweimal in jedem Jahr (Himmelfahrtstag 10.00 Uhr, Totensonntag 15.00 Uhr) wird unter dem Jeverländischen Mahnmal ein Gottesdienst gefeiert.
Zu allen Jahreszeiten lädt die von der Freiwilligen Feuerwehr Cleverns – Sandel gepflegte Anlage die Vorbeikommenden zu Rast und Einkehr.
- soweit die Inschrift auf der Informationstafel -
Besonders der letzte Satz lies uns auch auf den hier entlang führenden Radweg aufmerksam werden, der am Mahnmal entlang auf rege Fahrradnutzung schließen lies. Wie in vielen Regionen Deutschlands gibt es auch in Friesland / Ostfriesland ein ausgedehntes Netz an Radwegen, so das sicherlich auch hier häufiger Besuch stattfindet, was sich bereits wenige Minuten später als richtig vermutet, bestätigen sollte. Letztendlich wirkte die Anlage auf natürliche Art wirklich zu gepflegt als das es sich nur um ein abseits gelegenes Denkmal in Form eines Kreuzes handeln könnte. Allerdings waren wir mit den Erkenntnissen aus dem obigen Text auch nicht ganz zufrieden und hatten auch schon eine Idee für weitere Informationen: Joachim, der uns schon so oft mit tiefgehenden Fachinformationen aus der Region zur Verfügung gestanden hatte. Eigentlich Kriegsflüchtling aus Ostpreußen, hat sich Joachim über die Jahre tief in die Gegebenheiten und Historie der Umgebung Jevers eingearbeitet. Und natürlich kamen auch in diesem Fall wieder weiterführende Informationen zusammen.
So konnte uns Joachim auch bestätigen, das tatsächlich auf diesem Fleckchen Erde jeweils eine Eiche für jeden Kriegstoten aus der Gemeinde Cleverns - Sandel gepflanzt worden war. Verantwortlicher Organisator dieser Pflanzaktion so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war der Besitzer und gleichzeitig betroffene Vater Eberhard Hanken. Ihm gehörte seiner Zeit das Wiesengelände an der L813, die an dieser Stelle einen leichten Rechtsknick aufweist. Eberhard Hanken, der als Landwirt seinen Hof hier in Grappermöns betrieb, hatte seinen Sohn im Krieg verloren, so das sein zweites Kind, eine Tochter, den Hof übernahm, der dann Jahre später allerdings komplett ausgebrannt war.
Der Verlust seines Sohnes war dann der Ausgangspunkt zur Abtrennung des Weidestücks in der Form, das im Knickpunkt der Kurve der Hügel für das Mahnmal aufgeworfen wurde. So war es möglich, beim Befahren der Strecke aus beiden Richtungen auf das Mahnmal zu schauen. Gemeinsam mit weiteren Familien wurde die Idee zum Mahnmal ausgeweitet und im Jahr 1948 umgesetzt. Heute, nach 65 Jahren, sind aus den jungen Baumsetzlingen längst kräftige, riesige Eichen geworden, die das hölzerne Kreuz umrahmen.
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