Raddampferfahrt mit der Concordia II in Carolinensiel
- Geschrieben von Portal Editor
Genießen Sie doch einmal eine Fahrt auf der Harle entlang der Promenade von Carolinensiel nach Harlesiel, das Frühjahr naht schnell, so oder ähnlich könnte der Werbespruch für die Ferienorte Carolinensiel – Harlesiel sein.
Wir hatten vor einigen Tagen die Möglichkeit zu einem Spaziergang entlang der Harle und dabei auch den Museumshafen mit den zahlreichen Plattbodenschiffen besichtigt.
Trotz Sturms und noch winterlicher Kälte ein Erlebnis, dass uns auch die Geschichte der Harlebucht mit seinen Sturmfluten sowie die dann folgende Landgewinnung durch Eindeichungen näher brachte. Die Harle war schon sehr früh von großer Bedeutung für den Frachtverkehr und als Wasserverkehrsweg zu den Küstenhäfen, die damals an der Harlebucht lagen. Durch einen Nebenarm der Harle war es möglich, bis an den heutigen Marktplatz von Wittmund zu schippern, heute kaum noch vorstellbar. Vergleichbar war es auch in Jever, wo die Schlachte an den ehemaligen Hafenstandort erinnern soll, der über das Hookstief erreichbar war. So lag es denn auch auf der Hand, diese Wasserwege auch für den Personenverkehr zu nutzen. Um auch dem gerecht zu werden, wurde 1853 durch den Carolinensieler Ortsvorsteher P.J. Fimmen und den Getreidehänder W. Feßner die Aktiengesellschaft „Carolinensieler-Wittmunder-Dampfschifffahrts-Gesellschaft” gegründet. Die 80 Aktien, jede zu 30 Reichstalern Gold, wurden schnell an den Mann gebracht womit Personenverkehr auf der Harle beginnen konnte, da es kaum befestigte Straßen gab.
Der Raddampfer Concordia beginnt seinen Dienst
Bereits wenig später erfolgt der empfehlende Bericht des Amtes Wittmund und der Wasserbauinspektion Esens an die Landdrostei Aurich:
„Jedermann interessiert sich dafür, man ist freilich so ziemlich gewiss, dass die Aktien nicht rentieren werden, aber der Umstand bekümmert höchstens den einen und den anderen Aktionär, welcher Ehrenhalber ein paar Aktien hat zeichnen müssen. Das Publikum geht von der Ansicht aus, dass das Dampfschiff ihnen jedenfalls zum Amüsement und zur Bequemlichkeit gereichen werde und dass höchstens die Aktionäre dadurch zu Schaden kommen können, was allerdings nicht in Betracht kommen kann, weil dieselben samt und sonders den Verlust von 5 oder 10 Pistolen leicht werden verschmerzen können“.
Trotz der schlechten Erwartungen wurde 1854 der Raddampfer Concordia (= Eintracht) durch die Werft der Gebrüder Elsner in Koblenz gebaut und erreichte am 23. September 1854 Carolinensiel. Bei einer Länge von 13,32 m und einer Breite von 2,20 m konnte sie 30 Passagiere, den Kapitän, den Maschinisten und einen Matrosen bei voller Kohleladung transportieren.
Die Concordia I beginnt ihre Passagierfahrten
Um die niedrigen Brücken bei Alt- und Neufunnixsiel zu passieren, verzichtete man auf ein Passagierdeck und ordnete im Vor- und Achterschiff Kajütsaufbauten an. Eine Fahrt ins 15 km entfernte Wittmund war mit 6 km/h möglich und dauerte ungefähr 2,5 Stunden.
Der Einsatz der Concordia I war jedoch nicht von langer Dauer. Bereits 1856 wurde deren Unwirtschaftlichkeit festgestellt. Zu wenige nutzten den eisernen Raddampfer und bei Frost musste der Schiffsverkehr komplett eingestellt werden. Zudem wurde eine Landstraße zwischen Wittmund und Carolinensiel errichtet, welche von den Passagieren vorgezogen wurde.
Ein gutes Jahr lag die Concordia noch ungenutzt im Wittmunder Hafen bis sie schließlich 1858/1859 verkauft wurde. Wer den Raddampfer kaufte, ist bis heute jedoch nicht bekannt.
Reederei Albrecht baut die Concordia II
Unser Raddampfer ist der größte in Ostfriesland und wahrscheinlich der kleinste der Welt. Inge und Dieter Albrecht haben die Concordia II in Eigenregie in Ihrem Familienunternehmen, der Reederei Albrecht, nach dem Vorbild der Concordia I gebaut. Trotz der kurzen Aera des Vorgängers, blieben einige Unterlagen erhalten, die Albrechts ihren neuen Berechnungen und Bauplänen zu Grunde legten. Bis hin zu den roten Schaufelrädern mit einem Durchmesser von drei Metern haben Albrechts und ihre Mitarbeiter alles selbst erbaut.
Nach sieben Monaten war er fertig: Der neue Raddampfer Concordia II. Ausgestattet ist der Seitenraddampfer mit einem Dieselmotor, einer Hauptmaschine mit gleichmäßigen Umdrehungen und einer Hydraulikanlage mit zwei Motoren, wodurch die Concordia II ihre Schaufelräder auch entgegengesetzt drehen kann.
Maximal würde sie 12 km/h bei 60 Umdrehungen pro Minute schaffen. Die 75 Kilowatt der Maschine werden allerdings nicht voll ausgenutzt. Selbstverständlich könnten die Schaufelräder es auch alleine schaffen, den Raddampfer zu bewegen. Im April 2000 ging schließlich ein lang gehegter Traum in Erfüllung: Der neu erbaute Raddampfer Concordia II wurde zum ersten Mal zu Wasser gelassen wurde. Es finden 100 Passagiere im plüschigen Salon und auf dem Oberdeck des Raddampfers Platz, der heute ausschließlich als Binnenschiff genutzt wird. Am Ende der Saison 2000 wurden bereits 55.000 Passagiere auf der Harle befördert.
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