Okerstausee – wann kommt der „große“ Regen

Okerstausee – wann kommt der lang erwartete „große“ Regen

Wie gut kann ich mich an meine Kindheit erinnern, als es viel Leben und buntes Treiben an und auf der Okertalsperre gab, der Wasserstand so hoch, dass man an vielen Stellen entlang des Seeufers die große Rundfahrt auf der MS Aquamarin „entern“ konnte, die damals fast 1,5 Stunden dauerte und von allen Anlegestellen aus begonnen werden konnte.

Wie traurig dagegen heute, wo das Schiff fast versteckt in einem der Seitenarme fest vertäut liegt. Es ist schon erschütternd, wenn man dann noch das immense Absterben der Nadelwälder im Harz hinzunimmt, was auch nicht gerade fördernd auf diese für die Region so bedeutenden touristischen Einnahmen der Gemeinden betrachtet. Aber wegsehen und ignorieren hilft auch niemandem weiter, ganz im Gegenteil, denn gerade jetzt bedarf es der Unterstützung durch Tourismus.

Mit dem Fahrrad um den Okerstausee

okerstasee 1Unser Plan für den heutigen Tag: von Clausthal-Zellerfeld bzw. Altenau kommend den Okerstausee umrunden, dabei auch die Hauptstaumauer überqueren, denn der Okerstausee kann sowohl zu Fuß als auch mit nichtmotorisierten Fahrzeugen auf überwiegend asphaltierten, bzw. geschotterten Straßen komplett umrundet werden.

Zwischen Vorstaumauer und Hauptstaumauer existiert ein fast durchgängig asphaltierter Fahrweg, der sogar häufig von Inline-Skatern und Skirollerfahrern genutzt wird; lediglich der Weg zwischen Vorstaumauer und Altenau ist nicht asphaltiert.

Wem diese Tour noch nicht genügt, der mag noch den Romkerhaller Wasserfall mit in sein Tagesprogramm aufnehmen, obwohl auch hier kaum noch Wasser fließt.

Forschung und Bau der Okertalsperre

okerstausee 2Tief eingebettet in die bewaldete Mittelgebirgslandschaft liegt der Okerstausee. Seit 1956 wird hier der Lauf der großen Oker zu einem künstlichen Gewässer aufgestaut. Gespeist von den verschiedenen Quellläufen der Oberharzer Berge reichen dessen Ufer weit in die angrenzenden Täler hinein. Am östlichen Stauseebereich führt eine Wanderroute in das Lange Tal, dessen Bachlauf ebenfalls in den Stausee entwässert. Auf dem Weg ins Lange Tal, heute wie gesagt auf dem Fahrrad, werfen wir einen Blick zurück auf die immerhin 67 Meter hohe Bogengewichtsstaumauer.

Die Okertalsperre ist nach der Rappodetalsperre die zweitgrößte Talsperre im Harz und die größte in Niedersachsen. Besonders für den Hochwasserschutz war der Bau der Talsperre von großer Bedeutung; so wichtig, dass im Jahr 1954 die etwa 300 Einwohner von Unterschulenberg und Mittelschulenberg umgesiedelt wurden. Was gab den Ausschlag für den konkreten Standort der Staumauer im Okertal?

okerstausee 3Während des Erdgeschichtsalters des Unterkarbons vor 360 – 335 Millionen Jahren rutschte lawinenartig Sediment vom Kontinentalhang auf den Meeresboden. Diese Ablagerungen sind heute noch deutlich erkennbar entlang des Okerstausees als stark verfaltete Grauwacke auf Tonschiefer erkennbar. Die Hitze des nahe gelegenen Okerplutons, welcher von ca. 990 Millionen Jahren den Granit beiderseits des Tales unterhalb der heutigen Staumauer entstehen ließ, hatte die älteren Tonschiefer und Grauwacken im Untergrund zu sehr robusten Hornfelsen umgewandelt. Im so entstandenen, verwitterungsfesten Gestein ist der Taleinschnitt enger als im leichter verwitternden Granit des unterliegenden Okertals. Das gehärtete Gestein erwies sich als ideal, um eine Bogenstaumauer errichten zu können. Die Staumauer liegt seitlich auf dem Fels auf, wodurch der auf ihr lastende Druck seitlich abgeleitet wird. Die weniger stabile Grauwacke hielt die wirkenden Kräfte jedoch nicht aus. Daher bildet eine Gewichtsmauer den oberen Teil des Staudamms. Sie trotzt aufgrund ihres Eigengewichts den auftretenden Kräften durch den Wasserdruck. Klüfte im Gestein wurden durch Zementeinpressungen gedichtet. Verglichen mit einer reinen Gewichtsstaumauer führte die Entscheidung für den Bau einer Bogengewichtsstaumauer zu einer Einsparung von etwa 60% Beton.

Reine Druckbelastung erspart die Bewehrung

okerstausee 4Die Staumauer muss nur Druckkräfte aufnehmen und kann daher ganz ohne Bewehrung auskommen. Um die Wärmeentwicklung während des Abbindens des Betons zu minimieren, wurde ein Grobrüttelbeton eingesetzt. Hierzu wurden in den relativ normalen Beton bis zu 40 cm große Diabassteine eingerüttelt. Dadurch verringerte sich der Zementanteil. Da Diabas eine relativ hohe Dichte von bis zu 3,0 Tonnen pro Kubikmeter aufweist, erhöht sich durch seinen Anteil auch das Betongewicht, was der Mauer zusätzliche Standsicherheit gibt.

Der Bau der Okertalsperre wurde durch die Harzwasserwerke in den Jahren von 1938 bis 1942 in Angriff genommen. Hierzu wurden zunächst die Talstraßen auf die westliche und nördliche Uferseite verlegt und die beiden Straßenbrücken „Weißwasserbrücke“ und „Bramkebrücke“ errichtet. Dabei wurden auch sowjetische Kriegsgefangene eingesetzt, deren Gräber sich auf dem Friedhof von Altenau befinden. Wegen des Krieges und damit anders zu setzender Prioritäten wurde der Bau 1942 unterbrochen.

okerstausee 5Die Staumauer selbst wurde von 1952 bis 1956 errichtet. Dringend wurde der Weiterbau auch, nachdem im schneereichen Winter 1946/47 Überschwemmungen vor allem in Wolfenbüttel und Braunschweig eingetreten waren. Während der Errichtung musste die Waldarbeitersiedlung Unterschulenberg aufgegeben werden; sie wurde westlich des Stauraumes auf dem Wiesenberg neu gebaut.

In regenarmen Jahren kann der Wasserstand der Talsperre so stark absinken, dass Reste einzelner Grundmauern sowie die alte Talstraße mit ihren Brücken wieder sichtbar werden.

Die Stauanlage dient bis heute der Stromerzeugung, Niedrigwassererhöhung und dem Hochwasserschutz; indirekt wird sie auch zur Trinkwassergewinnung genutzt. Der mittlere Jahresabfluss beträgt 75 Mio. m³. Das Wasser des Stausees treibt die Turbine des Wasserkraftwerks Romkerhalle an.

Natürlich hatten wir uns nach der Anfahrt und der Umrundung des Okerstausees auch einen Belohnenden Abschluss verdient, was also lag näher, als am Rückweg beim Windbeutel-König einzukehren um einen der östlichen Kreationen zu genießen. Trotz eher trüben Wetters eine gelungene Rundfahrt.

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