Von Friesland über den Harz nach Halle - Saale
Unser Aufenthalt in Friesland hatte sich aufgrund des ausgedehnten Besuchsprogramms dann doch stärker verlängert als ursprünglich geplant, aber es waren viele wirklich interessante Begegnungen mit der dortigen Kultur, die die Zeit wie im Fluge vorüberfließen lies.
Nun aber war es so weit, da uns der von vielen gemeinsamen Unternehmungen der letzten Jahre in der Türkei zum Freund gewordene Detlef bereits in Halle zu weiteren Erkundungen erwartete. Gleich nach der Wende hatte er seinen Lebensmittelpunkt nach Halle an der Saale verlegt und ist mittlerweile dort zu Hause. So bot Detlef natürlich auch die gemeinsamen Erkundungen der Umgebung an, was uns die Chance bot, viele Informationen aus erster Hand zu beziehen.
Aber zunächst einmal stand die Fahrt nach Halle an.
Wir wollten zumindest auch wieder ein Ziel in diese Tagesetappe einbinden, wohl wissend, dass es nur kurze Stopps werden würden und hatten uns für den Harz entschieden, der vor vielen, vielen Jahren mehrfach Ziel von Kurzurlauben gewesen ist. So ging es an Bremen vorbei, über Hannover bis zur Abfahrt nach Seesen, wo wir die Autobahn verließen und in Richtung Clausthal-Zellerfeld fuhren. Nach einem kurzen Stopp in Bad Grund ging es weiter nach Clausthal-Zellerfeld, wo wir uns die „Marktkirche zum Heiligen Geist“ , als eine der größten Holzkirchen der Welt, ansehen wollten.
Das Kirchengebäude aus dem Jahr 1642 steht im Zentrum von Clausthal und bietet für mehr als 2.000 Personen Platz. Der nur aus Massivholz hergestellte Bau der barocken Kirche war Vorbild für weitere Kirchen im norddeutschen Raum, so auch für die Johanniskirche in Wolfenbüttel. Außergewöhnliche Erzvorkommen hatten zu Zeiten der Kirchengründung die freien Städte Clausthal und Zellerfeld reich werden und anwachsen lassen, so das ein riesiger Kirchenbau für die Gläubigen nötig wurde. Durch Stiftungen hoher Bergbeamte und der damit verbundenen engen Verflechtung von Kirche und Bergbau war auch eine bedeutsame Innenausstattung möglich, die heute seinesgleichen sucht. Leider hatten wir an diesem Tag ein wenig Pech, denn Renovierungen am Bau hatten zur vorübergehenden Schließung des Gebäudes geführt.
Zwischenstopp am Okersee Staudamm
Wir setzten also den Weg fort und fuhren bis zur Oker Talsperre, wo wir eine kurze Mittagspause am Ufer bei zünftiger Brotzeit einlegten und auch kurz die Staumauer, die in Bogenform errichtet etwa 75 Meter hoch und 260 Meter lang ist, der Talsperre besichtigten. Jetzt im August war das Staubecken nur noch wenig gefüllt, denn neben der Regulierung als Hochwasserschutz und zur Niedrigwassererhöhung dient das Volumen des 47 Millionen m3 Wasser stauenden Bauwerks der Stromerzeugung im Wasserkraftwerk Romkerhalle. Mit Baubeginn in den Jahren 1938 bis 1942 trat dann bedingt durch den Krieg ein Baustopp ein, der erst 1949 wieder aufgehoben und so der Bau fortgesetzt werden konnte. Starke Überschwemmungen der Städte Wolfenbüttel und Braunschweig hatten im schneereichen Wintern 1946 / 47 deutlich gezeigt, wie wichtig der Bau der Staumauer war.
Unser Weg führt uns vorbei am Romkerhaller Wasserfall weiter in Richtung Torfhaus, das heute mit herrlichem Ausblick auf den Brocken aufwarten konnte.
Wie oft waren wir damals die Rodelstrecke hinab gefahren, wie oft waren dabei Schlitten und Bobs „zerbrochen“.
Wie toll war es auch, als man nach dem Fall der Mauer endlich zu Fuß vom Torfhaus bis zum Brocken wandern konnte. Mit Freunden aus London hatten wir am Neujahrsmorgen 1990 den wunderbaren Wanderweg durch die fast unberührte Natur hinauf auf den Brocken gewählt und waren den Rückweg in Richtung Schierke wieder abgestiegen.
Ein unvergessliches Erlebnis trotz erheblicher Eiseskälte mit großen Schneeverwehungen am Gipfel.
Wir fuhren jetzt in Richtung Braunlage, denn wir wollten uns auch die Gedenktafeln kurz nach Verlassen Braunlages in Richtung Elend an der alten Grenzlinie ansehen.
Noch vor dem Mauerfall hatten wir Gelegenheit mit einem Bekannten aus Wefensleben vom Osten her die Grenzbefestigung zu sehen. Schnell waren die Erinnerungen an Wilhelm wieder da, der uns seiner Zeit mit seinem Trabbi durch Schierke und Elend kutschiert hatte.
Unvergessen bleibt die Einkehr in einem Restaurant, wo wir für 1,45 Ostmark herrlich speisen konnten, inklusive Vorsuppe, Hauptgericht und Getränk.
Als wir dann auch noch als Nachspeise Ananas offeriert bekamen (irgendwie sollte der Tageszwangsumtausch ausgegeben werden), war für eine Scheibe Ananas 3,45 Ostmark zusätzlich fällig. Heute kaum noch nachvollziehbar.
Windbeutel am Bahnhof von Schierke
Jetzt ging es weiter zum Bahnhof von Schierke, wo es seiner Zeit Riesenwindbeutel im Bahnhofsrestaurant gab, das mit allerlei Hexenutensilien nebst Hexenfiguren so stark ausgestattet war, das man es fast mit der Angst zu tun bekam.
Leider war das Restaurant komplett verschwunden, so dass wir nur einige Fotos der Brockenbahn machten, die gerade wieder Touristen zum Brocken hinauf beförderte.
Auch ein tolles Kurzreiseziel, das wir nur jedem empfehlen können. Die Schmalspurbahn ist nach wie vor Dampf betrieben und somit ein echtes Erlebnis.
Wir fuhren dann weiter zum Hexentanzplatz bei Thale, der einen herrlichen Ausblick in die Umgebung bietet, die man einfach einmal gesehen haben muss.
Trotz der tollen Aussicht war uns die gesamte Ausrichtung des Hexentanzplatzes zu kommerziell ausgerichtet.
Die Authentizität der Vergangenheit war verschwunden. Schade. Natürlich schreitet die Zeit voran und die Ansprüche der Menschen ändern sich, aber deshalb riesige Parkplatzanlagen zu bauen, ist vielleicht doch zu viel des Guten.
Wir gingen die einzelnen Aussichtspunkte ab, machten einige Fotos und setzten dann unsere Fahrt in Richtung Halle fort. Unterwegs waren uns einige weitere Ziele für die Zukunft aufgefallen, die wir auch schnell notierten.
Kurz hinter Nordhausen fuhren wir dann wieder auf die Autobahn auf, nachdem wir auch einen Blick auf den Kyffhäuser mit seinem riesigen Denkmal werfen konnten.
Bereits eine gute Stunde später waren wir in Halle und konnten sogar die Wohnung von Detlef aufgrund des Navis auf Anhieb finden. Ein kurzes Telefonat und wenige Minuten später war dann die Wiedersehensfreude riesig groß.
Seit der letzten Begegnung waren doch schon fast 1,5 Jahre vergangen. So bestand der Rest des Tages aus Berichten des Erlebten bei einem gemütlichen Essen in einem Haller Restaurant.
Bereits für den kommenden Tag hatte Detlef eine Fahrt nach Leipzig eingeplant.
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